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Kurztrips Alzenau und Umgebung – Aschaffenburg – Dieburg – Schöllkrippen- Glauburg

Hotel „Fränkischer Hof“

Fränkischer Hof 1930

Fränkischer Hof 1930

Der „Fränkische Hof“ ist architektonisch in der Klinkerbauweise erbaut. „Klinker sind Ziegelsteine, die bei ausreichend hohen Temperaturen so gebrannt werden, dass sich durch den beginnenden Sinterprozess die Poren des Brenngutes schließen. Klinker nehmen kaum Wasser auf und sind sehr widerstandsfähig. Der Name lässt sich etymologisch darauf zurückführen, dass beim Zusammenschlagen hartgebrannter Ziegelsteine ein hoher Klang entsteht. Früher wurden Klinker auch als Hartbrandziegel bezeichnet.“ 1

Der Begriff „Backstein“ wird hauptsächlich im süddeutschen und Schweizer Raum für Mauerziegel verwendet.

Den Klinker-Baustil kann man heute noch in Aschaffenburg sehen. Vor allem in der Duccastraße, Maximilianstraße, Leinwanderstraße, aber auch im ganzen Bahnhofsviertel, das zwischen 1871 und 1914 expandierte.

1Klinker – Wikipedia , Stand 19.3.2024

Das Gebäude wurde 1900 erbaut, wie auf dem Dach zu lesen ist. Darunter sind zwei Namen zu finden: Johann und Katharina Hofmann.

Fränkischer Hof historisch

Fränkischer Hof historisch

Ein nicht unwichtiges Schreiben zur Geschichte des „Fränkischen Hofes“ in Alzenau datiert vom 20. Oktober 19111 und kommt vom Bezirksamt Alzenau, adressiert ist es an den Bürgermeister von Alzenau mit dem Betreff: „Gastwirtschaft zum „Fränkischen Hof“ in Alzenau. Hierin heißt es: „Der Maurer Georg Ritter hat infolge Verehelichung mit der Gastwirtswitwe Karoline Hofmann dahier die aussenbezeichnete Gastwirtschaft übernommen, hat jedoch seither noch nicht um die hiezu erforderliche Konzession nachgesucht.

Derselbe ist aufzufordern, alsbald um Konzession einzukommen.

Bei Vorlage des Gesuchs haar sich die Gemeindeverwaltung und Ortspolizeibehörde eingehend über den sittlichen Ruf dieser Wirtschaft zu äußern.“

Am 21. November 1911 äußert sich die Gastwirt-Innung Aschaffenburg dazu gegenüber dem Königlichen Bezirksamt Alzenau:“ Betreff: Gesuch des Georg Ritter in Alzenau um Erteilung der Konzession zum Betrieb der Gastwirtschaft in dem Anwesen des Hs. Nr. 72 in Alzenau. Zum Schreiben vom 2. November 1911 Nr. 5608. Gegen die nachgesuchte Konzessionserteilung besteht unsererseits keine Erinnerung, weil es sich um den Fortbetrieb einer schon lange estehenden Wirtschaft handelt. A. Schuck Vorsitzender“2

Eine markante Situation kam am 3.7.1954 von der Bayerischen Landpolizei, Landpolizeistation Alzenau, in einem Schreiben an das Amtsgericht Alzenau zum Thema „Übertreten der Sperrstunde“ zur Sprache. „Der verwitwete Land- und Gastwirt Georg Ritter, wohnhaft in Alzenau, Wasserloser Strasse 6, Konzessionsinhaber der Gaststätte ‚Zum Fränkischen Hof‘ in Alzenau, wird beschuldigt, sich einer Übertretung der Sperrstunde dadurch schuldig gemacht zu haben, weil er am 23.5.1954 in seiner Gastwirtschaft über die Sperrstunde hinaus, und zwar bis 3,00 Uhr, Gäste duldete und bewirtete.

Nach der Ortsbehördlichen Vorschrift der Stadt Alzenau v. 2.1.1952 (§ 1) ist die Sperrstunde in Alzenau allgemein auf 1,00 Uhr festgesetzt.

Es konnte nicht mehr festgestellt werden, wieviel Gäste sich nach Eintritt der Sperrstunde noch im Lokal des Beschuldigten aufhielten. Es war jedoch eine grössere Anzahl von Gästen. Etwa nach 3,00 Uhr haben die letzten Gäste das Lokal verlassen und begaben sich in das Kaffeehaus „Beck“ in Alzenau. Beck bewirtete die Gäste jedoch nicht. Gegen Beck wird gesondert Anzeige vorgelegt.

Die Straftat des Beschuldigten wurde dadurch bekannt, dass Karl Reinhart aus Alzenau am 23.5.1854 hier Anzeige erstattete, dass einer von den Gästen aus dem Kaffeehaus Beck gegen 5,00 Uhr herausgekommen und im betrunkenen Zustande mit einem Pkw. fortgefahren sei. In diesem Falle wird ebenfalls gesonderte Anzeige der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg vorgelegt.

Der Beschuldigte gab an, am 22.5.1954 hätte die Volksbank in seinem Lokal Richtfest gefeiert. Da die Feier bereits um 18 Uhr begonnen habe, habe er nicht angenommen, dass die geladenen Gäste über die Sperrstunde hinaus verweilen würden. Aus diesem Grunde habe er nicht um Verlängerung der Sperrstunde eingereicht. Gegen 24 Uhr habe er sich schlafen gelegt. Seine Tochter habe die Gäste weiter bedient. Er habe ihr keine Anweisungen gegeben. Wie lange die Gäste im Lokal gewesen seien, wisse er nicht (Bl. 1).

Die Tochter des Beschuldigten, die led. Haustochter

Frieda Ritter,

wohnhaft in Alzenau. Wasserloser Strasse 6, gab an, es treffe zu, dass die Gäste über die Sperrstunde hinaus im Lokal gewesen und auch bedient worden seien. Sie wisse nicht, um welche Zeit sie das Verabreichen von Getränken beendet habe. Sie habe nicht nach der Uhr gesehen. Sperrstunde habe sie nicht geboten (Bl. 1 R.).

Gegen den Beschuldigten liegt Nachteiliges nicht vor. Er hält sonst die Sperrstunden ein. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet. Er erscheint einer Berücksichtigung würdig.

Personalien des Beschuldigten:

Ritter Georg, geb. 5.2.1880 zu Alzenau, verw. Land- und Gastwirt, wohnhaft in Alzenau, Wasserloser Strasse 6.

(Konrad)

Polizeimeister, Alzenau, Jahnstrasse 1

  1. Strafvorschlag:

Geldstrafe von 10,- DM. ersatzweise

Haftstrafe von 2 Tagen

  1. Anzuwendende Strafvorschriften:

Siehe Anzeige

  1. Beweismittel:

Geständnis, Zeugen: Frieda Ritter und Pol.- Meister Konrad

Alzenau, den 3.7.1954

(Krimm)

Pol.- Obermeister und Stationsleiter“3

Zu einer Gewerbeniederlegung kam es am 1.4.1959.4 Georg Ritter, geboren am 5.2.1880, verwitwet, legte an diesem Tag sein Gewerbe nieder. Die Gewerbeniederlegung – art des Gewerbes: Gastwirtschaft „Fränkischer Hof“ – betrifft eine „Eigentumsveränderung eines auch weiterhin bestehenden Betriebs, z.B. Übergabe an einen Erben, Verkauf, Verpachtung; Teilhaberaustritt, Änderung der Rechtsform. Die Gewerbeniederlegung wurde von der Stadt-Markt-Gemeinde Alzenau an das Landratsamt am 8. April 1959 übersandt.

1972 wechselte der Gesangverein Liederkranz Alzenau das Vereinslokal: Er zog von der Gastwirtschaft Krone in den frisch renovierten Saal der Gastwirtschaft Fränkischer Hof um.5

Aktuell wirbt der „Fränkische Hof“ mit mediterranem Flair, ist ein „Hotel Garni“ und bietet acht Zimmer. Inhaberin ist Heike Nassall.

Christian Schauer, März 2024

1Nr. 5608 Bezirksamt Alzenau an Herrn Bürgermeister in Alzenau vom 20. Oktober 1911

2Gastwirt-Innung Aschaffenburg – An das Königl. Bezirksamt Alzenau – Aschaffenburg , den 21. November 1911

328 f- /59/54 Bayerische Landpolizei, Landespolizeistation Alzenau

4Gewerbeniederlegung Alzenau 2.4.59

5Main-Echo 24.11.2012

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Die „Sieben Schmerzen Marias“

Die Bildstockreihe „Sieben Schmerzen Marias“, die am Fußweg von Alzenau nach Kälberau zu sehen ist, entstand 1710. Der Gedenktag wird am 15. September gefeiert. Er wurde 1727 von Papst Benedikt XIII. eingeführt.1

Folgendes hat man sich darunter vorzustellen:

1. Der Spruch Simeons. Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht sein. …

2. Die Flucht nach Ägypten.

3. Jesus ist drei Tage lang in Jerusalem verschwunden.

4. Der Kreuzweg Jesu.

5.Die Kreuzigung Jesu.

6. Die Kreuzabnahme.

7. Die Grablegung Jesu.

Bildstock „Flucht nach Ägypten“

Die Bildstöcke standen nicht ursprünglich an diesem Ort. Die erste Station stand z.-B. ursprünglich in einem Anwesen Wasserloser Straße 1. Die siebte Station – Grablegung Jesu – stand am Aufgang zur Kälberauer Wallfahrtskirche.

Der Bildstock der ersten Station trägt folgende Inschrift:

„Als Mit Klagen Thett Weissagen

Simeon vom Geist Gelehrt

Das Durchschneiden würdt das Leiden

Deine Seel das Scharpfe Schwerd

Tausend Wunden hast empfunden

Herzens Stich und Travrigkeit

Dir Erwöhle und Befehle

Meine Seel im letzten Streit.“2

Unter dem Bildstock der siebten Station steht im Queroval:

„Begraben Jesum Haben

Joseph und Verwandte Sein

Ach Was Klagen Wer kans sein

Dich Verehre und Begehre

Das Von Mir Nicht Weichest Ab

Wenn Mein Leben Sich Mues Geben

In Des Todes Trawengrab.“3

Der Name des Bildhauers ist leider nicht bekannt. Initiatoren, dass die ursprünglich verstreuten Bildstöcke am Fuß- und Fahrradweg von Alzenau nach Kälberau aufgestellt wurden, waren der ehemalige Kreisheimatpfleger Karl Amberg und und der frühere Stadtpfarrer Emil Hörnig in den späten 50er und frühen 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Renovierung wurde von dem Bildhauer Hermann Kröckel vorgenommen.

1Vgl. Franz Thoma, Bildtstöcke am Wallfahrtsweg der „Sieben Schmerzens Mariens“ in Alzenau, in: Unser Kahlgrund Heimatjahrbuch 2011, S. 101 ff.

2Emil Hörning, Der Stationsweg 7 Schmerzen von Alzenau zur Wallfahrtskirche in Kälberau, in: Unser Kahlgrund Heimat-Jahrbuch 1956, S.40 f.

3Ebd.

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Bildstock „Maria mit Kind“ in Hörstein

Dieser Bildstock weist eine hohe Sandsteinsäule auf und wurde im Jahr 1699 errichtet. Er befindet sich in Hörstein an der Kreuzung Dalbergstraße, Hohe Mark und Feldwingert. Auf der Rundsäule stehen Namen von Ortseinwohnern, Jahreszahlen und das Wappen des Abtes Franziskus Blöchinger aus der Benediktinerabtei Seligenstadt. Dieser lebte von 1659 bis 1715.

Bildstock Maria mit Kind Hörstein

Bildstock „Maria mit Kind“ Hörstein

Überregional war sein Wirken nur einmal.Im November 1711 kam der neugewählte deutsche Kaiser Karl VI., der bis 1740 regierte, auf seiner Krönungsreise durch Seligenstadt und fand im Kloster Herberge. Abt Franziskus war bei der Krönung im Dom von Frankfurt am Main zugegen. Blöchinger galt als fromm und bescheiden. Eine Straße wurde nach ihm in seiner Geburtsstadt Miltenberg benannt.

Restauriert wurde der Bildstock von dem Bildhauer Hermann Reichert (1929 bis 1995) aus Aschaffenburg.

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Flurkreuz an der Verlängerung der Seligenstädter Straße

Es handelt sich um ein Sandsteinkreuz, das im Auftrag der Familie Kern errichtet wurde. Das Kreuz erinnert an Karl Heinrich Kern, der am 9. Mai 1906 vom Blitz erschlagen wurde.Er war erst 24 Jahre alt.- 1962 ließ die Familie des Getöteten das Kreuz erneuern. Herzu wurde der Bildhauer Hermann Kröckel (1913 bis 2000) aus Aschaffenburg gewonnen. 1998 übernahm die Stadt Alzenau das Areal, die eine Renovierung vornehmen ließ.

Bildstock Hörstein Seligenstädter Straße

Flurkreuz an der verlängerten Seligenstädter Straße Hörstein

Hermann Kröckel hat sich auch anderswo im Landkreis künstlerisch betätigt. 1962 schuf er den Schöllkrippener Marktbrunnen aus Spessartsandstein. Zudem gestaltete Hermann Kröckel gestaltete den Altarraum der Sankt Lukas Kapelle in Schöllkrippen, die 1978 bis 1985 renoviert wurde.

In Schöllkrippen hat sich Kröckel noch an anderer Stelle betätigt. Das Synagogendenkmal in der Laudenbacher Straße weist auf die ehemalige jüdische Synagoge hin, die gegenüber der heutigen Sparkasse stand und 1938 in der Reichspogromnacht zerstört wurde. Das Denkmal zeigt den siebenarmigen Leuchter (Menora). Er symbolisiert im Judentum die Erleuchtung. Ende der 80er Jahre des 20. Jahrunderts hat ebenfalls Hermann Kröckel das Denkmal im Auftrag der Gemeinde geschaffen.

C. Schauer, Anfang Februar 2024

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Gertrud-Kapelle in Alzenau (Wasserlos)

Gertrud von Nivelles lebte im 7.Jahrhundert (626 bis 659 nach Christus) in Nivelles in Belgien. Sie wird von der katholischen Kirche als Heilige verehrt. Sie gilt als Jungfrau.

Auch soll eine Verwandtschaft zu Karl dem Großen bestehen. Pippin der Ältere soll ihr Vater gewesen sein. Er war seit 624 Hausmeier (Major Domus) in Austrien (der östliche Teil des Frankenreichs der Merowinger und Karolinger) und verheiratet.Seine Frau hieß Iduberga (592 bis 652) und wurde heilig gesprochen.

Pippins Mutter gründete 640 eine Abtei in Nivelles und war Tochter eine aquitanischen Herzogs. Sie lebte in Nivelles als Nonne.1

In der Mitte des 7.Jahrhunderts gründete Gertrud die Benediktiner-Abtei in Karlburg (Unterfranken). Karlburg ist ein Stadtteil von Karlstadt.

Der Gedenktag von Gertrud ist der 17. März. Gertrud, eine gebildete Frau, setzte sich dafür ein, dass auch Mädchen die Bibel lesen sollen. Gudula von Brüssel, die spätere belgische Nationalheilige, wurde im Kloster Nivelle erzogen. Gertrud war engagiert in der Krankenfürsorge, Wandergesellen versorgte sie. Irischen Wandermönchen ließ sie ein Spital errichten.

Gertrud Kapelle

Gertrud-Kapelle Alzenau (Wasserlos)

Die Gertrud-Kapelle wurde vom Biobauern und Schnapsbrenner Alfred Kerber 2018 initiiert. Seine dreijährige Tochter war nach einem Spiel mit einem Pferd von einem Zügel beinahe erstickt worden. Sie wurde von einer Küchenhilfe gerettet.

Der Biobauer sieht seinen Kirchenbau als eine „Recycling-Kapelle“, weil deren Material von früheren Gebäuden in Alzenau stammt. Das Gebälk ist von einer Halle, die auf dem Kresslein-Gelände zwischen der früheren Post und dem Gasthaus „Zum Schwanen“ stand. Die Tür befand sich früher am Eingang des Restaurants „Funke-Keller“ auf dem gleichen Grundstück. Die Steine kamen von einer Scheune, die Alfred Kerber auf dem Grundstück seiner Tochter in Wasserlos abreißen ließ.2 Die Glocke diente früher als Friedhofsglocke im Westerwald.3 Der Altar diente einst als Prozessionsaltar an Fronleichnam. Der Bezug auf die Heilige Gertrud war auf Kerbers Mutter zurückzuführen, die auch Gertrud hieß.

Die Madonna für die Gertrud-Kapelle stammt aus dem Nachlass von Gertrud Giesübel aus Würzburg. Sie arbeitete früher als Haushälterin des Albstädter Pfarrers Richard Strobel. Er war ein Bekannter des Biobauern und hat die Kapelle gesegnet.4

Die Kapelle steht auf dem Aussiederhof im „Luh“.Wer von Wasserlos nach Hörstein läuft oder fährt, sollte nach rechts abbiegen und sie sich ansehen.

C. Schauer, Januar 2024

1 Iduberga – Wikipedia , Stand 6.1.2024

2Main-Echo vom 7.6.2018

3Würzburger katholisches Sonntagsblatt vom 29.5.2019, Artikel von Joachim Peukert

4Ebd.

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Wilgefortis-Kapelle Hörstein

Sie war eine Märtyrerin, die um 130 nach Christus in Portugal gestorben ist.

„Wilgefortis ist eine legendäre Volksheilige, deren Wurzeln in der Frühzeit der Christianisierung Deutschlands liegen. Nach der erstmals im 15. Jahrhundert in den Niederlanden bezeugten Legende war sie die Tochter eines heidnischen Königs von Portugal, die Christin wurde und – um der Vermählung mit einem heidnischen Prinzen zu entgehen – Gott bat, ihr Aussehen zu entstellen. Als ihr daraufhin ein Bart wuchs, ließ der erzürnte Vater die Widerspenstige mit Lumpen bekleidet ans Kreuz schlagen, damit sie ihrem himmlischen Bräutigam gleiche. Die Sterbende predigte drei Tage lang vom Kreuz herab und bekehrte viele Menschen, darunter auch ihren Vater. Er ließ sie nun in kostbare Stoffe hüllen und errichtete nach ihrem Tod eine Kirche zur Buße.“ 1 Eine sehr eigenartige Heiligengeschichte – Geschichten gibt es, die gibt es und gibt es doch wieder nicht – und wer sagt: Das gibt es doch nicht, dass es das gleichzeitig gibt und nicht gibt, der hat auch recht.

Der Name Wilgefortis ist wahrscheinlich vom Lateinischen „virgo fortis“ abgeleitet, was heisst „starke Jungfrau“.

Die Wilgefortis-Kapelle in Hörstein wurde 1564 erbaut als „Heiliges Häuslein“- so im Kirchenbuch genannt.2 Die Kapelle lag außerhalb der Ringmauer Hörsteins.3

Wilgefortiskapelle außen

Wilgefortis-Kapelle Hörstein

Welche Eigentumsverhältnisse im 18. Jahrhundert bezüglich der Kapelle bestanden, ist nicht geklärt. Auf der Empore befindet sich ein ein Wappen der Zisterzienseräbtissin Antonia Hartz (1736 bis 1774). Sie kam aus dem ehemaligen Kloster Marienschloß bei Rockenberg.4 Dieses Kloster erlebte im 18. Jahrhundert eine Blütezeit, als die wiederhergestellten Gebäude unter den Äbtissinnen Christiane Strebin (Amtszeit 1678–1724), Franziska Koch (1724–1736) und der besagten Antonia Hartz überwiegend durch barocke Neubauten ersetzt wurden.5

1804 wurde die Kapelle erweitert. Bekannt wurde die Kapelle durch eine Aufstellung des damaligen Pfarrers Ignaz Keller von 1810 bis 1812, in der die Kapelle als Ort gelesener Messen beschrieben wurde. Die Gläubigen, die die Kapelle besuchten, dürften relativ wohlhabend gewesen sein, waren doch die Spenden im Opferstock der Kapelle höher als die in der Pfarrkirche.6

Eine größere Restaurierung fand von 1896 bis 1898 statt.

1963 wurde eine Glocke aufgehängt.

Die letzte Renovierung fand 1980/1981 statt. Sehr fantasievoll wurde das Dach mit Biberschwänzen eingedeckt. Der Dachreiter wurde mit Schiefer verkleidet. Bleiverglaste Fenster sind sicher relativ einbruchssicher ebenso wie eine kupferne Eingangstüre. Etwa 28.000 Mark fielen bei der Kapellenrenovierung an, an der sich auch das bayerische Landesamt für Denkmalpflege, der Bezirk Unterfranken, der Landkreis Aschaffenburg sowie die Stadt Alzenau und Spender beteiligten.7

Die Kapelle gehört der Katholischen Kirchenstiftung „Maria Himmelfahrt“ in Hörstein. Sie wird zur Palmprozession geöffnet und bei der Weinbergsprozession ebenso. In diesem Jahr 2023 fand die Wilgefortis-Prozession am 21. Mai statt. Kaplan Savariraj trug die Reliquie des Winzerpatrons Urban durch die Weinberge.

Der Altar besteht aus einem Holztafelbild zwischen zwei Säulen. Hier ist die Heilige Wilgefortis abgebildet. Frauen wenden sich vor allem bei Unfruchtbarkeit an die Heilige. Umrahmt wird dieser Altar von den Heiligen Laurentius und Wendelinus.

Außen an der Kapelle wurde ein Kinderspielplatz angelegt. Zudem findet man vier alte Steinkreuze (14. Jahrhundert) neben der Kapelle.

C. Schauer, Dezember 2023

2Wilgefortiskapelle – Wikipedia , Stand: 19.12.2023

3Gisela Wieland, Die Wilgefortiskapelle in Hörstein, in: Unser Kahlgrund Heimatjahrbuch 1998, S. 148

4Ebd.

6Gisela Wieland, a.a.O. , S 149

7Ebd., S. 150

Bildstöcke in Alzenau

600 m nordwestlich des Bildstockes liegt das Flurstück „Im Forst“. Er liegt oberhalb des Kälberauer Neubaugebietes. Aus roten Sandsteinquadern besteht der Sockel. Obenauf steht eine Nischenkuppel mit einem Bronzerelief Maria mit Kind. Das Errichtungsdatum ist der 13. Mai 1762. Dies ist auf der Sockelinschrift zu entziffern. In der Nischenkuppel sind ebenso frische Blumen zu sehen wie vor dem Bildstock. Das Bild ist am 15.5.2021 aufgenommen.

Bildstock am Rothenberg Alzenau

Bildstock am Rothenberg Alzenau

Auch der Bildstock an der Kahl stammt aus der Barockzeit. Bevor man den Entengassensteg von der Entengasse aus betritt, steht seit 1962 ein Bildstock aus Sandstein mit der Jahreszahl 1782 am Breite-Wiesen-Weg.

Der Bildstock ist definiert als eine Bildsäule aus Holz oder Stein mit einer Heiligenfigur Der „Stock“ im Bildstock ist möglicherweise so zu erklären, dass der Bildstock ursprünglich ein Baumteil oder ein Holzpfahl war, in dem eine natürliche Höhlung für eine Figur bestand.1 Der Begriff „Bildstock“ ist im ehemaligen Landkreis Alzenau gebräuchlich. In anderen Gegenden Frankens ist er nicht gebräuchlich. Im Raum Würzburg, Schweinfurt oder Rhön-Grabfeld findet sich der Ausdruck „Marter“ oder „Marterla“. Im Spessart werden die Bezeichnungen „Hellchen“ oder „Helgen“ für Bildstöcke verwandt.2

In Hessen ist die Bezeichnung „Heiligenstock“ verbreitet,in Österreich und Bayern der Ausdruck „Marterl“ oder „Marter“.3 In der Schweiz gibt es die Bezeichnung „Helgenstöckli“.

Ein weiterer Bildstock aus der Barockzeit mit Pietàrelief findet sich an der Kreuzung Mühlweg/ Prischoßstraße vor dem Arbeitsamt Alzenau.

Findet man auf Bildstöcken Inschriften, so beinhalten sie nicht selten Dank für die Errettung aus einer Notlage oder Gefahr. Auch die Errettung vor der Pest ist nicht selten der Grund für einen Bildstock. Auch gibt es Bildstöcke zur Erinnerung an Unglücke mit tödlichem Ausgang.

Ein anonymes Kreuz findet man am Rupprich in Alzenau. Leider sind weder eine Jahreszahl noch ein Stifter nachweisbar.

C. Schauer, 14.12.2023

1Franz Perseke, Bildstöcke und ausgewählte Flur- und Kultudenkmäler im ehemaligen Landkreis Alzenau, Aschaffenburg 2009, S.10

2Ebd.

3Bildstock – Wikipedia , Stand 13.12.2023

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Esel und Rentier neben anderen Tieren auf dem Alzenauer Weihnachtsmarkt

Schon in der Zeit des frühen Christentums ist der Esel neben dem Ochsen aus bildlichen Darstellungen der Geburt Jesu nicht mehr wegzudenken. Ab dem 4. Jahrhundert nach Christus findet man ihn auf Fresken oder Glasfenstern in Kirchen auf. In der Bibel ist der Esel neben dem Ochsen tierischer Zeuge der Geburt Jesu. Nur im Lukasevangelium fehlt er. Im Alltagsleben werden der Esel und der Ochse überwiegend als nicht sehr intelligente Tiere eingestuft. Schimpfwörter sind sowohl „Du Ochse“ als auch „Du Esel“.

Esel Weihnachtsmarkt

Esel auf dem Alzenauer Weihnachtsmarkt

Rentiere sind vor allem als Schlittentiere des Weihnachtsmannes bekannt. Sie sind in Nordeuropa beheimatet, überwiegend in Schweden, Norwegen und Finnland. Rentiere gehören zur Familie der Hirsche. Als Alleinstellungsmerkmal weisen sie auf, dass sowohl männliche als auch weibliche Tiere ein stattliches Geweih vorweisen.

Der Alzenauer Weihnachtsmarkt war auch am gestrigen Sonntag wieder sehr gut besucht.

C. Schauer, 4.12.2023

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Ruprecht von der Pfalz – überregional und Namensgeber in Alzenau

König Ruprecht von der Pfalz hat sich unauslöschlich in die Geschichte Alzenaus eingebracht, als er am 13.Mai 1401 Wilmundsheim (so hieß Alzenau damals) die Stadtrechte verlieh. Er erlaubte Erzbischof Johann II. von Mainz aus dem Hause Nassau (1397 bis 1419), dass dieser sein Dorf Wilmundsheim unterhalb der Burg Alzenau in Unterfranken zur Stadt erhebt und mit Mauer und Graben befestigt. Der neuen Stadt verleiht der König einen Jahrmarkt auf Sankt Bartholomäus (24. August), der drei Tage dauern darf, und einen Wochenmarkt an jedem Mittwoch.1 Seine Nachwirkung vor Ort wird am Schluss behandelt.

Ruprecht_III_(Pfalz) mitr Elisabeth von Hohenzollern-Nürnberg

Kaiser Ruprecht mit Elisabeth von Hohenzollern-Nürnberg

Die offizielle Stadtbezeichnung erfolgte erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Anfang 1951 stellte die Stadt Alzenau einen Antrag auf Verleihung der Stadtbezeichnung beim Staatsministerium des Inneren in Bayern. Wilhelm Hoegner, Bayerischer Staatsminister des Innern unterzeichnete am 23. Juli 1951 ein Schriftstück, in dem es heißt:_ „Der Marktgemeinde Alzenau im Landkreis Alzenau wird auf ihren Antrag die Bezeichnung ‚Stadt‘ verliehen.“ 2

Ruprecht von der Pfalz wurde 1352 in Amberg in der Oberpfalz geboren, er starb 1410 auf Schloß Landskron bei Oppenheim. Er war als Ruprecht III. Pfalzgraf bei Rhein. Hier herrschte das Wittelsbacher Geschlecht, er regierte in der Kurpfalz von 1398 bis 1410. Nach der Absetzung König Wenzels wurde Ruprecht in Rhense am 21. August 1400 zum Römischen König gewählt.3

Ruprechts zehnjährige Regierungszeit war gekennzeichnet durch die Schwierigkeit, eine starke Zentralmacht zu gewährleisten. Das Haus Luxemburg in Böhmen war ein Rivale um die Königsmacht. Der Geldbedarf des Königs war nicht leicht zu erfüllen.

Ruprechts Königswahl war nicht unumstritten, seine Wahl erfolgte mit knapper Mehrheit. Für ihn stimmten die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, die vierte Stimme gab er sich als Pfalzgraf bei Rhein Ruprecht III. selbst. Abgelehnt wurde er vom König von Böhmen, dem Markgrafen von Brandenburg und dem Herzog von Sachsen-Wittenberg. Diese sieben Kurfürsten wählten nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle von 1356 den deutschen König. Das Territorium des Pfalzgrafen lag im alten fränkischen Siedlungsgebiet. Er war Erztruchsess. Bei Abwesenheit des Kaisers war er Reichsverweser in allen Ländern, in denen nicht sächsisches Recht galt.4 Vergleichbar ist die Tatsache, dass sich Ruprecht mit seiner eigenen Stimme zum König wählen ließ mit der Wahl Konrad Adenauers zum Bundeskanzler am 15. September 1949. Die denkbar knappe Mehrheit von einer Stimme (202 Stimmen) kam durch seine eigene Stimme zustande.

Ruprecht wollte auch Kaiser werden. Am 29. Juni 1401 stimmte der Reichstag in Mainz Ruprechts Plan zu, nach Italien zu ziehen, um die Kaiserkrone zu erwerben. Die Beziehungen zu England waren gut durch die Heirat seines Sohnes Ludwig mit Blanca, der Tochter des englischen Königs Heinrich IV. (Haus Lancaster), die im August 1401 angebahnt wurde.5 Nach einer Einigung über die Mitgiftzahlungen konnte die Hochzeit am 6. Juli 1402 in Köln statt.6 Blanca brachte eine Krone mit, die sogenannte Pfalzkrone, die heute in der Schatzkammer der Münchner Residenz aufbewahrt wird. Durch die Tatsache, dass die Krone nicht in England aufbewahrt wurde, konnte die ursprüngliche Form erhalten werden.

Florenz unterstützte als Bundesgenosse den König Ruprecht finanziell. Er bekam 200.000 Gulden und eine Anleihe in derselben Höhe. Am 8.September 1401 brach er von Augsburg nach Italien auf. Florenz wünschte Ruprecht als Gegengewicht gegen Mailand, wo Giangaleazzo Visconti herrschte. Im Oktober 1401 schlug ein Versuch des deutschen Königs fehl, Brescia zu erobern. Zwei Fürsten, der Erzbischof Friedrich von Köln und der Herzog Leopold von Österreich, verließen das Heer und kehrten nach Hause zurück.

Der Versuch, Venedig in eine Koalition gegen Mailand zu bringen, scheiterte. Ruprecht konnte die Neutralität Venedigs bei einem Besuch nicht verändern. Auch Verhandlungen mit Papst Bonifaz IX. verliefen ergebnislos. Ruprecht entschloss sich zum Rückzug und traf im Mai 1402 wieder in München ein.

Giangaleazzo Visconti wurde durch den deutschen König Wenzel 1395 durch eine Zahlung von 100.000 Florin zum Herzog von Mailand von Mailand empor gehoben. Die Grafschaft Pavia wurde dem Herzogtum zugeteilt. 1397 wurde er Herzog der Lombardei. Seine Finanzkraft belief sich auf mindestens 1,2 Millionen Gulden, vielleicht sogar deutlich mehr. Zu viel für den deutschen König.7

Ruprecht bekam den Beinamen „Clem“, der wahrscheinlich auf seinen mangelnden Reichtum hinwies. Sein Wunsch, einen allgemeinen Landfrieden (Frieden im Reich) herzustellen, führte regional dazu, dass er die Wetterau, das Rhein-Main-Gebiet und das Freigericht befrieden wollte.8 Er gebrauchte dazu den militärischen Weg. 1405 wandte er sich gegen die aufrührerischen Untertanen des Mainzer Stifts. In diesem Zusammenhang wurde das Wasserloser Schloß, Sitz der Schellrisse von Wasserlos, zerstört. Ausführender Feldherr war Günther von Schwarzburg, Hofmeister des Königs, der zunächst die Burg Mömbris zerstörte. Bezüglich des Wasserloser Schlosses legten sich Hermann von Rodenstein, der Herr von Falkenstein und Johann von Hanau als Luntenleger ins Zeug, indem sie das Schloß verbrannten.9 Auch das Schloß Hüttelngesäß wurde erstürmt. Der Schellriss von Wasserlos und eine weitere Person konnten ungestraft vom Schloß Wasserlos abziehen. Sie konnten eine selbstbestimmte Zahl von Früchten mitnehmen.

Opposition gegen das Vorgehen Ruprechts gegen die Freiheit der Stände war die Gründung des Marbacher Bundes im September 1405. Ihr Führer war Erzbischof Johann von Mainz, der Ruprecht zum König gemacht hatte, jetzt aber gegen zu viel Macht des Königs opponierte. Ruprecht schloss einen Vergleich mit Erzbischof Johann, um eine Koalition von Kräften, die sein Territorium umklammerte, zu verhindern. Er schloss Sonderverträge mit einigen Mitgliedern.

Der Goldene Opferpfennig ging auf Ludwig den Bayern zurück. Er war eine Kopfsteuer für Juden im Deutschen Reich und wurde 1342 eingeführt. Juden über zwölf Jahre und jüdische Witwen, die jeweils mehr als zwanzig Gulden besaßen, mussten jährlich zusätzlich einen Gulden an die Reichskammer entrichten. Der Opferpfennig wurde mit der Praxis der Judenbesteuerung der römischen Kaiser begründet. Ruprecht reorganisierte den Judenpfennig, der die einzige Kopfsteuer im Reich war. 1407 richtete er das Amt eines jüdischen Hochmeisters ein.10 Der Hochmeisters war der geistliche Vorsteher der Juden im Deutschen Reich. Hochmeister wurde damals Israel von Rothenburg.

Finanzen: Während der deutsche König am Anfang des 14. Jahrhunderts noch jährlich über Einkünfte von etwa 100.000 Gulden verfügte, musste sich Ruprecht mit etwa 17.500 Gulden begnügen.11 Er nahm Kredite von etwa einer halben Million Gulden auf. Seine Verbindlichkeiten waren deutlich höher.

Brabant, das der König in der Wahlkapitulation behalten wollte, ging endgültig an Neuburgund verloren, worauf sich Herzog Rainald von Geldern Ruprecht anschloss und er am 14. November 1407 in Aachen den Thron Karls des Großen bestieg.12 Auf dem Konzil zu Pisa 1409 wurde ein dritter Papst, Alexander V., gewählt, die zwei bisher regierenden, Benedikt XIII. und Gregor XII. wurden abgesetzt. Der größte Teil der deutschen Kirche erkannte Alexander V. an, der deutsche König hielt stoisch an dem römischen Papst, Gregor XII. fest.13 Der Gegensatz zwischen Ruprecht und dem Erzbischof Johann von Mainz, der von Frankreich unterstützt wurde, verschärfte sich so weit, dass der König einen Feldzug gegen den Erzbischof vorbereitete. Dazu kam es nicht mehr, weil Ruprecht am 18. Mai 1410 verstarb.

Ruprecht und Alzenau

Als im Jahre 1910 die Durchnummerierung der Häuser in Alzenau aufgegeben wurde, entstand auch die Kaiser-Ruprecht-Straße.14

Nach dem Krieg hieß es zur Kaiser-Ruprecht-Straße Ende 1964 in der Lokalpresse: “Die Kraftfahrer können aufatmen. Die Kahlbrücke ist wieder für den Durchgangsverkehr freigegeben worden. Lediglich die Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen, die aus der Richtung Kahl in Richtung Kälberau fahren wollen, müssen die bisherige Umleitung über die Oberschur in Alzenau benützen. Die notwendigen Verkehrsschilder sollen nach Auskunft der Sachbearbeiterin im Landratsamt, sobald wie möglich – eventuell noch in dieser Woche – aufgestellt werden.“15

Ein markantes Haus stand zudem in der Kaiser-Ruprecht.Straße 11, das Anwesen Erbacher. Es beherbergte lange Jahre das Haushaltswaren- und Eisenhandelsgeschäft Erbacher, das anschließend die Stadt kaufte. 1976 wurde das Anwesen abgerissen.16

In Alzenau existiert eine Kaiser Ruprecht Villa, die 1897 erbaut wurde und sich in der Kaiser Ruprechtstraße 6 befindet. Auf dem Gebäude ist die Jahreszahl 1901 zu finden. Laut Gewerbekartei betrieb der darin genannte Eigentümer Josef Dörsching in dem Gebäude bis 1935 eine Sattlerei. Danach hatte Else Dörsching bis 1953 eine Schuhhandlung in diesem Haus.17 Schon in den 60er Jahren fiel das Gebäude als markant neben der Kaiser-Ruprecht-Brücke auf.

Ruprechtsvilla

Kaiser Ruprecht Villa Alzenau

Den Kaiser-Ruprecht-Markt gibt es seit 1998. Er wird von der Gemeinschaft Handel und Gewerbe (GHG) ausgerichtet.18 Als Initiatorin gilt die ehemalige GHG – Vorsitzende Gabriele Grimm.19

Auch zum Namensgeber einer Apotheke hat es Kaiser Ruprecht geschafft. Die Kaiser-Ruprecht-Apotheke befindet sich im Mühlweg 38. Als einziger Apotheke in Alzenau dient hier eine historische Persönlichkeit als Namensgeber.

Die Kaiser-Ruprecht-Brücke – Die ersten Hinweise auf eine Brücke über die Kahl gibt es 1592. Hinweise dazu gibt es auf der Jordan-Karte des Mainzer Erzstifts, die eine Holzbrücke mit drei Bögen zeigt.20 1763 verschwand dieser Bau nach einem Hochwasser. 1765 ordnete das Mainzer Erzstift einen Neubau an, der ein Jahr später fertig wurde.1893 entstand eine Brücke aus Eisen mit 4,70 Meter breiter Fahrbahn und zwei Gehwegen. 1934 dann ein wichtiger Meilenstein: es entstand die erste Stahlbeton-Konstruktion.1964 gab es einen Neubau mit 15 Metern Länge und 7 Metern Breite. Hiermit konnten Lastkraftwagen über die Spannbetondecke fahren.

Zum Abschluss werfen wir noch ein Blick auf de Heiligen Sankt Bartholomäus, an dessen Gedenktag ab dem 24. August die Stadt Alzenau einen dreitägigen Jahrmarkt veranstalten darf. Er wird im Neuen Testament nur von den Synoptikern genannt. Genaue Lebensdaten sind unbekannt. In der Tradition wird er mit Natanael gleichgesetzt, den Jesus als Jünger berufen hat. Er soll das Evangelium nach der Auferstehung Jesu in Mesopotamien, Indien und Armenien verkündet haben. Er erlitt den Märtyrertod in Armenien. Bei lebendigem Leibe wurde ihm die Haut abgezogen.21 Wie schrecklich!

Christian Schauer, November und Dezember 2022, erschienen in „Unser Kahlgrund 2024″

1Die Stadtrechtsverleihung für Wilmundsheim (heute Alzenau in Unterfranken) – Edition der Urkunde König Ruprechts vom 13. Mai 1401, in : Hrsg.: Stadt Alzenau, Alzenauer Stadtbuch, Alzenau 2001. S. 13 ff.

2Walter Scharwies, Vor 600 Jahren verleiht König Ruprecht Alzenau das Stadtrecht, in: Unser Kahlgrund Heimatjahrbuch 2001, S. 26

3Hans und Marga Rall, Die Wittelsbacher in Lebensbildern, Graz Wien Köln 1986, S. 190

4Goldene Bulle – Wikipedia , Stand 20.11.2022

5Hans und Marga Rall, a.a.O., S. 191

6Ruprecht (HRR) – Wikipedia , Stand 20.11.2022

8Ferdinand Stock, Alzenauer Straßennamen erzählen, in: Unser Kahlgrund Heimatjahrbuch 1974, S. 87 ff.

9Heimat- und Geschichtsverein Alzenau (Hrsg.), Kulturgeschichtliche Entwicklung des Alzenauer Raums, Alzenau 1988, S. 30

10Deutsche Biographie, Ruprecht III. von der Pfalz

12Friedrich Baethgen, Schisma und Konzilszeit Reichsreform und Habsburgs Aufstieg, Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Band 6, München 1973, S. 46 f.

13Ebd.,S. 49

14Stadtarchiv Alzenau

15Main-Echo vom 18.12.1964

16Volksblatt vom 25.8.1976

17Ebd. Hausnummernverzeichnis der 40er und 60er Jahre, Gewerbekartei

18Main-Echo vom 7.10.2016

19Main-Echo 8.10.2008

20Main-Echo vom 14.8.2014

21Die Heiligen für jeden Tag. Viten, Legenden, Attribute & Patrozinien, Leipzig o.J., S. 244

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Moschee Alzenau

Der Tag der offenen Moschee findet seit 1997 jährlich und ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) statt.

Bundesweit nehmen rund 1.000 muslimische Gemeinden daran teil.

Der Tag der offenen Moschee steht für Partizipation und Offenheit, die die muslimische Gemeinde anstrebt. Das diesjährige Motto heißt „Das Gebet – besinnt, belebt, verbindet“. Das Gebet, so heißt es in der diesjährigen Einladung, sei ein spiritueller Akt, der Muslimen helfe, sich auf Allah zu besinnen und zugleich fünfmal täglich zu beten. Erster Vorsitzender der Moschee ist Mustafa Aksi. Öffentlichkeitsbeauftragte ist Sümeyye Kahraman.

Der Verein der Yavuz Sultan Selim Han Moschee wurde 1976 gegründet und befindet sich seit 2001 in einem eigenen Gebäude in der Merkurstraße 2.

Moschee Alzenau Wandbilder

Moschee Alzenau Wandbilder

Neuer Imam ist Mücahid Özden , der mit 27 Jahren noch jung ist. Er wurde in Deutschland geboren, absolvierte in der Türkei seine religiöse Ausbildung. Den Koran hat er auswendig gelernt.

Wer die Schuhe ausgezogen hat, kann die Moschee nicht nur in Alzenau besuchen.

C. Schauer, Anfang Oktober 2023

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Die Kahl

Die Kahl ist ein Fluss im Landkreis Aschaffenburg. Sie fließt überwiegend im bayerischen Grenzgebiet zu Hessen. Sie fließt von Ost nach West durch den nördlichen Spessart und mündet bei Kahl am Main in den Main. Die Quelle der Kahl liegt in der Nähe des Ortes Bamberger Mühle. Die Landschaft um den Fluß wird der Kahlgrund genannt.

Enten in der Kahl

Enten in der Kahl

Die Kahl hat einen ordentlichen Lauf. Das sieht man auch daran, dass am Wochenende zahlreiche Enten in Alzenau auf ihr schwammen. Weil die Kahl in diesem Jahr mehr Wasser führt und damit strömungsreicher ist, waren die Rennenten schnell unterwegs. Am Uferrand oder an Steinen strandeten manche Enten, was bei vielen Zuschauern und Wasserwachtkräften zu einem vanitas mundi-Gefühl führte. Die Enten wurden befreit. Auch Wasserwachtkräfte befreiten die Enten von sachfremdem Hängenbleiben. So war der Solidarität keine Grenze gesetzt und die Zuschauer konnten sich am Ende des Entenrennens an der Kahlbrücke in Nähe des Feuerwehrhauses einem Kaffeegenuss mit Kuchen hingeben.

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Kommentar zu: „Unsere Demokratie ist stark“, in:“Der Heimatbote“ vom 3.August

Nicht erwähnt wurde in dem Artikel der Redebeitrag des Schriftstellers Thomas Gsella, der unter anderem das Gedicht „Töte mich, Mama“ von 2020 vortrug, in dem es unter anderem heißt:Für die Afghanin Fahima, deren vier Kinder die europäische Küstenwache ertrinken ließ

Von Mördern mit Bärten zu Tode bedroht, Floh die Familien in die Türkei. Doch arbeits- und rechtlos ist man nicht frei, Und Fahima stieg mit vier Kindern ins Boot.

….

Eins nach dem anderen hat sie geboren. Eins wie das andere hatte sie lieb. Keins, das sie küssen kann, keins, das ihr blieb. Eins nach dem anderen hat sie verloren.

Soweit ein Flüchtlingsschicksal, das nicht ganz einzigartig ist, das aber dazu beitrug, dass die Demonstration wichtige Anliegen an die Öffentlichkeit trug.

Christian Schauer, Neuwiesenstraße 14, 63755 Alzenau

Bericht vom „Fest der Demokratie“ in Aschaffenburg

Ein „Fest der Demokratie“ gab es am Sonntag, dem 30.Juli 2023 in Aschaffenburg auf dem Aschaffenburger Schlossplatz. Aufgerufen dazu hatte das überparteiliche Bündnis „Aschaffenburg ist bunt“. Beteiligt hatten sich 206 Organisationen. Einer der Hauptredner war der Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg, Jürgen Herzing. Er wandte sich vor allem gegen Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien. Thomas Gsella trug unter anderem sein Gedicht „Töte mich Mama“ vor. Es ist der Afghanin Fahima gewidmet, deren vier Kinder von der europäischen Küstenwache nicht gerettet wurden. Darin heißt es unter anderem:

Thomas Gsella beim Fest der Demokratie (2)

Thomas Gsella beim „Fest der Demokratie“

„Von Mördern mit Bärten zu Tode bedroht, Floh die Familie in die Türkei. Doch arbeits- und rechtlos ist man nicht frei, und Fahima stieg mit vier Kindern ins Boot.“

Etwa 3.000 Menschen beteiligten sich an der Demonstration, die der wachsenden rechtspopulistischen Stimmung in der Bevölkerung die Idee und Praxis der Völkerfreundschaft entgegensetzte. Musikalisch traten unter anderem das Trio des Musikers Sebastian Bogensperger auf und der „Aschaffenburger Kneipenchor“.

Das Wetter war insgesamt nicht zu heiß und die Stimmung gut.Gespannt kann man sein, ob ein ähnliches Fest im nächsten Jahr wieder stattfindet.

C. Schauer, 31.7.2023

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Albstadt – Kleiner Rundgang
Feldkreuz am Ortsausgang nach Neuses. Es wurde 1871 von den Bauern Kempf und dem Bäcker Höfler (beide ortsansässig) errichtet. Ursprünglich stand dieses Kreuz an der Straßenkreuzung Neuses-Somborn. Während der Flurbereinigung wurde das Sandsteinkreuz in die Neuseser Straße versetzt.Auf dem Kreuz steht zu lesen: „Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“1

Schwedenkreuz

Albstadt Schwedenkreuz 1

Albstadt Schwedenkreuz

Das Schwedenkreuz liegt an der Landesgrenze zu Hessen. Es wurde 1608 errichtet. Der Begriff Schwedenkreuz deutet auf den 30jährigen Krieg hin, der allerdings später stattfand. Auf der Erläuterungstafel steht zu lesen: „Schwedenkreuz Bildstock am ehemaligen Albstädter Kirchweg nach Somborn Hans Hud Bernhard Drageser die Gemein von Awwsstad“.

Hans Huth und Bernhard Trageser waren Anfang des 17. Jahrhunderts als Landschöffen von Albstadt in der Funktion von Gemeindevorstehern tätig.

Demnach haben die Landschöffen und die Gemeinde Albstadt den Bildstock errichten lassen. Der Anlass ist nicht bekannt. Vermutlich enthielt der ursprünglich wohl größere Bildstock eine weitere Inschrift.

Den Namen ‚Schwedenkreuz‘ dürfte ihn der Volksmund später in Erinnerung an den Dreißigjährigen Krieg verliehen haben, mit dem der Bildstock allerdings aufgrund der Jahreszahl in keiner Verbindung steht.“ Die Christus-Darstellung ist stark beschädigt.

Auf dem Weg dorthin läuft man an einem Bildstock mit „Madonna und Kind“(hinter Gitter) vorbei.

Hexenopfer in Albstadt

Auch Albstadt war von den Hexenprozessen in Alzenau und Umgebung von 1601 bis 1605 stark betroffen. Albstadt musste neun Opfer beklagen- fünf Frauen und vier Männer. Bei einer geschätzten Einwohnerzahl von 100 bis 120 Personen war das ein Bevölkerungsverlust von 7,6 Prozent. Das Vermögen der Hingerichteten wurde eingezogen. Gewinne aus den Hexenprozessen zogen der Freigerichter Amtmann Jörg Friedrich von Thüngen ebenso wie das Erzbistum Mainz und die Grafen von Hanau. Die Konfiskationsgelder in Albstadt beliefen sich auf 931 Gulden. Im Jahre 1594 lag das Vermögen der Albstädter nach dem Türkensteuerregister bei 12.446 Gulden.2. Jahrelanf mussten die Schulden abgetragen werden. 1615 waren immer noch 8 Personen aus Albstadt mit Bußgeldern im Rückstand.

1748 wurde der Dalberghof erbaut. Er war das Herrenhaus des Hofgutes der Familie von Dalberg. Später diente das Gebäude als Schulhaus und Bürgermeisteramt. Aktuell dient das Gebäude als Treffpunkt für Vereine.

Urkundlich wurde der Ort Albstadt erstmals 1244 erwähnt. Albstadt gehörte zum Freigericht. Albstadt blieb katholisch, da die Jurisdiktion zu Zeiten des Kondominats seit 1500 zwischen Mainz und Hanau beim Erzbistum Mainz blieb. Der Hanauer Graf Johann Reinhard III. starb 1736 als letzter Vertreter des Hauses Hanau.3 Das Erbe ging an den Landgrafen von Hessen-Kassel. 1748 wurde Albstadt schließlich vom Landgericht Somborn abgetrennt und blieb bei Kurmainz. Das Landgericht Somborn fiel an Hessen-Kassel.

Leo Wolpert (1884 bis 1961) ist einer der bekanntesten Albstädter und Ehrenbürger. Er war Geistlicher und wurde 1912 Schriftleiter des „Würzburger Katholischen Sonntagsblattes“ bis 1941.4 Als Beispiel seines literarischen Schaffens soll hier die erste Strophe des „Albstädter Heimatlieds“ wiedergegeben werden.

Vom Dilgert rings ums Freigericht

laßt unsre Blicke gehn.

Da läßt der lieben Sonne Licht

viel Schönes uns erspähn.

Den Hahnenkamm, das Kinzigtal,

den Bulau-Märchenwald,

der schmucken Dörfer stolze Zahl

in bunter Mannigfalt.5

In der katholischen Kirche erhielt er den Titel des „Päpstlichen Geheimkämmerers“.

Albstadt hat aktuell etwa 1.300 Einwohner. 1963 wurden Straßennamen eingeführt. 1972 kam Albstadt durch die Gebietsreform zu Alzenau.

Ein markantes Bauwerk ist die Kuratiekirche „Philippus und Jakobus“. Sie wurde 1821 erbaut.6 Im angrenzenden Friedhof steht seit 1952 das Kriegerdenkmal. Es entstand in den 1920er Jahren und wurde von dem Würzburger Bildhauer Ludwig Sonnleitner (1878 – 1947) aus fränkischem Kalkstein geschaffen. An der Ostseite der Kuratiekirche steht das 3,6 Meter hohe Friedhofskreuz.von ca. 1830, das restauriert wurde. 1977/1978 wurde das Äußere der Kuratiekirche renoviert-

Vorher 1797 war die Kapelle derer von Dalberg Eigentum der Gemeinde Albstadt geworden.

Markant waren die Zigarrenfabriken in Albstadt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Tabakimportfirmen aus Offenbach und Hanau errichteten Zigarrenfabriken im Kahlgrund. Es entstanden 21. Zigarrenfabriken mit über 850 Beschäftigten. 1905 lebten in Albstadt 91 Zigarrenarbeiter. 1928 teilt sich die Zigarrenarbeit in Albstadt wie folgt auf:

Zigarrenfabrik Richard Kreis 14 Arbeiter

Zigarrenfabrik Kreis und Bill 28 Arbeiter

Zigarrenfabrik Straus 16 Arbeiter7

Offensichtlich waren auch Zigarrenarbeiterinnen beschäftigt. Eine Zigarrenarbeiterin verdiente 1930 in Heimarbeit 2 bis 3 Reichsmark pro Tag. In der Fabrik waren es 2,50 bis 5 Reichsmark pro Tag.

C. Schauer, Juni 2023

1Stadt Alzenau (Hrsg.), Chronik Alzenau-Albstadt, Alzenau 1983, S. 220

2Ebd., S.39

5Chronik Alzenau-Albstadt, a.a.O., S. 248

7Chronik Alzenau-Albstadt, a.a.O., S. 202

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Das Edelmannstor, der Edelmannshof und das Wasserloser Tor

Das Edelmannstor ist das einzige noch erhaltene Tor der alten Stadtbefestigung von Hörstein. Vom Wasserloser Tor steht nur noch ein Torso. In der Vergangenheit besaß Hörstein sieben Tore und zwar auf der westlichen Seite das Untertor (1598), auf der nördlichen Seite das Wasserloser Tor (1597), auf der östlichen und südlichen Seite das Mönchhoftor (1602), das Sautor (1562), das Adelons- oder Erstlingstor (1570), das Elments- oder Edelmannstor (1597) und das Abtstor. Der größte Teil dieser Tore verschwand 1855.

Hörstein Portal

Edelmannstor Hörstein

Der Edelmannshof wurde 1612 von „Steffen Schöfer und Margareta Glock, seiner ehelichen Hausfrau“ erbaut.1 Man geht davon aus, dass der ursprüngliche Name „Elmentshof“ war. Schöfer war kurfürstlicher Keltermeister, Landschöffe und Schultheiß des Klosters Seligenstadt.Zeitweilig war er Zollerheber. Sein Todesjahr ist wahrscheinlich das Pestjahr 1625. Auffällig ist der in den Hof führende Torbogen. „Die Gliederung in eine Toreinfahrt und eine nebenan befindliche Seitenpforte findet sich bei mehreren in jener Zeit im Orte gebauten Hofeingängen (Schafhof, Zehnthof …), ebenso der Rundbogen, dagegen steht aber die plastische Ausschmückung vereinzelt da als rühmliches Zeichen künstlerischen Sinnes unserer Ahnen.“2

Der Verfasser dieser Würdigung ist ein Freund der Architektur damals: „Eine Vorhalle über dem Hauseingange, schöne Stuckdecken in den Zimmern, besonders des oberen Stockwerkes und ein prächtiger Keller (Weinbau!) vervollständigen das wohltuende Bild, eines trotz jetzigen Namensn rein bürgerlichen Hauses vor 300 Jahren.“3

Das Edelmannstor war im letzten Jahrhundert im Besitz der Familie Ernst und Hedwig Schwarz in der Edelmannstraße 29. Auf dem Wappen des Tores steht die Jahreszahl 1621 und die Inschrift lautet: „Stephen und Margereta Glock mein ehelich Hausfrau“. 4 1980 wurde Mittel für die Restaurierung des Tores bereitgestellt. Einmal heißt der Herr Schöfer mit Vornamen Steffen und ein anderes mal Stephen.

„Sie sind auf der Suche nach dem Besonderen? Dann sollten Sie dem Edelmannshof im alten Ortskern des beliebten Alzenauer Ortsteils Hörstein Ihre volle Aufmerksamkeit widmen! Im Jahr 1612 wurde der ehemalige Gutshof mit repräsentativem Walmdachbau in verputztem Fachwerk und rückwärtigem Anbau errichtet.“5 So rühmt das „Bayerische Landesamt für Denkmalpflege“ dieses Bauwerk

Wasserloser Tor

Das Wasserloser Tor entstand 1597. Bei einem Manöver der US-amerikanischen Armee 1965 wurde der Torbogen durch einen Lastkraftwagen zum Einsturz gebracht. Die Trümmer des Torbruchs lagen jahrelang im Steinbruch. Der Hörsteiner Gemeinderat konnte sich nicht zu einem Wiederaufbau entschließen.6 1597 beschlossen der Centgrafenverweser Paulus Eyles und die Bürgerschaft Hörstein die Errichtung einer großen Mauer.Sie sollten den hier ansässigen 197 Familien Schutz bieten. Auf einer Steintafel am Wasserloser Tor steht zu lesen: „Im Jahr 1597, als der edel und vest Valentin von Schönborn im Freien Gericht Amtmann war, ist die Pforten und Ringmauern neu Anfang gemacht. Gott verleihe seine Gnad und ein glückselig Regiment bis an unser Endt.“7 1602 wurde die Ringmauer fertig gestellt.8 Nur eines der Tore, die „Untere Pforte“, öffnete sich zum Main hin, die anderen sechs Tore führten in die Berghänge, auf denen Wein angebaut wurde.

Christian Schauer, Mai 2023

1August Eichelsbacher, Hörstein im Freigericht, Alzenau 1910, S. 38

2Ebd.

3Ebd.

4Karl Griebel, Elmentspforte und Teile der Ringmauer sollen in Hörstein erhalten werden, in Kahlgrundjahrbuch 1980, S. 199 f.

7Thomas Meßenzehl , Hörsteins alte Ringmauer: Wenn alte Steine reden könnten …, In „Unser Kahlgrund Heimatjahrbuch 2013, S. 68

8Ebd., S. 69

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Die Antoniusgrotte

Sie liegt nördlich der Staatsstraße 2305 zwischen dem Rotenberg und dem Ruhberg im „Rupprich“. Durch das Gelände zieht sich ein 150 Meter langer Bach.

Antoniusgrotte nah

Antoniusgrotte Alzenau

1954 entstand die Grotte zu Ehren des Heiligen Antonius von Padua. Gewidmet ist sie den Weltkriegsheimkehrern aus Alzenau. Spenden kamen auch über die Stadt hinaus aus dem Kahlgrund zusammen. Auf der Gedenktafel liest man: „Zu Ehren des Heiligen Antonius Erbaut aus Dankbarkeit für die glückliche Heimkehr der Alzenauer Väter und Söhne Errichtet 1954 durch Stiftung aus Industrie, Gewerbe, Handel und der Bevölkerung von Alzenau Fa Heimann“. Wovon die Väter und Söhne glücklich heimgekehrt sind, wird nicht näher erläutert. Man kann davon ausgehen, dass die Heimkehr aus dem Zweiten Weltkrieg gemeint ist.

Historisches zu Antonius von Padua: Er wurde als Ferdinand Martim de Bulhoes e Taveira in Lissabon 1195 geboren.1 Augustinermönch war er wie später Martin Luther. 1212 empfing er die Priesterweihe. Gute Kontakte hatte er zu Franz von Assisi. Dieser initiierte, dass Antonius Lehrer für Theologie für die Minderbrüder in Bologna wurde. Der von Franziskus gegründete Orden der Minderen Brüder entwickelte sich zu einem der vier großen Bettelorden des Mittelalters. Er wurde 1210 von Papst Innozenz III. bestätigt.2 Antonius predigte auch in Südfrankreich und verschiedenen Orten Norditaliens. Antonius lehnte sich stark an den „Kirchenvater“ Augustinus (354 – 430) an in seiner Bibelexegese. Augustinus wandte sich stark gegen polytheistische Glaubensvorstellungen, war Antijudaist, war ein Verfechter gerechter Kriege im Namen Gottes und zudem Kämpfer gegen eine lustvolle Sexualethik.3 Antonius starb am 13.Juni 1231 in Arcella bei Padua.

Er ist Patron der Armen, was sich im Begriff „Antonius-Brot“ ausdrückt. Am 13. Juni, seinem Gedenktag, werden kleine Brote geweiht und an die Gläubigen verteilt.4 Zudem ist er Patron der Liebenden, Bergleute, Reisenden, der Städte Padua und Lissabon. Zudem noch „Schlampertoni“5 – d. h. Helfer beim Wiederauffinden verlorener Dinge.

Die Antoniusstatue in der Grotte ist 1,25 Meter hoch und aus Muschelkalk gefertigt.6 Sie wurde von einem Somborner Bildhauer angefertigt. Antonius trägt ein Jesuskind auf seinem Arm. Aus dem Sockel ragt ein Wasserspeier mit Löwenkopf. Die Mauer ist aus rotem Sandstein gefertigt. Die Figur steht hinter einem Gitter.

Die Antoniusgrotte wurde 1955 geweiht. Anwesend war der Landrat des damaligen Landkreises Alzenau, Heinrich Degen. Er war Landrat von 1950 bis 1970.7 Der langjährige Alzenauer Bürgermeister Michel Antoni organisierte bis zu seinem Tode die Unterhaltung als religiöses Denkmal. Bis 1968 fand dort in jedem Jahr ein Gottesdienst statt.

Die Antoniusgrotte wurde von 2003 bis 2006 renoviert. Am 13. Juni 2022 fand wieder ein Gottesdienst an der Antoniusgrotte statt. Pfarrer Mathiowetz hatte die Tradition der Freiluftgottesdienste dort ein Jahr vorher wieder aufgenommen.

Letztes Jahr wurde an der Antoniusgrotte ein alter Teppichboden abgelegt. Die Ruhebänke waren schmutzig. Wie man auf die Idee kommt, dort Müll abzulagern, ist mir unverständlich. April 2023

1Die Heiligen für jeden Tag. Viten, Legenden, Attribute & Patrozinien, Leipzig o.J., S. 172

5 Bekannt ist der Heilige als der „Schlampertoni“, an den man sich wendet, wenn man etwas verzweifelt sucht. Weiteres siehe Wie aus dem hl. Antonius der „Schlamperltoni“ wurde (pnp.de)

7Heinrich Degen – Wikipedia , Stand 23.4.2023

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Gedenksäule mit Davidstern in Hörstein

Gedenksäule Hörstein

Gedenksäule zur Erinnerung an die ehemalige jüdische Kultusgemeinde in Hörstein

Diese Gedenksäule mit dem Davidstern wurde am 13. November 1988 in Hörstein eingeweiht.

Bis 1940 gab es in Hörstein eine jüdische Kultusgemeinde, deren Synagoge sich in der Hauptstraße im Hörsteiner Ortskern befand und 1938 in der Reichspogromnacht geschändet wurde. Die israelische Kultusgemeinde Hörstein war die größte jüdische Religionsgemeinschaft im heutigen Stadtgebiet von Alzenau sowie des gesamten Kahlgrundes. Neben der Synagoge legte in Hörstein das jüdische Schulhaus Zeugnis ab von der Geschichte der ehemaligen jüdischen Einwohner. Beide Gebäude sind heute nicht mehr vorhanden. Die Synagoge wurde nach dem Krieg zum Feuerwehrhaus umgebaut und im Jahre 1982 abgerissen. Der Platz ist heute mit einem privaten Gebäude bebaut. Der damalige Bürgermeister, Gerhard Engel, hielt die Rede anlässlich der Einweihung dieser Gedenksäule.

Der Davidstern ist nach König David benannt. Auf deutsch bedeutet das hebräische Wort das „Schild Davids“. Das Hexagramm hat religiöse Bedeutung. Der Davidstern symbolisiert das Volk Israel. Das Symbol zeigt zwei gleichseitige Dreiecke, die ineinander verwoben sind. Gelegentlich wird der Davidstern als symbolische Darstellung der Beziehung zwischen Mensch und Gott eingeschätzt. Zwölf Ecken können die zwölf Stämme Israels darstellen. Außerdem können die sechs Dreiecke als die sechs Schöpfungstage der Bibel interpretiert werden. Das große Sechseck in der Mitte könnte der siebte Ruhetag sein. Vermutlich war der Davidstern das Symbol des Bar-Kochba-Aufstandes. Dieser Aufstand der Juden gegen die römische Herrschaft fand von 132 bis 135 nach Christus statt und wurde von Rom niedergeworfen. Bar Kochba heisst „Sohn eines Sternes“, er war der Anführer des Aufstandes in der Zeit des römischen Kaisers Hadrian. Angeblich verloren 580.000 Juden ihr Leben. Jerusalem verschwand von der Landkarte, es entstand die römische Stadt Aelia Capitolina. Zeitweilig wurde Bar Kochba als Messias gesehen, nach seinem Tod 135 nicht mehr.

Im Frühmittelalter wurde der Davidstern als Talisman gegen Dämonen von den drei monotheistischen Gemeinschaften eingestuft. Kirchengebäude wurden damit ebenso geschmückt wie jüdische Unterschriften auf Dokumenten.

In Prag taucht der Davidstern im 16. Jahrhundert zum ersten Mal als Symbol für eine jüdische Gemeinde auf. Er wurde ein Zeichen jüdischer Identität. Im 17. Jahrhundert fand in Wien eine lokale Trennung der Religionen statt. Ein Grenzstein mit Kreuz trennte das christliche Viertel von dem jüdischen mit einem Hexagramm-Grenzstein.

1897 wurde der Davidstern zum Symbol der zionistischen Bewegung. Seit 1948 mit der Gründung des Staates Israel findet sich auf der Staatsflagge des jüdischen Staates.

In der NS-Zeit wurde dann der Davidstern durch die NSDAP zweckentfremdet. Am 1.September 1941 wurde in einer Polizeiverordnung geregelt, dass die Juden den Davidstern oder auch Judenstern (Gelben Stern) als öffentliches Kennzeichen ihrer Religionszugehörigkeit auf ihrer Kleidung tragen mussten. Im Mittelalter war für die Juden von den christlichen Herrschern angeordnet worden, einen gelben Fleck auf ihrer Kleidung zu tragen, um ihre Religionszugehörigkeit zu verdeutlichen.

Der Davidstern erregte in letzter Zeit durch eine provokative Darstellung großes Aufsehen. Der Rockmusiker Roger Waters ließ bei seinen Konzerten ein Schwein mit Davidstern aufsteigen. Er unterstützt zudem die BDS-Bewegung, die zum Boykott Israels aufruft. In Frankfurt wurde deshalb die Absage eines Konzertes mit Roger Waters durchgesetzt.

Im November 2020 wurde der Platz Ecke Edelmannstraße/ Bruchhausen, auf dem die Gedenksäule steht, in Bella- und Israel-Wahler-Platz umbenannt. Die Gedenksäule ist das Werk des Alzenauer Künstlers Franz Wilz.

Christian Schauer, Alzenau April 2023

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Das Waldschwimmbad – einst und jetzt

Die Größe des Waldschwimmbades (auch Freigerichter Schwimmbad genannt) beträgt 50 Meter x 18 Meter. Das Bad ist auf maximal 800 Besucher zugelassen. In den Corona – Jahren war die Zahl der Besucher beschränkt.

Geschichte

Schon 1898 wurde in Alzenau über die Einrichtung einer öffentlichen Badeanstalt diskutiert. Ein Flußbad wurde damals schon wegen des niedrigen Wasserstandes der Kahl ausgeschlossen.

1921 beschloß der Gemeinderat die Errichtung eines Bades nördlich der Burg im Bereich des ehemaligen Eisteiches der Brauerei Hock. Die Realisierung ließ allerdings bis 1936 auf sich warten.1 Ursprünglich war geplant, das Bad auf dem Gelände des aktuellen Burgparkplatzes zu errichten.2

Im damaligen Sinne politisch zweifelhaft war ein Vorgang bei der Erstellung des Beckens, den die Firma Adolf Zeller und Söhne aus Alzenau erhalten hatte. Sie bezogen das Eisen von einem jüdischen Händler aus Aschaffenburg.3

Aus ökonomischer Sicht war diese Entscheidung nachzuvollziehen. Zum einen musste die Firma das Vertragsziel (Fertigstellung bis zum 15.7.1936) einhalten, zum anderen legten die anderen Eisenhändler weitaus höhere Preisvorstellungen vor. Als die Parteiführung davon erfuhr, machte sie Meldung an die übergeordnete Dienststelle. Daraufhin fasste der Gemeinderat den Beschluss, Zeller für fünf Jahre von Lieferungen für die Gemeinde auszuschließen. Das war noch nicht alles.Ein Schreiben, in dem Zeller sich für sein Verhalten rechtfertigte, wurde von der NSDAP-Leitung in Alzenau als provokativ angesehen. Er wurde wegen Beleidigung angeklagt.4

Eine Badeordnung vom 15.8.1936 beinhaltete Gebote, die heute als skurril eingestuft werden: „Das öffentliche Baden in sogenannter Dreieckshose ist verboten.“ Juden war der Zutritt verboten.

Das Jahr 1936 war insgesamt durch starken Antisemitismus gekennzeichnet.Im Januar wurden auf dem jüdischen Friedhof über 100 Grabsteine beschädigt. Im Februar wurden in Hörstein die Fenster der Synagoge eingeworfen. Im Oktober erhielt der Religionslehrer Benzion Wechsler vierzehn Tage Polizeihaft und eine Geldstrafe wegen einer Auseinandersetzung mit einem NS-Jugendlichen. Schließlich wurde dem Viehhändler Bernhard Hamburger im Dezember die Haustüre demoliert.5

1937 wurde das Schwimmbad als „Freigerichter Schwimmbad“ eröffnet. Ende der 1940er Jahre war der Zustand des Schwimmbades schon nicht mehr gut. Das staatliche Gesundheitsamt beanstandete fehlende Duschvorrichtungen, Toiletten und Erste Hilfe Einrichtungen. 1949/1950 entstand eine 200mm Grundablaßleitung, die die Wasserqualität verbesserte.6 Von diesem Zeitpunkt an wurde das Waldschwimmbad hauptsächlich von Leitungswasser gespeist. Der Selzerbach war nur noch durch einen geringen Anteil an der Wasserzufuhr beteiligt. Das war bis in die 60er Jahre der Fall. Durch den Bach kamen auch Algen in das Schwimmbad. Seit 1951 tauchte der Begriff Waldschwimmbad auf. Die ursprüngliche Bezeichnung „Freigerichter Schwimmbad“ war bis in die 60er Jahre gebräuchlich. Anfang der 60er Jahre entstanden ein Leergutschuppen, ein Geräteraum und Toilettenanlagen. 1967/1968 wurden vier Duschanlagen gebaut. Der Selzerbach wurde verrohrt. Eine Wasseraufbereitungsanlage entstand, das Schwimmbecken wurde neu gestrichen. Der Parkplatz nahe dem Schwimmbad wurde auf 600 qm erweitert.

Entwicklung seit den 80er Jahren des 20.Jahrhunderts

Fast wäre das 1936 erbaute Waldschwimmbad in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschlossen worden. Im Januar 1983 hatte der damalige Stadtrat die vorübergehende Schließung des Bades beschlossen. Das Bad sollte vollständig renoviert werden.

Der damalige CSU-Stadtrat und Bezirkskaminkehrermeister Rainer Meyer setzte sich dafür ein, dass das Bad erhalten blieb. Er gründete im Sommer eine “Interessengemeinschaft für die Erhaltung des Waldschwimmbades“, die erstaunlicherweise über 6.500 Unterschriften sammelte.

Junge Familien setzten sich für den Erhalt des Waldschwimmbades ein. Für jüngere Kinder sei das Waldschwimmbad sicherer als der Meerhofsee.

Im Herbst 1983 hob der Stadtrat seinen Beschluss wieder auf. Beschlossen wurde stattdessen eine umfangreiche Sanierung des Bades, die 1984/1985 in die Tat umgesetzt wurde.7

Am 14. Juni 1985 wurde das Bad wieder eröffnet. Es entstanden eine Umwälzungs- und Aufbereitungsanlage, ein Kinderplanschbecken und eine 30 Meter lange Wasserrutsche. Ein neues Gebäude wurde im Juli 1986 eingeweiht. Es entstanden neue Umkleideräume, ein Kiosk, Sanitätsräume, ein Kassenraum, Duschräume, Toiletten und ein Raum für Mutter und Kind. Die alten Umkleideräume aus dem Jahr 1936 wurden abgerissen, auf Behindertengerechtigkeit wurde geachtet.

2003 kam eine technische Neuerung zustande. Das Bad kann seitdem mit der Holzhackschnitzelheizung des Spessart-Gymnasiums bei Kälte beheizt werden.

2016 war das Angebot eingeführt worden als Frühschwimmer ab 7 Uhr das Waldschwimmbad zu nutzen – und zwar an jedem Dienstag. 2017 lag der Spitzenwert von Frühschwimmern bei 51 Personen. Normalerweise öffnet das Bad um 9 Uhr. Am 25.Juni 2016 gab es anlässlich des Familienwochenendes einen kostenfreien Tag im Waldschwimmbad (auch im Meerhofsee). Angeboten wurde vor allem Tauchsport und Aqua-Jogging.

2017 war die löcherige Rutsche im Waldschwimmbad repariert worden.

Mitte 2019 wurde beschlossen, dass das Waldschwimmbad wegen Undichte 2020 für ca. 2,4 Mio. Euro saniert werden sollte.

Ein Ferienspielangebot der Wasserwacht fand im August 2021 im Waldschwimmbad statt. Hiermit wurde das Ziel der Jugendförderung in die Tat umgesetzt.

Waldschwimmbad nah

Das Alzenauer Waldschwimmbad

Die Zahl der Besucher betrug 2022 fast 52.000. Vorher lag der Durchschnitt der Besucher pro Jahr bei etwa 30.000.

C. Schauer, März 2023

1Vgl. Walter Scharwies, Alte Photographien erzählen aus Alzenau, Alzenau 1988, S. 54 f.

2Edgar Meyer, Alt Alzenau – neu entdeckt, Der Nationalsozialismus in Alzenau, sein Ende und die Zeit danach, Alzenau 1995, S. 32

3Vgl. Scharwies, a.a.O., S. 55

4Amtsblatt Alzenau 24.6.1994

5Peter Körner, Skizzen zur Geschichte der Juden in Alzenau, Wasserlos und Hörstein, Alzenau o.J., S. 20

6Amtsblatt Alzenau 8.7.1994

7Main-Echo vom 27.7.2019

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Die Wasserloser Kirche Sankt Katharina

Ende 1913 stimmten die Bürger – so geht aus dem Protokollbuch hervor – einstimmig für den Bau einer Kirche. Es wurde geregelt, dass die Kirchengemeinde die Verantwortung für das Innere der Kirche trägt, die politische Gemeinde für die Außenmauer und das Dach.1

Die Grundsteinlegung fand im März 1914 statt. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Bautätigkeit eingestellt.Der Baumeister hieß Sebastian Ludorf. Er und seine Arbeiter griffen wie viele Deutsche zu den Waffen. Im Frühjahr 1915 wurde der Dachstuhl errichtet und das Langhaus gedeckt. 1917 entstand der Turm.2

Die Kirchenpatronin war die Heilige Katharina. Katharina von Alexandrien lebte im 4. Jahrhundert nach Christus. Mit Kaiser Maxentius (305 bis 312) kam sie in Konflikt, weil sie dessen Grausamkeit anprangerte. 50 heidnische Philosophen waren Katharina in einem Disput an Klugheit nicht gewachsen. Sie wurde gerädert und enthauptet.3

Sie zählt zu den vierzehn Nothelfern. Nach der Legende brachten Engel ihre Gebeine zum Berg Sinai.4

1925 fand die Weihe statt. Anwesend war der Würzburger Erzbischof Matthias Ehrenfried.

Architektonisch handelt es sich um eine neobarocke Saalkirche. Die Pläne entwarf Karl Marschall. Das Langhaus hat gerundete Ecken. Den Chor findet man westlich, der Glockenturm mit Turmuhr liegt an der Südostseite. Ein Treppenturm ist an der Nordostseite des Langhauses. Die Orgel entstand 1936 und wurde 1967 umgebaut.5 Die Fassade im Osten ist mit einem Schweifgiebel bedeckt.

Kirche Wasserlos

Kirche Wasserlos aus der Ferne

C. Schauer, Februar 2023

1Walter Scharwies, Alte Photographien erzählen aus Alzenau, Alzenau 1988 (2. Auflage), S. 94

2Ebd.

3Die Heiligen für jeden Tag. Viten, Legenden, Attribute & Patrozinien, Leipzig o.J., S. 337

5St. Katharina (Wasserlos) – Wikipedia , Stand 28.2.2023

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Der Aufstieg der Nationalsozialisten in Aschaffenburg

Erst 1930 setzte der politische Aufstieg der NSDAP in Stadt und Raum Aschaffenburg ein. Parteiversammlungen, systematische Propaganda und militante Auftritte der SA sorgten für ihre öffentliche Wahrnehmung. Die Mitgliederzahl der NSDAP stieg. Vom allgemeinen politischen Trend in Deutschland profitierten die Aschaffenburger Nationalsozialisten, die ihr Wählerpotential nach und nach steigerten und schließlich zur zweitstärksten politischen Kraft aufstiegen.

Proteste gegen die neuen Machthaber nach dem 30. Januar 1933 wurden schon früh von den Behörden verhindert. So lief es etwa am 1. Februar 1933, als Sozialdemokraten und Kommunisten in Aschaffenburg auf Handzetteln zu öffentlichen Protesten gegen die neuen Machthaber aufriefen. Die geplante Demonstration wurde von der Polizei unterbunden – ein Zeichen der beginnenden Diktatur.

Die Reichstagswahl vom 5. März 1933 bescherte den Nationalsozialisten allerdings nicht den erhofften Durchbruch, die politische Überlegenheit der Bayerischen Volkspartei konnte sich erneut durchsetzen. Die „Machtergreifung“ machte jedoch vor diesem Wahlergebnis nicht halt. Die Hakenkreuzfahne wehte als Zeichen der NS-Herrschaft über Aschaffenburg.

Nach dem Katholiken Wilhelm Matt rückte am 30. März 1933 Wilhelm Wohlgemuth auf seinen Platz nach und übernahm somit den Posten als Oberhaupt der Stadt während der Zeit des Dritten Reiches.

Die Reichspogromnacht in Aschaffenburg Der reichsweite Vorlauf – Die „Polenaktion“

Am 9. Oktober 1938 erließ Polen eine Verordnung, nach der die Pässe aller länger als fünf Jahre im Ausland lebenden Polen ohne Sondervisum eines zuständigen Konsulats am 30. Oktober ablaufen sollten. Das betraf vor allem bis zu 18.000 von geschätzten 70.000 polnischen, meist verarmten Juden, die vielfach illegal im Großdeutschen Reich lebten. Die deutsche Regierung stellte Polen daraufhin am 26. Oktober ein Ultimatum, die Rückkehrmöglichkeit dieser Staatenlosen zu garantieren, andernfalls werde man sie sofort ausweisen. Nach der erwarteten Ablehnung befahl die Gestapo allen Städten und Gemeinden einen Tag später, die Betroffenen sofort festzunehmen. In der Nacht zum 29. Oktober wurden sie aus ihren Wohnungen geholt, in Zügen und Lastwagen zur deutsch-polnischen Grenze abtransportiert und hinüber getrieben. Ein Teil kam in den nächsten Tagen bei jüdischen Gemeinden in Polen unter, etwa 7.000 Personen mussten aber in ein Flüchtlingslager marschieren, wo sie bis August 1939 interniert wurden. Im Januar 1939 durften sie vorübergehend in ihre deutschen Heimatorte zurückkehren, um ihre Geschäfte zu verkaufen und ihre Haushalte aufzulösen. Der Sachverhalt ging als Polenaktion“ in die Geschichte ein.

Der Vorwand für das Pogrom war das Attentat des polnischen Juden Herschel Grynspan auf den deutschen Legationsrat Ernst vom Rath in Paris am 7.November 1938. Zwei Tage später starb vom Rath. Grynspans Motiv war die Empörung über die geschilderte „Polenaktion“. Betroffen waren seine Eltern und Geschwister.

In Aschaffenburg wirkte sich die Vorgänge so aus, dass am 28. Oktober 1938 die in der Stadt lebenden Juden polnischer Staatsangehörigkeit ausgewiesen wurden. In Aschaffenburg wurden an diesem Tag am Morgen zehn Juden festgenommen. Sechs von ihnen kamen um 22 Uhr in einen Abschiebetransport in Richtung Polen über Würzburg und Nürnberg, die vierköpfige Familie Simon Ehrlich blieb verschont.1 Sie durften nicht viel mitnehmen. Etwa 18.000 Juden mit polnischen Paß waren von der Abschiebungsaktion reichsweit betroffen, sie mussten teilweise im Niemandsland zwischen Polen und Deutschland kampieren. Die Aschaffenburger Juden, die davon betroffen waren, durften nach dem Novemberpogrom in ihre Heimat zurückkehren. Teilweise konnte sie später emigrieren, andere wurden in den Osten deportiert.2

Nach den ersten Pogromen ging die Geheime Staatspolizei in der Nacht am 10. November zur Eskalation über. Reinhard Heydrich verfasste ein Fernschreiben in München, das vorschrieb, dass die absehbaren Demonstrationen von den Polizeistellen unerkannt begleitet werden sollen. Zerstörungen von Synagogen und Geschäften waren vorgesehen, Plünderungen und Körperverletzungen sollten vermieden werden.3 Es gab noch diverse Nachträge. Auch von denen will der Aschaffenburger Kreisleiter Wilhelm Wohlgemuth nicht benachrichtigt worden sein. „Nachdem sich Dr. Wilhelm Matt wegen schwerer Krankheit beziehungsweise großem politischen Druck vom Amt des Bürgermeisters verabschieden musste, rückte am 30. März 1933 Wilhelm Wohlgemuth auf seinen Platz nach und übernahm somit den Posten als Oberhaupt der Stadt während der Zeit des Dritten Reiches.“4 In die NSDAP trat er 1926 ein und wurde rasch Kreisleiter, zudem war er Untersturmführer der SS. Einer seiner ersten Amtshandlungen war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, Reichskanzler Adolf Hitler und den Reichsstatthalter von Bayern, Franz Ritter von Epp. Sein Antisemitismus bewirkte im Juli 1935, dass Juden aus dem Schwimmbad Heigenbrücken hinausgeworfen wurden. Der Bademeister hatte sich geweigert, dies zu tun.

In Aschaffenburg überfielen SS-Leute in den frühen Morgenstunden des 10. November zwei jüdische Geschäftsleute, Alfons Vogel und Ludwig Löwenthal. Der Getreidehändler Alfons Vogel wurde an diesem Tag vom SS-Mann Heinrich Taudte mit Nahschüssen getötet.5 Am 20. Dezember legte Taudte, SS-Rottenführer und Obergefreiter (damals 28 Jahre), ein Geständnis ab. Nach Taudte hat sich die Tat folgendermaßen abgespielt: „… Ich erklärte dem Juden noch: ‚Jetzt ist es mit Dir aus. Du mußt die Tat sühnen, die ihr begangen habt.‘ Im Anschluß daran forderte ich den Juden auf , sich an einen Baum zu stellen, was er dann unter Jammern tat.“6 Nach einiger Aussage hat Taudte vier Schüsse auf Vogel abgegeben. Er nennt als Zeugen seiner Tat Georg Volk, Johann Gigl und Ludwig Euringer. Alfons Vogel starb am 16. November 1938 an seinen Verletzungen.

Vorher wurde der Jude Ludwig Löwenthal von Taudte mit Bauchschüssen schwer verletzt. Der schwer verletzte Löwenthal wurde in seiner Wohnung zurückgelassen, er überlebte.7 Taudte nahm die Schuld auf sich, möglicherweise aufgrund des Drucks von Andreas Jehl.8 Ludwig Löwenthal stammte aus Hösbach und war Pferdehändler, er bemühte sich Anfang Dezember 1938 um Auswanderung. Am 16. August 1939 emigrierte Ludwig Löwenthal zunächst über die Niederlande nach Großbritannien, danach in die USA nach New York. Seine Schußverletzung verursachte noch nach Kriegsende Schmerzen, die ihn zum Tragen einer Leibbinde zwangen. Seine Gestapoakte dokumentiert die Beraubung Löwenthals. Sein Umzugsgut blieb bei einer Aschaffenburger Spedition stehen.9 Jüdisches Eigentum sollte im Krieg der deutschen Bevölkerung zugute kommen.

Andreas Jehl schloss sich 1932 der SS an, im gleichen Jahr wurde er Scharführer. 1933 wurde er Vertrauensmann des Sicherheitsdienstes, im April dieses Jahres wurde er Sturmführer, Anfang 1934 wurde er Obersturmführer, im April 1935 Sturmbannführer, im April 1939 bis zum Kriegsende stieg er zum Obersturmbannführer auf.10 Die SS stellte er in einem Zeitungsinterview als Elitetruppe vor, die darüber wacht, „dass dieses Ideengut des Nationalsozialismus unverfälscht gelehrt und verwirklicht wird.“ Andreas Jehl konnte zu den Vorwürfen, der Drahtzieher zu sein, nicht mehr Stellung nehmen. Er war krank in einem Arbeitslager interniert und starb am 1.Mai 1947.

Die Synagoge wurde von SA – Pionieren angezündet, die über das Fenster in sie eindrangen. Eine Löschung des Brandes fand nicht statt. Feuerwehrleute fühlten sich von den versammelten Menschen vor der Synagoge bedroht. Die Synagoge brannte bis zum Morgen bis auf die Grundmauern ab.11 Die Aschaffenburger Synagoge wurde 1891 bis 1893 im maurisch-orientalischen Stil erbaut. Auffallend an dem Gebäude waren die dominante Kuppel und die zweifarbige Sandsteinfassade.12 Die Kuppel war eine Stahlkonstruktion aus Betonteilen und hatte einen Durchmesser von zehn Metern.13

Synagoe_Aschaffenburg und Rabbinerhaus

Synagoge Aschaffenburg und Rabbinerhaus

Die Überreste der Synagoge verschwanden im Frühjahr 1939 völlig.

Von SA-Männern wurden zudem Geschäfte von Juden heimgesucht und Fenster eingeschlagen. Es traf zum Beispiel das Herrenbekleidungsgeschäft Isola in der heutigen Frohsinnstraße, Solinger und Sichel in der Elisenstraße und die Metzgerei Solinger in der Fabrikstraße.

Polizisten nahmen am Morgen des 10.November in Aschaffenburg 20 Juden fest. Sie wurden zunächst in den Luftschutzkeller des Schlosses gebracht.Am 12. November wurden zusätzlich 6 Juden gefangen genommen. Sie sollten ins Konzentrationslager Dachau. Aus Aschaffenburg wurden 25 Gefangene registriert, aus Goldbach und Großostheim sieben. Sieben Gefangene landeten im Konzentrationslager Dachau, einer wurde zur Auswanderung entlassen, einige wurden als nicht lagerfähig entlassen. Auch ehemalige Frontkämpfer wurden nur bis zum 5. Dezember festgehalten.14 Es gelang fast allen Inhaftierten in Dachau, Deutschland in der ersten Hälfte des Jahres 1939 zu verlassen.

Eine juristische Aufarbeitung der Reichspogromnacht fand nach dem Zweiten Weltkrieg statt. Heinrich Taudte wurde am 8. Oktober 1948 zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Seine Delikte waren Totschlag und gefährliche Körperverletzung. Taudte wurde im Zweiten Weltkrieg in einem militärischen Dienstzeugnis als zuverlässiger Nationalsozialist beschrieben: „Sein allseits bekanntes Draufgängertum, seine absolute Zuverlässigkeit und Entschlossenheit in jeder Lebenslage waren öfters Grund, ihn mit Aufgaben zu betreuen, die weltanschauliche Festigkeit und charakterliche Stärke voraussetzten.“15 Von Widerstand also keine Spur. Im Mordfall Alfons Vogel brachte Taudte alte antisemitische Klischees zum Ausdruck. Er habe Bauern ausgeschmiert und „Christenweiber“ vergewaltigt.

Ein renommierter Historiker fasste den historischen Kern der Geschichte des jüdischen Geldverleihes – bei Taudte „Bauern ausgeschmiert“ – wie folgt zusammen: „Da für die seit dem vierten Laterankonzil 1215 sozial ausgegrenzten Juden das rigorose Wucherverbot der Kirche nicht galt, waren sie es, die den ebenso verfemten wie unentbehrlichen Beruf des Geldverleihers übernahmen. Sie gewährten nun den Kredit, ohne den die Wirtschaft seit dem Hochmittelalter nicht mehr funktionieren konnte. Ein Monopol, das die Juden freilich nur gegen hohe Abgaben, Zwangsdarlehen und Schutzgelder an Könige, Städte und Fürsten ausüben durften.“ 16 Das negative Image des Juden entstand also im Mittelalter. Im West- und Mitteleuropa waren das 12., 13. und das 14. Jahrhundert wirtschaftlich vom Zinsgeschäft geprägt.17 Die Gleichsetzung der Begriffe „Juden“ und „Geldleiher“ erfolgte im Mittelalter nur in Deutschland. In Südeuropa waren sie weiterhin im Handwerk und Handel beschäftigt.18 Bis ins 19. Jahrhundert waren die Juden für die Landesherren nützliche Geldeintreiber. Sie zogen das Geld vom Volk ein, mussten aber hohe Summen an die Obrigkeit abführen. Insofern hätte mancher Zorn über zu hohe Abgaben richtigerweise den Landesfürsten gegolten und nicht ihren Mittelsmännern.

Zwischen 1935 und 1943 wurden 2211 Männer wegen „Rassenschande“ verurteilt. Von manchen Fällen wusste Heinrich Taudte sicherlich. Der Fall Leo Katzenberger steht hier exemplarisch für das in NS-Zeit existierende unsinnige Gesetz zur „Rassenschande“, das von Rassereinheit ausgehend, ein erotisches Verhältnis von Deutschen mit Angehörigen anderen Völker bestrafte. Leo Katzenberger wurde in der NS-Zeit wegen eines unterstellten Verhältnisses zu einer nichtjüdischen Frau am 3. Juni 1942 hingerichtet.

Er entstammte einer unterfränkischen jüdischen Familie und besaß ein Schuhgeschäft in Nürnberg. In den zu seinem Anwesen gehörenden Mietwohnungen wohnte seit 1932 unter anderem die Tochter eines Geschäftsfreundes, Irene Seiler, mit der Katzenberger ein freundschaftliches (nicht erotisches) Verhältnis pflegte. Aufgrund einer Denunziation wurde Katzenberger vom zuständigen Staatsanwalt des außerehelichen Verkehrs – nach dem Blutschutzgesetz ganz schlimm – mit der nichtjüdischen Irene Seiler und damit eines Verstoßes gegen das Blutschutzgesetz angeklagt. Der Tatbestand wurde von der Frau unter Eid bestritten, worauf der Landgerichtsdirektor vor Ort das Verfahren an sich zog und den Prozess gegen beide vor dem berüchtigten Sondergericht Nürnberg eröffnete. Irene Seiler wurde des Meineids beschuldigt und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt – es handelte sich um Rechtsbeugung. Die Anklage gegen Leo Katzenberger wurde kurzerhand auf Verstoß gegen die Volksschädlingsverordnung ausgedehnt, wodurch die Todesstrafe wegen besonders verwerflichen Verhaltens unter Kriegsbedingungen möglich wurde. Die Volksschädlingsverordnung wurde kurz nach Beginn des Zweiten Weltkrieges am 5. September 1939 erlassen. Sie diente der inneren NS-Front.19

Grundlage dieses Justizmordes war das Blutschutzgesetz von 1935. Das war die Bezeichnung für das vom Reichstag beschlossene „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ vom 15. September 1935. Das Gesetz verbot die Eheschließung zwischen Juden und Nicht-Juden sowie den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen ihnen. Es gehörte zu den Nürnberger Rassegesetzen. Im Gesetz war von der „Reinheit des deutschen Blutes“ und „deutschen artverwandten Blutes“die Rede, das waren Begriffe der unseriösen Rassenkunde des NS- Staates.

Bei der Gedenkfeier in Aschaffenburg anlässlich des Gedenktages der Reichspogromnacht am 9. November 2022 in Aschaffenburg wurde vom „Bündnis gegen Rechts“ bekannt gegeben, dass eine Gedenktafel an Peter Gingolds Geburtshaus angebracht wird. Darauf stand am Gedenktag zu lesen:“Hier lebte Peter Gingold von 1916 bis 1928. Geboren am 8.3.1916 in der Steingasse 27. Jüdischer Widerstandskämpfer, Kommunist und Mitglied der Resistance. Flucht aus den Fängen der Gestapo und Teilnahme am Aufstand zur Befreiung von Paris 1944. Mitgestalter des politischen Neuanfangs in der Bundesrepublik. Erneute Verfolgung und Ausbürgerung nach dem Verbot der KPD. Redner auf Friedenskundgebungen gegen Naziaufmärsche. Auftrittt als Zeitzeuge in Schulen und Jugendzentren. Am 29.10.2006 von uns gegangen. Seine Maxime: Nie aufgeben!“ Bündnis gegen Rechts Zu seinem 100. Geburtstag – 8. März 2016

Christian Schauer – November 2022

1Peter Körner, Der Novemberpogrom 1938 in Aschaffenburg. Ein Forschungsbericht, in: Mitteilungen aus dem Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg, Bd. 2, Heft 5 November 1988, S. 173 f.

2Ebd.

3Ebd. S. 175

6StAWÜ Gestapo 6444, 20.12.1938, S. 71-72, in: Peter Körner, Jetzt ist es mit Dir aus…“ 10. November 1938 in Aschaffenburg: Opfer und Täter Ahndung und Erinnerung, Aschaffenburg 2019,  S. 51

8Vgl. Peter Körner, Jetzt ist es mit Dir aus…, a.a.O. S. 51

9Ebd., S. 63

10Peter Körner, Jetzt ist es mit Dir aus… , a.a.O. S. 117

11Peter Körner, Der Novemberpogrom …, a.a.O. , S181

12Monika Schmittner, Als die Synagogen brannten. Vor 75 Jahren : Die Reichspogromnacht 1938 in Aschaffenburg und Umland, Spessart November 2013, S.8

13Peter Körner, Vergangen, nicht vergessen – Sieben Jahrhunderte jüdische Gemeinde in Aschaffenburg. Wegweiser durch das Dokumentationszentrum Wolfsthalplatz, Aschaffenburg o.J., S.27

14Peter Körner, Der Novemberpogrom …., a.a.O., S. 186 f.

15STAWü StAnw Aburg 203, Zeugnis vom 25.11.1942, in: Peter Körner, Jetzt ist es mit Dir aus …, a. a.O. S.74

16 Clemens Escher: Wucherjude, in: Wolfgang Benz n(Hrsg.) : Handbuch des Antisemitismus, Band 3: Begriffe, Ideologien, Theorien, Berlin 2008, S. 348–349 . Weiteres zum Wucher: Wissenswertes aus der Geschichte des jüdischen Volkes | Christian Schauer (wordpress.com)

17Abraham Léon, Judenfrage und Kapitalismus, München 1973, S. 48

18 Markus Wenninger, Man bedarf keiner Juden mehr, Wien-Köln-Graz 1981, S.20

19Verordnung gegen Volksschädlinge – Wikipedia , Stand 10.11.2022

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Schloß Johannisburg in Aschaffenburg

Der älteste Bauteil des Schlosses wurde von 1337 an errichtet, es ist der Bergfried im Schloßhof, auch Viztumturm genannt.1 Im August 1552 wurde diese Burg durch die Truppen des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach zerstört . Der Neubau des Schlosses begann 1605.Die Geschichte der Burg erlebte ihren Höhepunkt, als einer der Prunk liebenden deutschen Kurfürsten der Renaissance, Kardinal Albrecht von Brandenburg und Erzbischof von Mainz und Magdeburg, seine Residenz 1539 von Halle an der Saale nach Aschaffenburg verlegte.In dieser Zeit wirkte auch der Maler Mathis Gothart Neithart, genannt Grünewald, in Aschaffenburg. Er wurde 1516 Hofmaler des Kardinals. Ein wichtiges Bild aus dieser Zeit ist die „Beweinung Christi“ in der Stiftskirche von Aschaffenburg. Ein Großteil der Kunstschätze, die Albrecht von Brandenburg 1541 nach Aschaffenburg hatte bringen lassen, fiel 1552 dem Vandalismus der Truppen Albrechts Alcibiades zum Opfer.

Baumeister des neuen Schlosses wurde Georg Ridinger. In seiner Wahlkapitulation versprach Kurfürst Johann Schweikart von Kronberg 1604 den Wiederaufbau des Schlosses. Die Bauarbeiten begannen ein Jahr später 1605, der erste Bauabschnitt wurde schon 1607 vollendet, 1608 wurde das Kellergeschoss errichtet, 1610 das Erdgeschoss. Die Einweihung wurde im Februar 1614 gefeiert. Das Ereignis ist auf Münzen festgehalten, 1615 zog der Kurfürst ein.

Der Baukörper ist sehr groß mit 87,5 mal 86 Metern. Die Außenfassaden zählen 16 und 17 Fensterachsen (nachträglich vermehrt). Die Ecktürme sind 53 Meter hoch, sie bilden einen Blickfang von der Ferne aus. Schloss Johannisburg ist ein Paradebeispiel der Schlossbaukunst der Renaissancezeit – die Vierflügelanlage mit Ecktürmen. Ein Vorbild des Baumeisters Ridinger waren die französischen Architekten Ducerceau und Perrer, auch die italienische Renaissancearchitektur war bekannt.

Werfen wir einen Blick auf Albrecht Alcibiades, der in Aschaffenurg 1552 so gewütet hat. 1541 kam er in der Markgrafschaft Brandenburg-Kulmbach an die Regierung. In seiner Jugend lebte er ausschweifend, der Name Alcibiades sollte ihm schmeicheln. Seit 1543 kämpfte er als Protestant für die Kaiserlichen und wechselte die Seiten nach einer Kontroverse mit Kaiser Karl V..In Franken wollte er ein von ihm regiertes Herzogtum Franken schaffen – unter anderem bekämpfte er die Vormachtstellung Nürnbergs und wollte die Hochstifte säkularisieren. Eine vollständige Einnahme Nürnbergs gelang ihm nicht. Die Bischofsstadt Bamberg schloß mit dem Markgrafen ein nicht sehr vorteilhaften Frieden. Neben hohen Kriegsentschädigungen wurde mehr als die Hälfte des Fürstbistums an Alcibiades abgetreten. Auch Würzburg musste hohe hohe Geldsummen an Alcibiades zahlen.2 Nürnberg musste sich loskaufen, um nicht verwüstet zu werden. Albrecht Alcibiades setzte seine Raubzug fort und erreichte am 10. August 1552 Aschaffenburg, wo er die mittelalterliche Burg zerstörte. Sein Raubzug führte Albrecht Alcibiades auch nach Mainz und Trier sowie nach Metz zu Heinrich II. von Frankreich.

Anfang 1553 kehrte Albrecht nach Franken zurück und setzte die Verwüstung fort. Das Hochstift Bamberg wurde brandgeschatzt und die Stadt besetzt. Danach versuchte er vergeblich Nürnberg einzunehmen, die Landstädte Lauf und Altdorf wurden angegriffen. Danach kam die Reichsstadt Schweinfurt an die Reihe. König Ferdinand berief die fränkischen Bundesverwandten, Kurfürst Moritz von Sachsen und Herzog Heinrich von Braunschweig nach Eger. Hier wurde die militärische Vernichtung des Markgrafen beschlossen. Am 11. Juli 1553 wurde Alcibiades in der Schlacht von Sievershausen vernichtend geschlagen. Auch Moritz von Sachsen fand den Tod. In Franken gingen Kulmbach, Hof und Bayreuth für den Markgrafen verloren, die Plassenburg wurde zerstört, Albrecht zog nach Schweinfurt zurück und konnte entkommen. Zunächst floh er nach Frankreich und fand bei seinem Schwager Asyl, dem Markgrafen Karl von Baden.Dort verstarb er Anfang 1557. 1558 ging das Fürstentum Brandenburg-Kulmbach im Wiener Vertrag an den Markgrafen Georg Friedrich.3

Gefolgsmann des schrecklichen Markgrafen Albrecht in Franken war Wilhelm Grumbach, der sich im Hochstift Würzburg mit Forderungen an den Bischof Melchior hervortat. Dieser wurde am 15. April 1558 auf dem Weg zur Marienburg von einem Helfer Grumbachs ermordet. Mord und Totschlag also auch hier. Mit Helfern eroberte Grumbach im Oktober 1563 Würzburg und zwang das Hochstift zur Herausgabe seiner besetzten Eigengüter. Kaiser Ferdinand verhängte daraufhin über Grumbach die Reichsacht, die auch von Kurfürst August von Sachsen vollzogen wurde.4 Nach 1566 rückte Kurfürst August von Sachsen mit einem Exekutionsheer der Reichsacht vor Gotha und Schloß Grimmenstein, wo sich Grumbach aufhielt. Dieser wurde nach 15 Monaten Belagerung gefangen genommen. Wilhelm von Grumbach wurde am 18. April 1567 in Gotha gevierteilt, der Henker hatte ihm vorher das Herz aus dem Leibe gerissen.5 Grumbach endete also schrecklich. Die Vierteilung war im Mittelalter nicht selten. Das Opfer wurde in Stücke gehackt oder geschnitten.In der Mehrzahl der Fälle wurde das Opfer vor der Vierteilung getötet, es sind aber auch Fälle bekannt, wo die Tat bei lebendigem Leibe geschah. In Deutschland führte die „Constitutio Criminalis Carolina“, das erste deutsche Strafgesetzbuch von 1532, die Vierteilung auf.

Kurz nach der Errichtung des Schlosses von Aschaffenburg begann der Dreißigjährige Krieg 1618. Der Schwedenkönig Gustav Adolf rückte wahrscheinlich am 23. November 1631 in Aschaffenburg ein, nachdem die Stadt einige Tag vorher unter der Führung von General Johann Banér besetzt worden war.6 Nicht viel Widerstand leisteten die katholischen Kaiserlichen. Der kurmainzische Vizedom von Hoheneck hatte die Stadt wahrscheinlich schon vorher verlassen. Das Schloss entging nicht der Plünderung. Aus Unterlagen vom April 1633 geht hervor, dass bei der Okkupation des Schlosses die Unterlagen einer geordneten Finanzverwaltung stark beschädigt wurden oder sogar vernichtet wurden. Die Stadt musste dem schwedischen König 8.000 Reichstaler an Kontríbution zahlen. Mitte Dezember ließ Gustav Adolph eine schwedische Verwaltung für das ganze Erzstift einrichten. Vizedom von Aschaffenburg wurde Johann Hartmut von Hutten, ein Bruder des kaiserlichen Obersten.7 Der schwedische Reichskanzler Oxenstierna befahl im März 1632 von Mainz aus, dass eine Kompanie nach Aschaffenburg geschickt werden solle, um die Brücken in der Stadt besser zu schützen.

Der Vizedom von Hutten war scharf auf eine Schenkung durch Gustav Adolf, die „Huttischen Stammhäuser“ erhielt die Gräfin von Hanau. Im März 1632 bat er um das Rittergut Geiselbach im Spessart, das dem Abt von Seligenstadt damals gehörte – zudem bat er um die Güter des seitherigen Vizedoms in Wasserlos. Hier kommt zum ersten Mal die Gegend um Alzenau ins Spiel. Man hoffte, dass der schwedische König dagegen keine Bedenken hätte, weil die Güter nicht am Main, sondern in den Wäldern lägen.

Die Schwedenkönigin Maria Eleonora (geboren 1599, gestorben 1655) verletzte das religiöse Empfinden der Katholiken, indem sie bei ihrem Besuch in Aschaffenburg im Juli 1632 vor ihrer Kutsche einen Affen präsentierte, der mit Kapuzinerkutte, Rosenkranz und Tonsur auftrat. Eine arge Provokation!

Maria_Eleonora_von Brandenburg, Königin von Schweden

Königin Maria Eleonora von Schweden

Die von den Schweden erhobenen Abgaben wurden vom Sommer 1632 an bis Oktober 1634 von der Bevölkerung am Untermain als hart angesehen.Die Stiftsherren beklagten die mäßigen schwedischen Zuwendungen. Einem Domherren wurden in drei Jahren nur 12 Malter (Volumenmaß für Getreide) Korn und 4 Ohm (Flüssigkeitsmaß entsprach zwischen 135 und 174,75 Litern) Wein gegeben.

Der Aschaffenburger Kanoniker Sigismund von Vorberg (Katholik) war zunächst vor den Schweden geflohen und bald wieder von Frankfurt nach Aschaffenburg zurückgekehrt und fand viel Unordnung vor. Kirchen, Kapellen, Pfarrhäuser und das Eigentum der Geistlichen waren verringert und beschädigt.8 Nach dem Versuch, die Seelsorge wieder aufzubauen und den Geistlichen neuen Mut zuzusprechen, wurde er arrestiert oder nach Mainz zum Statthalter gebracht.

Nach der Schlacht bei Nördlingen vom 5./6. September 1634 war die schwedische Herrschaft am Untermain gefährdet. Bald darauf im Oktober 1634 verließen die Schweden die Stadt. Die Spanier zogen unter dem Oberbefehl des Kardinalinfanten Don Fernando – deutsch Ferdinand – nach Aschaffenburg ein. Ferdinand von Spanien und Portugal war ein Prinz aus der spanischen Linie des Hauses Habsburg, er war Feldherr im Dreißigjährigen Krieg. Aufgrund seiner Berufung zum Kardinal-Erzbischof von Toledo wurde er auch als Kardinalinfant bekannt.

Nach dem Abzug der Schweden soll die Einwohnerschaft Aschaffenburgs 1635 nur noch aus 150 Familien bestanden haben.

Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Schlosses Johannisburg war die Flucht des Kurfürsten Friedrich Carl von Erthal 1792 von Mainz nach Aschaffenburg. Er flüchtete vor den französischen Revolutionstruppen, die in Mainz einfielen. 1794 wurde Kunstgut aus dem Hofbesitz nach Aschaffenburg gebracht, Möbel und 260 Gemälde, die noch immer den Grundstock der aktuellen Galerie bilden. 1774 war die Modernisierung der Wohnverhältnisse des Schlosses eingeleitet worden.

1814 fand die Übergabe des Fürstentums Aschaffenburg an König Max I. Joseph von Bayern in Schloss Johannisburg kommissarisch statt.9

1932 wurde das Schlossmuseum eröffnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Schloss eine zerbombte Ruine. Sämtliche Stilräume waren zerstört worden, in der Schlosskirche stürzte das Gewölbe ein. Doch die Kunstschätze waren während des Krieges ausgelagert worden.

Bei den Kriegsereignissen war das Schloss auch ein Ort wichtiger Kriegshandlungen. „Am folgenden Morgen, Dienstag, 3. April 1945, kapitulierte dann Kampfkommandant Major Emil Lamberth um 9.00 Uhr im Schloß Johannisburg. Der neuntägige Kampf verlief für die Verteidiger sehr verlustreich; nach Angaben der Amerikaner soll die Zahl der Gefallenen und Verwundeten 1620 betragen haben. Auch die Angreifer mußten hohen Blutzoll zahlen …“10

Die Wiederaufbau geschah von 1954 bis 1964. Sein Ziel war die Wiederherstellung der äußeren Gestalt des Schlosses.

Nicht nur vom Volksfestplatz aus bietet das Schloss Johannisburg aktuell einen beeindruckenden Anblick (siehe Bild).

Schloss AB

Schloss Johannisburg vom Volkfestplatz gesehen

1Vgl. Schloss Aschaffenburg und Pompejanum (Amtlicher Führer), München 1982, S. 12 ff.

2Handbuch der Bayerischen Geschichte, Bd. 3 Franken Schwaben Oberpfalz, München 1979, S. 209 f.

3Ebd.; S. 209 f.

4Ebd., S. 211

5W. Dettelbacher, Würzburg ein Gang durch seine Vergangenheit, Würzburg 1874, S. 73. f.

6Anton Ph. Brück, Aus der Schwedenzeit Aschaffenburgs 1631 – 1634, in: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes, Bd. 4, II, S. 721 ff.

7Ebd., S. 727

8Vgl. Ebd., S. 735

9Schloss Aschaffenburg (Amtlicher Führer), a.a.O.S. 37 f.

10Alois Stadtmüller. Maingebiet und Spessart im Zweiten Weltkrieg. Überblick Der Luftkrieg Eroberung, Aschaffenburg 1982, S. 584

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Bericht von der Kultburg-Aufführung der „Pension Schöller“ am 5. Juni 2022 im Oberen Burghof in Alzenau

Robinie

Oberer Burghof Alzenau lauschig

Wem macht es nicht Spaß unter einer Robinie eine Freiluftaufführung einer Komödie mitzuerleben? Hätte nicht womöglich sogar Kaiser Rupprecht, vor dessen Regierungszeit als deutscher König(1400 bis 1410) diesen Aufführungsort genossen? Von seiner Laune bei Lustspielen ist allerdings nichts überliefert.

Das Stück entstammt der Feder von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs. Ob nun die Uraufführung 1889 oder 1890 stattfand, ist nicht restlos geklärt. In Alzenau sollte eine Aufführung schon 2020 stattfinden, Corona kam jedoch dazwischen.

Im Mittelpunkt steht Philipp Klapproth , Gutsbesitzer aus Kyritz, der des Landlebens überdrüssig ist. Es zieht ihn nach Berlin. Hier differiert er übrigens mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem Schauspieler aus Alzenau, der Studienrat in Alzenau ist. Sein Neffe heißt Alfred und dessen Freund ist Kellner Hans, der die Familienpension Schöller als Nervenheilanstalt vorstellen möchte.

Kellner Hans ist übrigens ein versierter Taktiker, indem er dem Inhaber der Pension, Herrn Schöller, überzogene Trinkgelder abnimmt.

Klapproth begegnet unterschiedlichen Pensionsgästen, so dem Schauspieler Eugen, einem Schauspieler, der kein l sprechen kann, sondern diesen Buchstaben immer mit n ausspricht. Auf die Frage, ob er Künstler sei, entgegnet er: „Ja aber mein Onken winn mich nicht nassen.“ Hier kann sich Enrique Martin komisch in Szene setzen.

Auffällig ist zudem die wissbegierige Schriftstellerin Josephine Zillertal, deren literarisches Können nicht genau fixiert wird.

Ein weiterer Gast ist der zackige und cholerische Baron von Mühlen, der von Militarismus durchdrungen ist.

Pension Schöller (2)

Baron von Mühlen und Kellner Hans

Pensionschef Schöller ist erfreut über den Gast Klapproth, mit dem er seine Tochter Franziska verkuppeln will. Ihr Favorit ist allerdings der Neffe Alfred. Die Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit. Man findet zueinander.

Ida, Klapproths Schwester in Kyritz, wird zur Geliebten des Weltreisenden Professor Bernhardy nach der Rückkehr aufs Land.

Der Schauspieler Eugen kann zum Schluß wieder fehlerfrei sprechen – welche Erlösung für ihn und das Publikum. Dafür trifft Klapproth jetzt der Sprachfehler – oh Graus, aber zum Lachen. Das Publikum nahm die Komödie mit großem Applaus auf.

Das Wetter hielt still – es regnete nicht. Winn das nicht gefannen?

Christian Schauer, 7. Juni 2022

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Das ehemalige Gefängnis Alzenau                                                                                                                                                                                                                                                                                                             

Das ehemalige Gefängnis Alzenau wurde 1836 errichtet. Das Königreich Bayern erweiterte damals seine Burganlage, in dem sich das „Königliche Landgericht Alzenau“ befand. Es handelt sich um einen Walmdachbau aus Sandsteinquadern.

Ein Walmdach ist eine Dachform, die im Gegensatz zum Satteldach nicht nur auf der Traufseite, sondern auch auf der Giebelseite geneigte Dachflächen hat. Die Dachfläche oberhalb der Giebelseite wird als der Walm bezeichnet. Das Satteldach ist die konventionelle Dachform. Es besteht aus zwei entgegengesetzt geneigten Dachflächen. Die geneigten Dachflächen eines Walmdaches bieten weniger Angriffsfläche für den Wind. Die Windlast auf die Dachkonstruktion wird verringert.

Von Anfang an wurde das Gebäude als Gefängnis genutzt. Im 19. Jahrhundert war für ein Gefängnis der Begriff „Fronveste“ gebräuchlich. Seit dem Mittelalter war das ein öffentliches Gefängnis. Früher wurden dort auch Folterungen vorgenommen. Zuchthäuser dieser Art entstanden zunächst in Amsterdam. Eine bekannte Fronveste befindet sich im mittelfränkischen Herrieden bei Ansbach. Dort ist sie Teil der ehemaligen Stadtbefestigung.

Gefängnis Bild

Ehemaliges Gefängnis Alzenau

Das Gefängnis war und ist ein bemerkenswertes Bauwerk, das schon auf einem Foto der Burgstraße um 1935 nicht zu übersehen war. Man sieht hier das Gefängnis als spätklassizistisches Bauwerk, das in der Nachkriegszeit von der Stadt Alzenau erworben wurde und als öffentliche Toilettenanlage diente.1 Das Gebäude ist als Teil der Burganlage aus dem 14. Jahrhundert von Bedeutung. Der Duft der Toilette beim Eintritt war berüchtigt, zahlreiche Graffiti (teilweise nicht jugendfrei) „schmückten“ sie im Inneren.

Die Diskussion um die Errichtung einer öffentlichen Toilettenanlage spiegelt der Auszug eines Protokolls der Stadtratssitzung vom 15. Juli 1965 wider. Darin heißt es: “Der Bauausschuß hatte eine Ortsbesichtigung im Raum um die Kirche vorgenommen, um einen geeigneten Standort zur Errichtung einer öffentlichen Bedürfnisanstalt ausfindig zu machen. Eine ideale Lösung konnte nicht ermittelt werden. Zu berücksichtigen ist, daß zur Zeit ein Planungswettbewerb zur Sanierung des Stadtzentrums durchgeführt wird. Da der Standort der öffentlichen Bedürfnisanstalt auch mit der künftigen Planung im Einklang stehen soll, beschloß der Stadtrat einstimmig, die Angelegenheit bis zum Abschluß dieser Planung zurückzustellen.“

Zeitweilig diente das Gefängnis in der Nachkriegszeit als Obdachlosenunterkunft. Das Obergeschoss stand Jahrzehnte lang leer.

1968 war es dann so weit. Das ehemalige Amtsgerichtsgefängnis wurde teilweise zur Toilette umgebaut. Das Gebäude hatte die Stadt im Februar 1962 vom bayerischen Finanzministerium gekauft. Im Main-Echo Bericht hieß es damals:„Die Planentwürfe für den Umbau und die Einrichtung arbeitete das städtische Baureferat aus, Sie wurden vom Bauausschuß eingehend über- prüft und vom Stadtrat angenommen. …

Die öffentliche Bedürfnisanstalt war rechtzeitig vor den Festlichkeiten der ‘Volksbank‘ und des Gesangvereins ‚Harmonie‘ im September fertig. Von der Burgstraße aus besteht je ein separater Eingang für Damen und Herren. Die Anlage enthält vier Damen-, zwei Herrenaborte, ein Pissoir, zwei Neben- räume und eine Toilette für die Benutzer der Nebenräume, Sämtliche Räume haben Wand- und Bodenfliesen. Für die Beheizung sorgt ein Elektro-Heizspeicherofen. An den Aborttüren sind Münzautomaten (zehn Pfennig) angebracht. “2

2018 wurde dann das ehemalige Gefängnis in ein Café mit Terrasse und ein Kino (Kino-Lounge) umgebaut. Die Gesamtbaukosten betrugen 1,4 Millionen Euro. In dem Kino finden 34 Personen Platz. Das baaila Café ist nicht selten im Sommer gut gefüllt. Im Gespräch war eine kulturelle Nutzung seit 2013.3 Der Stadtrat beschloss, die Renovierung in Angriff zu nehmen.Ein Antrag zur Städtebauförderung wurde gestellt. Im November 2016 wurde die Idee eines Kinos in einer Bürgerwerkstatt diskutiert. Zuschüsse bekam die Stadt von der Städtebauförderung des Bundes und des Landes Bayern (284.000 Euro), zudem vom Landesamt für Denkmalpflege (35.000 Euro) und von der Bayerischen Landesstiftung (65.000 Euro).4

Die Adresse Burgstrasse 12 ist durch den Umbau deutlich aufgewertet.

Ein renommierter Gefängnisinsasse, der über seinen Gefängnisaufenthalt berichtet, ist in Alzenau nicht bekannt. Wie jemand einen Gefängnisaufenthalt im 19. Jahrhundert beschreibt, kann man am Beispiel Otto Corvins (1812 bis 1886) beschreiben, der am demokratischen Barrikadenkampf 1848 in Berlin teilnahm und danach am Badischen Aufstand 1848/1849. Nach der Niederlage der Demokraten wurde er von Preußen zum Tode verurteilt und später zu sechs Jahren Festungshaft begnadigt. Seine Schilderungen des Gefängnisaufenthaltes sind 1861 unter dem Titel „Aus den Erinnerungen des Otto von Corvin-Wiersbitsky“ erschienen. Darin heißt es unter anderem: „Nachdem man uns eine Zeit lang in einer ‚Vorbereitungszelle‘ gelassen hatte, wo wir mit Grauen die Hausordnung studierten, trennte man uns und brachte mich in eine nach der Nordseite zu liegende Gefängniszelle, wo ich meine Strafzeit getrennt von jeder Gemeinschaft mit anderen Gefangenen oder der Außenwelt, einsam zubringen sollte.

Ich sah mit Entsetzen um mich. Vier kahle Wände; eine wie ein Sargdeckel gewölbte Decke; steinerner Fußboden; Ausdehnung vier Schritte und sechs; ein an die Wand geklapptes und angeschlossenes dürftiges Bett; in einer Ecke ein kleines Regal mit einem Wasserkrug und einer Bibel; davor ein an die Wand geklappter Tisch mit gleicher Bank, – voilà tout.- Licht empfing die Zelle durch ein kleines Fenster, dessen unteren Rand man eben erreichen konnte und dessen untere Hälfte aus mattgeschliffenen Glasscheiben bestand, welche das Licht nur trübe hindurch ließen. Es war mir, als befinde ich mich in einer Eisscholle. Dumpfe Verzweiflung ergriff mich; thränenlos und stöhnend sank ich auf die Bank. -“5

Das Leben im Gefängnis war und ist wenig erfreulich. Aktuell kann sicherlich Boris Becker diese Erfahrung in London machen. Sein Gefängnis im Londoner Ortsteil Wandsworth ist berüchtigt. Verwahrlosung und Schmutz sind neben Ratten in Englands Gefängnissen bezeugt. Mittlerweile ist Becker in das Huntercombe-Gefängnis in Nuffield, 70 Kilometer westlich von London, verlegt worden. Becker hat den Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen, sie also geleimt. Hätte er das nicht getan, wäre er ein unbescholtener Leimener geblieben.

C.Schauer, März – Juni 2022

1Siehe dazu: Walter Scharwies, Alte Photographien erzählen aus Alzenau, Alzenau 1988 (2. Auflage), S. 21 und

Walter Scharwies, Einst Alzenauer Gefängnis und öffentliche Toilettenanlage- seit 2018 viel besuchte Cafébar mit Kinolounge, in: Unser Kahlgrund 2020, S. 27 ff.

2Main-Echo vom Herbst 1968, Datum nicht genau zu ermitteln.

3Main-Echo vom 2.7.2018

4Vgl. Scharwies …Alzenauer Gefängnis … S. 29

5Sigrid Weigel, „Und selbst im Kerker frei…!“ Schreiben im Gefängnis, Marburg/ Lahn 1982, S. 155 f.

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Pompejanum

Kürzlich (Anfang Mai) stand das Pompejanum im Mittelpunkt des heimatgeschichtlichen Interesses, als eine Büste, die wahrscheinlich aus aus dem Pompejanum stammt, in Texas entdeckt wurde. Demnach hat die Amerikanerin Laura Young wahrscheinlich den Fund ihres Lebens gemacht, als sie die Büste des römischen Feldherren Drusus Germanicus fand. Die Nasenpartie der Büste ist beschädigt, sie ist 24 Kilogramm schwer. Sie lag verdreckt im Boden.

Drusus Germanicus lebte von 38 bis 9 vor Christus. Er war Sohn der Livia Augusta, die Gemahlin des Augustus war, aber den späteren Feldherren mit ihrem ersten Gemahl Tiberius Claudius Nero zeugte. Er war Quästor und Prätor. 15 vor Christus wurde er gemeinsam mit seinem Bruder Tiberius mit der Führung des Krieges gegen die Rhäter und Noriker beauftragt. Er dehnte die Grenze des römischen Reiches bis an die mittlere Donau aus. 12 bis 9 vor Christus war er Statthalter in Germanien. Vom Niederrhein und von Mainz aus führte er Feldzüge in das Innere Germaniens. Er überschritt Ems und Weser und drang bis zur mittleren Elbe vor.

Wenig heroisch starb er nach einem Sturz vom Pferd. Er war verheiratet mit Antonia, der Tochter des Marcus Antonius und Octavias. der Schwester des Augustus. Er war Vater des Feldherren Germanicus und des Kaisers Claudius.

Dass eine Büste von ihm einmal im Pompejanum in Aschaffenburg landen würde, dachte er nicht im Traum, schließlich zog es ihn in den Norden nach Weser und Elbe.

Malerisch liegt das Pompejanum über dem Main. Architekt war der Oberbaurat von Gärtner 1842. Die Maße das Bauwerkes entsprachen dem Haus „Castor und Pollux“. König Ludwig finanzierte den Bau und wünschte sich einen schönen Blick über die Mainlandschaft. Im Krieg wurde das Pompejanum arg zerstört. Der Pompejanumgarten wurde 1963 vergrößert. Die Stadt Aschaffenburg kaufte ein 8.000 qm großes Grundstück, auf dem eine Parkanlage mit Springbrunnen und Blumenbeeten entstand.

Im Frühling bietet das Pompejanum einen malerischen Anblick.

Pompejanum 1

Das Pompejanum

Literatur:

Main-Echo 9.Mai 2022

Aschaffenburg, Tausendjährige Stadt am Main, Aschaffenburg o.J.

Biographie von Nero Claudius Drusus – regionalgeschichte.net

Meyers Handbuch der Geschichte, Band 1: Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Mannheim 1968

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Schöntal, Fasanerie und Großmutterwiese in Aschaffenburg

Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal ließ zusammen mit dem Gartenkünstler Friedrich Ludwig Sckell um 1780 den Tiergarten im Stadtzentrum in einen englischen Landschaftsgarten umgestalten. Dietrich Schenk von Erbach ließ das Schöntal zur Versorgung des Schlosses als einen Tiergarten anlegen. Albrecht von Brandenburg ließ um 1530 zusätzlich einen Gemüsegarten herrichten.

Markant ist die Ruine der Kirche des Heiligen Grabes. Die Kirche wurde von 1543 bis 1545 erbaut. Sie war die Kirche eines Beginenhofes und wurde 1552 niedergebrannt. Der Beginenhof wurde von Albrecht von Brandenburg am Ende seines Lebens im Tiergarten errichtet. Beginen waren im Mittelalter und der frühen Neuzeit Frauen, die ein frommes und andächtiges Leben führten. Der Beginenhof bestand meistens um einen Innenhof gruppiertes architektonisches Ensemble verbunden mit einer Kapelle. Vorsteherin des Aschaffenburger Beginenkonvents wurde Agnes Pless, die Lebensgefährtin Albrechts von Brandenburg. Sie begleitete den Kardinal Albrecht sogar auf Reichstage. Sie war wohlhabend durch Besitz in Frankfurt. Nach dem Tod Albrechts 1545 wurde Agnes gefangen genommen, weil das Mainzer Domkapitel Wertgegenstände vermutete, die dem Erzbistum Mainz gehörten. Das Domkapitel erstritt 44.000 Gulden.

Schöntal Ruine

Schöntal – Ruine der Kirche des Heiligen Grabes

Bedeutend ist der Magnolienhain in Schöntal, dessen Blütenpracht im Frühling erstrahlt. Aktuell gibt es nach der kurzen Winterwärmeperiode schon Knospen, die aber durch den Kälteeinbruch wieder absterben werden.

Eine Herkulesstatue findet sich neben dem Magnolienhain. Herkules war der Sohn des Zeus und der Alkmene. Alkmene war die Frau des Königs Amphitryon von Mykene.

Schöntal Herkulesdenkmal

Schöntal – Herkulesstatue

Herkules bekam von König Kreon von Theben seine Tochter aus Dank für die Befreiung vom Tribut eines mächtigen Nachbarkönigs. Mit ihr zeugte er in glücklicher Ehe drei Kinder. Hera, die betrogene Gattin des Zeus erreichte durch List im Rat der Götter, dass Herkules dem König Eurystheus von Mykene untertan wurde, für den er zwölf Arbeiten zu vollbringen habe.

Die wichtigsten werden hier aufgeführt.

Herkules erlegt den Nemeischen Löwen und tötet die neunköpfige Hydra. Die Hydra wird auch die Lernäische Schlange genannt. Sie hatte neun Schlangenköpfe. Die Hydra wand sich um die Füße des Herkules, um ihn zu Fall zu bringen.Für jeden Kopf wachsen zwei neue wieder nach. Letztendlich versengte Herkules die Wurzeln der abgeschlagenen Köpfe mit brennenden Ästen. So konnten sie nicht mehr nachwachsen. Bald lag die Schlange tot am Boden. Herkules tauchte seine Pfeile in das Schlangengift. Dadurch wurden sie tödlich.

Zudem säubert er die Ställe des Augias von Elis. Dreitausend Rinder hatten über Jahre hinweg ungeheure Mengen von Mist erzeugt. König Augias fand die Tätigkeit des Stallausmistens eher komisch. Herkules brach Löcher in die Stallwände und ließ sogar einen Fluss in die Ställe umleiten, der den Mist hinweg spülte.

Schließlich bekam Herkules noch den Auftrag, Zerberus, den dreiköpfigen Höllenhund aus dem Hades heraufzuholen. Das wilde Geheule des Höllenhundes konnte Herkules nicht schrecken, er bezwang das Ungeheuer mit übermenschlicher Kraft. Eurystheus entsetzte sich so vor dem Höllenhund, dass er befahl, ihn in die Unterwelt zurückzubringen.

Herkules hatte zwölf Aufgaben erfüllt, er heiratete die schöne Deianeira. Auf der Reise nach Theben setzte er über einen Fluß über, an dem Nessos, ein Kentaur in Pferdegestalt als Fährmann tätig war. Herkules vertraute seine Frau dem Kentauren an, der ihr Leid antun wollte. Herkules traf den Kentauren mit einem vergifteten Pfeil im Rücken. Nessos schlug Deianeira vor, sein Blut in einer Schale aufzufangen und die Kleidung ihres Mannes damit zu tränken. Sie nahm den Vorschlag gutgläubig an und schickte Herkules zum Opferfest ein Gewand mit dem Blut des Nessos. Als Herkules das Gewand anzog, bemerkte er schlimmen Schmerz, konnte das Gewand aber nicht mehr ausziehen, es klebte unlöslich auf seiner Haut. Herkules wollte sich umbringen, als er vom Tod seiner reuigen Gemahlin erfuhr.Herkules wurde von den Göttern erlöst und in den Olymp aufgenommen. Von der Göttin Athene wurde er in den Kreis der Unsterblichen aufgenommen. Dort bekam er eine neue Frau, Hebe, die Tochter Heras.

Die Aschaffenburger Statue ist schätzungsweise über 250 Jahre alt. Sie wurde 1963 erworben. Seit 1985 steht sie im Magnolienhain, vorher war sie vor der Citygalerie zu sehen. Die Kolossalfigur stammt aus dem Schloss Friesenhausen bei Schweinfurt. Sie gehörte der Familie Zobel und kam dann in den Besitz der Familie Dalberg. Die Wappen beider Familien sind am Sockel zu sehen. Stifter waren wohlhabende Aschaffenburger Bürger auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Vinzenz Schwind (Überparteiliche Einheitsliste).

Fasanerie

Die Fasanerie wurde 1779 von Friedrich Carl Joseph von Erthal als Landschaftspark eingerichtet. Sie hatte die Aufgabe, tierisches Fleisch für Schloss Johannisburg zu liefern. „Fasanenjäger“ wurden dafür verpflichtet, um jährlich 800 bis 1.000 Fasanen zu liefern.

1824 ereignete sich in der Fasanerie ein Säbel-Zweikampf, den der „Forstcandidat“ Andrian-Werburg gegen einen Würzburger Studenten verlor. Es entstand ein Gedenkstein und das Andriansplätzchen.

Andrian Denkmal 2

Fasanerie Aschaffenburg – Andrian-Denkmal

Ein markantes Duell ist aus Russland überliefert. Der Dichter Alexander Puschkin starb am 27. Januar 1837 im Duell mit dem vermeintlichen Verehrer seiner Frau Georges-Charles d’Anthes Baron Heeckeren. Puschkins rechtes Hüftbein war von seinem Gegner zerschossen worden. Puschkin starb am 29. Januar 1837. Der russische Zar Nikolaus I. schrieb Puschkin: „Wenn es Gottes Wille ist und wir uns auf dieser Welt nicht mehr sehen sollten, dann nimm meine Verzeihung und meinen guten Rat: Sterbe wie ein Christ. Um deine Frau und um die Kinder mache dir keine Sorgen, ich werde mich um sie kümmern. Nikolaus I.“

Leider sind im Duell Andrian gegen den Würzburger Studenten keine derartig schwerwiegenden Mitteilungen eines Monarchen an den sterbenden Helden überliefert. Auch bietet sich der historische Fall in Aschaffenburg zur literarischen Bearbeitung an.

Ludwig I., König von Bayern, ließ den Park 1826 zur Erholung der Bürger herrichten. Der Fasaneriesee wurde 1872 auf ein Viertel verkleinert. Im Zweiten Weltkrieg wurde 4,5 ha Parkfläche durch Bombenabwürfe vernichtet.

Ein denkwürdiges Verbrechen geschah in der Fasanerie am 10. November 1938 – Reichspogromnacht. Die Frau eines der Opfer, Elsa Vogel, gab an, dass es nach 5.30 Uhr an der Wohnungstür in der Weißenburger Straße 40 geläutet habe. Nach den Öffnen drangen Männer in das Schlafzimmer ein und nahmen ihren Mann, Alfons Vogel, mit. Mehrere Personen, so erzählte Vogel, hätten auf ihn geschossen und ihn dann liegen lassen.1 Er habe sich an den Rand der Fasanerie geschleppt und sei dann in die Nähe seiner Wohnung gefahren worden. Seinem Retter, einem Milchhändler, erzählte Vogel, er sei von Unbekannten in die Fasanerie verschleppt worden und dort angeschossen worden. Eine Haushälterin aus Lohr berichtete, sie habe zwischen 5.30 Uhr und 5.45 Uhr in Höhe der Villa Nees in der Deutschen Straße einen Kraftwagen in die Fasanerie einbiegen sehen und drei Schüsse gehört.

Die Täter kannte Vogel nicht. Bei der Kleidung waren Slipon (Herrensportmantel), Schirmmütze und Stiefel auffällig.Der Mann mit der Mütze habe Münchner Dialekt gesprochen. Alfons Vogel starb am 16. November 1938 an seinen Verletzungen und Komplikationen, die mit seiner Zuckerkrankheit zusammenhingen.

Hischkopf am Forstamt

Hirsch Denkmal Favorite 2

Fasanerie Aschaffenburg – Hirschdenkmal

Auf dem Denkmal steht zu lesen: Plastik eines Spessarthirsches

Bis 1910 an der Hausfront der im Jahre 1807 gegründeten Forstlichen Hochschule in Aschaffenburg in Aschaffenburg/ Nach Verlegung des Forststudiums an die Universität München an dem im Jahre 1910 erbauten Forstamtsgebäude in Rohrbrunn angebracht.

Als dieses Gebäude im Jahre 1958 dem Bau der Autobahn durch den Spessart weichen musste! Fand dieses Erinnerungsstück forstlicher Tradition am Eingang zum neuen Forstamtsgebäude Rohrbrunn Aufstellung.

Großmutterwiese

Sie liegt mit 20.000 Quadratmeter Rasenfläche im Südwesten der Fasanerie. 1897 entstand das Ludwigsdenkmal, das seit 1969 hier steht. Ludwig I. (1785 bis 1868) war bayerischer König.Am bekanntesten im Leben dieses Monarchen ist die Affäre mit der irischen Tänzerin Lola Montez, die 1846 nach München kam. Das Ludwigsdenkmal entstand 1897 und ist ein spätklassizistisches Monument. Um das Denkmal ist ein Brunnen gestaltet. Auf der Vorderseite sind in einem Relief die Allegorien Bavaria und Historia dargestellt. Paul Pfann ist der Architekt des Brunnens. Der Bildhauer heißt Ernst Pfeifer. Seit 1969 steht das Denkmal auf der Großmutterwiese.

Ludwigsdenkmal

Großmutterwiese Aschaffenburg- Ludwigsdenkmal

Politisch war Ludwig I. eher konservativ und katholisch. Er wollte am Alten anknüpfen – die Klöster sollten wiederhergestellt werden. Die Benediktiner sollten wieder kommen. Außer den Jesuiten waren auch andere Orden willkommen. Die Münchner Universität wurde unter ihm aufgebaut. Perioden der Liberalität im Pressewesen nach 1825 folgte eine rigide Zensur 1832. Zeitungen wurden beschlagnahmt, liberale Professoren gemaßregelt und Vereine bespitzelt. Im Schulwesen kam es zu einer religiös-monarchischen Reform. 1834 wurde Karl von Abel bayerischer Innenminister. Er betrieb eine Verkirchlichung der Bildung. 1840 wurde er auch Finanzminister. Gegen seinen Vorgänger im Innenministerium, Ludwig von Oettingen-Wallerstein, kam es 1840 im Englischen Garten zu einem Pistolenduell, das unblutig endete. 1844 wurde Karl von Abel politischer Führer der Ultramontanen (d.h. romtreuer politischer Katholizismus), der den Protestantismus bekämpfte. Im Februar 1847 wurde Abel durch das Wirken von Lola Montez entlassen. Ludwig I. wollte aus der Tänzerin eine Gräfin Landsfeld machen.

Sein Nachfolger war liberal. Am 7. Februar 1848 gab es Studentenkrawalle und -tumulte. Nach der Februarrevolution von Paris kamen die „Märzforderungen“ nach München: Ministerverantwortlichkeit, Pressefreiheit, Wahlreform, Geschworenengerichte und Öffentlichkeit der Rechtssprechung. Am 16. März musste der König die Einbürgerung von Lola Montez zurücknehmen. Ludwig I. legte am 20. März 1848 die Krone nieder und sein Sohn Maximilian wurde sein Nachfolger.

Ludwig I. fühlte sich in Aschaffenburg wohl und machte es zu seiner Sommerresidenz. 1847/1848 ließ er das Pompejanum erbauen als Nachbildung des Hauses Caspar und Pollux im antiken Pompeji.

C. Schauer, Januar 2022

Literatur:

Main-Echo vom 4.12.1963 „Neue Anlage mit vier alten Statuen“

Main-Echo vom 6.12.1963 „Herkules fuhr ab nach Aschaffenburg“

Main-Echo vom 26.9.1985 „ … Herkules neben Magnolienbäumen“

Main-Echo vom 7.12.1963 „Herkules hielt Einzug im Schöntal“

Benno Hubensteiner, Bayerische Geschichte. Staat und Volk Kunst und Kultur, München 1980

M. Wischmann (Hrsg.), Sagen der Völker, München o.J.

Peter Körner, „Jetzt ist es mit Dir aus …“10.November in Aschaffenburg: Opfer und Täter Ahndung und Erinnerung, Aschaffenburg 2019

Uwe Schultz (Hrsg.), Das Duell. Der tödliche Kampf um die Ehre, Frankfurt am Main und Leipzig 1996

Ludwigsbrunnen – Kultur – Freizeit – Main-Echo

Information zum Großmutterwiese in Aschaffenburg finden Sie bei uns (guide-to-bavaria.com)

Schöntal (Aschaffenburg) – Wikipedia Stand 25.1.2022

Fasanerie (Aschaffenburg) – Wikipedia Stand 25.1.2022

Ludwig I. (Bayern) – Wikipedia Stand 1.2.2022

1Peter Körner, „Jetzt ist es mit Dir aus …“10.November in Aschaffenburg: Opfer und Täter Ahndung und Erinnerung, Aschaffenburg 2019, S. 45

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Die Entengasse und der Entengassensteg                                                                                                                                                     —————————————————–

Auffälligste Tiere in der Entengasse sind naturgemäß die Enten. In der Entengasse kann man einen Entenbrunnen bestaunen. Und das seit vierzig Jahren. Am 18. März 1981 wurde die von der Künstlerin Ricarda Rabe entworfene Entengruppe durch eine Gießerei angeliefert. Sie wurde nahe der Einmündung der Entengasse in die Hanauer Straße in der Nähe des Main-Echo-Gebäudes aufgestellt.

Entengruppe

Entenbrunnen Alzenau

Kurz vorher, im Februar 1981 war der neue Kahlsteg an der Entengasse montiert worden. Anfang 2017 wurde der baufällige Entengassensteg abmontiert. Der neue Entengassensteg wurde Anfang Mai 2017 angebracht. Die Lieferung erfolgte über eine Fachfirma aus Singen in drei Teilen. Die Brückenlänge beträgt 35,20 Meter. Die neue Brücke besteht aus einer Aluminiumkonstruktion.Der Bodenbelag ist gerillt und rutschfest. Der alte Entengassensteg wurde nicht mehr saniert, sondern abgerissen.

Bevor man den Entengassensteg von der Entengasse aus betritt, steht seit 1962 ein Bildstock aus Sandstein mit der Jahreszahl 1782 am Breite-Wiesen-Weg, der früher in der Hanauer Straße vor dem ehemaligen Gesundheitsamt stand. Oben zu sehen ist ein Jesus-Relief.

Bildstock Entengasse Alzenau

Bildstock vor dem Entengassensteg am Breite-Wiesen-Weg

Im März 2019 wurde ein Vorschlag der Stadtverwaltung diskutiert, die empfohlen hatte, den unteren Brunnen in der Entengasse und die Bänke zu entfernen, um die Parkplatzsituation in der Entengasse zu verbessern. Die Mehrheit des Ausschusses lehnte das Ansinnen ab. Der Brunnen sei intakt und die Bänke erfreuten in den Abendstunden die Anwohner. Die Parkplatzsituation sei durch die Beseitigung des Brunnens nicht entscheidend zu verbessern. Ins Visier für zusätzliche Parkplätze geriet der Brunnen am Maximilian-Kolbe-Haus, der häufig nicht funktioniere, so ein Stadtrat.

Der Name Entengasse erinnert an das ehemals dörfliche Leben in Alzenau. Es gab Zeiten, in denen täglich Enten in dieser Gasse hinab zu Kahl watschelten.

Ein Jahr vor dem Entendenkmal beschloss der Alzenauer Stadtrat im Mai 1980, dass Kugelleuchten aus weißem Opal-Material in der Entengasse ihr Licht verbreiten sollen. Die Höhe der Lampenständer wurden auf etwa 2,50 Meter festgelegt.

Bekanntester Alzenauer, der zeitweilig in der Entengasse wohnte , war der Filmemacher Hans Fischinger. Sein bekanntester Film war „Tanz der Farben“, der 1939 in Hamburg uraufgeführt wurde. Hans Fischinger bezeichnete diesen Film als Instrumentaltanz. Der Film „setzt gezeichnete Bewegungsphasen nach einer speziellen Partitur in kontinuierliche Bewegungen, meist in Linien und abstrakten Formen. Genau wie sein Bruder (Oskar Fischinger) setzt er damit die Tradition der Lichtorgeln, Farbenklaviere und Farblichtmusik fort.“1 Die Kunst galt in Deutschland damals als entartet. Fischinger wurde 1940 zur Wehrmacht eingezogen und wurde seit dem 10.8.1944 bei Jasny an der russischen Front vermisst. Wer einmal in einem filmgeschichtlichen Archiv gearbeitet hat wie ich im „Deutschen Institut für Filmkunde“, der weiß, dass Alzenau als Filmstadt mit Fischingers Namen verknüpft ist.

Eine besondere Art des Gedenkens brachten anonyme Personen letztes Jahr Anfang November an den Laternenpfählen der Entengasse zur Erinnerung an die Reichspogromnacht an. Erinnert wurde durch Gedenkschilder an Elsa Hamburger, die am 25.4.1942 im Ghetto Krasnystaw für tot erklärt wurde. Sie wurde am 10.3.1885 in O. Lauringen geboren und war die Ehefrau des Manufakturwarenhändlers Julius Hamburger. Des weiteren wurde an den Viehhändler Bernhard Hamburger gedacht, der am 2.8.1884 geboren wurde und laut Gedenktafel im April 1942 im Konzentrationslager Majdanek für tot erklärt wurde. (Die Geburtstage der Personen und die Berufe standen nicht auf den Gedenktafeln, sondern sind der Broschüre von Peter Winter „Skizzen zur Geschichte der Juden in Alzenau, Wasserlos und Hörstein“, Alzenau o.J. entnommen.)

1Hans Scheugl/ Ernst Schmidt jr., Eine Subgeschichte des Films. Lexikon des Avantgarde-, Experimental- und Undergroundfilms, 1. Band, Frankfurt an Main 1974, S. 280 f.

Hamburger Entengasse 1

Erinnerung an Elsa Hamburger

C. Schauer, Ende Oktober 2021
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Motorsport in Alzenau – Klappermühlchen Nachtrag

Das Gelände um das Klappermühlchen hat auch eine Tradition als Austragungsort von Motorradrennen in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Im August 1953 – laut einer Festschrift war das Rennen am 30.8.1953 – wurde mit der Fahrt „Rund um das Klappermühlchen“ die erste Veranstaltung des „Auto und Motorradclub Alzenau“ organisiert, der 1952 gegründet wurde. Damals erlebten rund 5.000 Zuschauer den Start von 80 Motorrädern. In der Presse hieß es damals „4.000 Zuschauer am Klappermühlchen“. Weiter heißt es dort: „Ueber 100 Motorsportler nahmen an der Alzenauer Geländefahrt teil. Zu einem Motorsport-Ereignis für den Kahlgrund wurde am Sonntag sie Mororrad-Prüfung ‚Rund um das Klappermühlchen‘. Unter der Schirmherrschaft des Alzenauer Landrats Dr. Degen rollte die Veranstaltung reibungslos ab. Dem Sportleiter Toni Schramm und Starter Fritz Schulz, die zu den Hauptinitiatoren der ADAC-Ortsgruppe zählen, war in erster Linie der einwandfreie Verlauf der Großveranstaltung zu danken …“

Nachfolgend sieht man ein Bild des Siegers der 500-ccm-Klasse „Rund um das Klappermühlchen“ mit der Startnummer 66.

Motorradrennen am Klappermühlchen

Später folgte das deutschlandweit renommierte „Hohler Bergrennen“, das über 10.000 Zuschauer besuchten.

Heutzutage trifft man neben Spaziergängern in erster Linie Fahrradfahrer und Mountainbiker am Klappermühlchen.

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Hexenwesen vor Ort und überregional                                                                                                                               

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Seit 2009 existiert ein Gedenkstein für die Opfer der Hexenverfolgungen im Freigericht Alzenau zwischen 1601 und 1605 . Den Verfolgungen fielen 141 Menschen zum Opfer (früher 139). Zwei in Steinheim hingerichtete Personen sind noch dazu gekommen.1

Hexendenkmal 2

Hexendenkmal in Hörstein

Wirft man einen Blick auf das Verhältnis von Frauen und Männern bei den Hingerichteten, so lässt sich ein klares Übergewicht von Frauen feststellen in den Dörfern des Freigerichtes.2

                              Zahl der Hingerichteten        Frauen       Männer           Verlustquote

Albstadt                            9                                     5                4                         7,6%

Michelbach                    17                                    17                –                          5,7%

Kälberau                         10                                     8                2                          6,9%

Alzenau                          34                                   29                 5                         9,7%

Wasserlos                       14                                   13                 1                         4,7%

Hörstein                         35                                   34                  1                        4,3%

Somborn                         4                                     4                  –                          5,7%

Neuses                            –

Jugendliche und Kinder fielen dem Hexenwahn im Freigericht nicht zum Opfer. Die Zeit von 1601 bis 1605 war der Höhepunkt der Hexenprozesse vor Ort, 1627 bis 1629 folgte noch eine weitere größere Hexenjagd. Berichtet wird zudem von einer Bittschrift der Freigerichter an den Kurfürsten von Mainz und den Grafen von Hanau, in der die Ausrottung der Hexen gefordert wird.3

Schlimm kam es für die Angehörigen der Hexenverfolgungsopfer: sie mussten die „Hexengelder“ aufbringen. Damit wurden die Kosten für das Gerichtspersonal bestritten und der Materialaufwand. Für das Freigericht ergaben sich insgesamt 13.896 Gulden an „Hexengeldern“. Zuständig für das Eintreiben des Freigerichts war der Amtmann. Das Vermögen der Hingerichteten wurde eingezogen.4 Von Bereicherungen an den Hexenprozessen wird vom Amtmann Jörg Friedrich von Thüngen berichtet. Auch das Erzbistum Mainz und die Grafen von Hanau erzielten finanzielle Vorteile aus den Hexenbränden.5

Werfen wir einen Blick auf einen Zeitgenossen, den Jesuitenpater Friedrich von Spee, der im Jahre 1631 zu den Hexenprozessen folgendes schrieb:

„I Es ist kaum zu glauben, was es bei den Deutschen für Aberglauben, Mißgunst, Verleumdung, Ehrabschneiderei, heimliches Gerede und dergleichen gibt. Diese Dinge werden von de Obrigkeit nicht bestraft, sie werden in Predigten nicht gerügt. Dadurch wird der Verdacht der Hexerei zu allererst in die Welt gesetzt. Alle göttlichen Strafen .die Gott in der Heiligen Schrift angedroht hat, stammen von den Hexen her. Gott und die Natur tun jetzt gar nichts mehr, sondern alles machen die Hexen.

II So kommt es, daß alle Welt schreit, die Obrigkeit solle nun das Verfahren gegen die Hexen einleiten.

III Also befehlen die Fürsten ihren Richtern und Räten, mit dem Prozeß gegen die Hexen zu beginnen.

IV Die wissen zuerst nicht, wo sie anfangen sollen, weil sie keine Indizien und Beweise haben und doch aus Gewissensbedenken nicht wagen, hier etwas ins Blaue hinein zu unternehmen.

V Das gemeine Volk schreit, dieses Zögern sei nicht unverdächtig, und etwa das gleiche reden sich die Fürsten ein.

VI Den Unwillen der Fürsten zu erregen ist aber in Deutschland sehr gefährlich

VII Endlich weichen de Richter also doch dem Willen der Fürsten und finden irgendwie einen Anfang für ihre Prozesse.

VIII Andernfalls wird ein besonders damit beauftragter Inquisitor geschickt. Bringt der nun Unerfahrenheit und ungestümes Wesen mit, so sind diese Dinge hier nichts als Rechtlichkeit und frommer Eifer. Diesen Eigenschaften ist die Aussicht auf Gewinn durchaus nicht abträglich, namentlich wenn der Inquisitor ein ärmlicher oder habgieriger Mann mit vielen Kindern ist, und für den Kopf jedes Einzelnen zum Feuertode Verurteilten eine Belohnung von etlichen Talern ausgesetzt ist.

IX Belastet dann irgendein Wort eines Besessenen oder eine böswillige Rederei eine armselige, mißachtete Frau, so ist sie die erste.

X Damit es jedoch nicht den Anschein hat, als ob der Prozeß nur auf dieses Gerücht hin angestrengt worden wäre, siehe, da ist gleich ein Indiz zur Hand, da man der Frau aus allem einen Strick dreht. Ihr Lebenswandel war ja entweder schlecht und sündhaft oder aber gut und rechtschaffen. War er schlecht, so sagt man, das sei ein starkes Indiz: denn von einer Schlechtigkeit darf man getrost auf die andere schließen. War ihr Lebenswandel indessen gut, so ist auch das kein geringes Indiz: denn auf diese Weise, so sagt man, pflegen die Hexen sich zu verstecken und wollen besonders tugendhaft erscheinen.

XI Es wird angeordnet, die Frau ins Gefängnis zu schleppen und seht, da hat man abermals ein neues Indiz. Denn sie zeigt dann entweder Furcht oder sie tut es nicht. Zeigt sie Furcht, wegen der zu erwartenden Folter, sagt man, sie habe ein schlechtes Gewissen. Zeigt sie keine Furcht, weil sie auf ihre Unschuld vertraut, sagt man, es sei überhaupt eine ganz besondere Eigentümlichkeit der Hexen, daß sie sich unschuldig stellen und den Kopf nicht sinken lassen.

XII Und an allen Enden zetert man, die Frau sei durch starke Indizien schwer belastet.

XIII Daraufhin wird sie schleunigst zur Folter geschleppt .

XIV Keinem Angeklagten wird ein Advokat oder eine unbeschränkte Verteidigung bewilligt, da man schreit, die Hexerei sei ein Sonderverbrechen, und da jeder, der die Verteidigung übernehmen wollte, selbst des Verbrechens bezichtigt wird.

XV Meistens jedoch, damit es so aussieht, als ob ihre Verteidigung nicht wenigstens irgendwie zugelassen worden wäre, wird sie vorerst zum Schein vor Gericht geführt. Es werden ihr zunächst die Indizien vorgelesen.

XVI Wenn sie sich vollkommen zu rechtfertigen weiß, dann ist das sogar ein neues Indiz, denn man sagt, wenn sie keine Hexe wäre, würde sie nicht so beredt sein.

XVII Ehe sie jedoch gefoltert wird, wird sie vom Henker beiseite geführt und, damit sie sich nicht mit Zaubermittelchen gegen den Schmerz gefeit macht, nach solchen abgesucht, indem er ihr am ganzen Körper die Haare abschert und die selbst dort, wo man ihr Geschlecht erkennen kann, schamlos beschaut.

XVIII Hierauf wird sie gefoltert, damit sie sich schlechtweg für schuldig erkläre.

XIX So wird sie also nach diesem Geständnis ohne Bedenken hingerichtet.

XX Gesteht sie nicht, so wird die Folter zwei, drei, vier Male wiederholt. Es gibt ja bei einem Sonderverbrechen keinerlei Vorschrift über Dauer, Schärfe oder Wiederholung der Tortur.

XXI Bricht sie jedoch trotz mehrmaliger Folterung immer noch nicht ihr Schweigen, verzerrt sie im Ankämpfen gegen die Schmerzen ihr Gesicht, erleidet sie eine Ohnmacht, dann rufen die Henker, sie lache und schlafe in der Tortur, sie gebrauche einen Schweigezauber und sei nun um so mehr schuldig.

XXII Geschieht es aber, daß irgendeine Angeklagte unter solchen Folterqualen den Geist aufgibt, dann behaupten sie, der Teufel habe ihr das Genick gebrochen.

XXIII Stirbt die Frau aber nicht oder wagen ängstliche Richter nicht, sie ohne neue Indizien weiter zu foltern, noch sie ohne Geständnis zum verbrennen, dann wird sie im Kerker festgehalten, in festere Ketten gelegt, um dort bis zu einem vollen Jahr mürbe gemacht zu werden, solange bis sie unterliegt.

XXIV Inzwischen schickt man ihr unwissende, ungestüme Priester, die noch unleidlicher als die Henkersknechte sind. Wenn sie sich nicht schuldig bekenne, versichern sie, gebe es schlechtweg keine Rettung für ihre Seele, könne sie nicht mit den Sakramenten versehen werden.

XXV Hat sich also erst einmal eine Angeklagte, von der Gewalt der Schmerzen getrieben, fälschlich beschuldigt, so richtet das unsagbares Unheil an. Sie wird gezwungen werden, noch andere, von denen sie gar nichts weiß, zu beschuldigen, deren Namen ihr nicht selten die Richter in den Mund legen. Die müssen dann wieder andere und diese ebenfalls andere anzeigen und so immer fort.

XXVI Wenn nur die Prozesse unablässig und eifrig betrieben werden, dann ist heute niemand, gleich welchen Geschlechts, in welcher Vermögenslage, Stellung und Würde er sei, mehr sicher genug, wenn er auch nur einen verleumderischen Feind hat, der ihn verdächtigt, ein Zauberer zu sein.“6

Soweit die Aufzeichnungen des Jesuitenpaters Friedrich von Spee 1631. Der Bericht war einer der wichtigsten zur Bekämpfung des Hexenwahns im 17. Jahrhundert. 1630 wirkte er als Beichtvater verurteilter Hexen.

Im Kreis Aschaffenburg stand das Thema Hexendenkmal 1994 einmal auf der Tagesordnung des Kreistages. Hier der Antrag im „Heimatboten“ vom 28.6.1994

Hexendenkmal 1994 Heimatbote

Hexendenkmal im Heimatboten vom 28.6.1994

C. Schauer, August 2021

1Vgl. Heimat- und Geschichtsverein Alzenau (Hrsg.), Hexenbrände im Freigericht Alzenau 1601 -1605, Alzenauer Geschichtsnotizen Nr. 9. Nov/2009

2Artur Heinl, Chronik Alzenau-Albstadt, Alzenau, 1983, S. 39

3Ebd.

4Ebd.

5Ebd.

6Manfred Hammes, Hexenwahn und Hexenprozesse, Frankfurt am Main 1983 (5. Auflage), S. 9 ff.

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Das Klappermühlchen im Alzenauer Stadtwald                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  

Das Klappermühlchen ist ein Miniaturmühlrad. Sein Wasserrad wird vom Einfallsgraben durch Wasserkraft betrieben. Aus dem Einfallsgraben entspringt der Mühlkanal, eine Rinne, die künstlich angelegt wurde. Er treibt das Mühlrad an. Das Mühlrad dreht eine Scheibe mit Zwergfiguren. Die sind durch eine Scheibe zu sehen. Mit der Scheibe werden vier kleine Hämmer betrieben, die auf Metallblättchen schlagen, wobei die Geräusche weithin vernehmbar sind. Eine Art Klappern ist das. Mittlerweile ist auch auf Youtube das Klappermühlchen zu sehen.

Erinnern kann man sich an das Lied “Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ . Ein Lied der Romantik mit dem Text von Ernst Anschütz. Die Melodie ist abgeleitet von dem Volkslied „Es ritten drei Reiter zum Tore hinaus“.

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach:

Klipp klapp.

Bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach:

Klipp Klapp.

Er mahlet das Korn zu dem kräftigen Brot,

Und haben wir dieses so hat‘ s keine Not.

Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!

Flink laufen die Räder und drehen den Stein: Klipp klapp! Und mahlen den Weizen zu Mehl uns so fein: Klipp klapp! Der Bäcker dann Zwieback und Kuchen draus bäckt, Der immer den Kindern besonders gut schmeckt. Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!

Wenn reichliche Körner das Ackerfeld trägt: Klipp klapp! Die Mühle dann flink ihre Räder bewegt: Klipp klapp! Und schenkt uns der Himmel nur immerdar Brot, So sind wir geborgen und leiden nicht Not. Klipp klapp, klipp klapp, klipp klapp!

Ich wundere mich, dass noch kein Alzenauer Gesangsverein oder Sängerbund auf die Idee gekommen ist, dieses Lied am Klappermühlchen zu singen.

Klappermühlchen 1

Das Klappermühlchen

1909 wurde das Mühlenhaus von einem Alzenauer Bürger namens Fritz Marx gebaut. 1973 wurde ein neues und größeres Klappermühlchen installiert, das das alte seit 1972 defekte Mühlchen ersetzte. Der Mechaniker Hermann Ott war der Konstrukteur der neuen Touristenattraktion.

Eine Besonderheit in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts war das Motorradrennen „Rund um das Klappermühlchen“, das vom Auto- und Motorrad-Club veranstaltet wurde und zahlreiche Zuschauer anlockte – einmal wurden 4.000 Zuschauer gezählt.

2012 wurde die Restaurierung des Klappermühlchens abgeschlossen. Tätig waren die Gebrüder Amrhein. Die Familientradition lässt sich bis auf Urgroßvater Fritz Marx als Stifter des ersten Mühlchens zurück verfolgen.

Das Klappermühlchen liegt im Einfallsgraben, einem 2,1 Kilometer langen Bach im Stadtwald. Umgangssprachlich heißt der Einfallsgraben auch Feldbach. Die Quelle des Einfallsgrabens findet sich am Fuße des Altenmarkskopfes an der hessischen Grenze.

Literatur

Main-Echo vom 21.4.1973 „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach …“

Amts- und Mitteilungsblatt vom 19.4.1973 „Das Klappermühlchen ‚klappert‘ wieder“

Main-Echo vom 24.4.1980 „Alzenaus Klappermühlchen erstrahlt in neuem Glanz“

Main-Echo vom 4.8.1984 „Im Alzenauer Stadtwald: 75 Jahre Klappermühlchen“

Main-Echo 5.4.2012 „Das Klappermühlchen läuft wieder“

Einfallsgraben – Wikipedia Stand 2.6.2021

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach – Wikipedia Stand 2.6.2021

Klappermühlchen Alzenau – YouTube

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Backöfen in Alzenau                                                                                                                                                    

Im ausgehenden Mittelalter hatte jeder Bauer seinen Hausbackofen. Gefahr war gegeben: „So viele Backöfen im Ort, so vielmal auch Feuersgefahr“. Die Gemeindebacköfen wurden als sinnvoller angesehen. Mitte des 16. Jahrhunderts erließ die Kurmainzische Landesregierung eine Forstverordnung, die den hohen Holzverbrauch einschränken sollte. 1618 wurde in Kälberau ein Gemeindebackhaus erbaut. Auch der Klausenverwalter durfte 1658 dieses Backhaus mit verwenden – gegen eine Gebühr von zwei Gulden. 1740 wurde der Plan wieder aufgegriffen. In kleineren Gemeinden sollte es bei einem oder zwei Backöfen bleiben, in größeren bei drei oder vier.1 Der Brotteig sollte zu Hause gefertigt und dann in die Gemeindebackhäuser gebracht werden. 1755 wurde angeordnet, dass ohne Kenntnis der Landesbeamten keine neuen Backöfen gebaut werden sollten. Noch 1806 erließ die Kurfürstlich Erzkanzlerische Landesdirektion eine Verordnung, wonach zur Verminderung der Feuergefahr auf die Minderung der häuslichen Backöfen zu drängen. Die Beseitigung der feuergefährlichen Backöfen wurde befohlen. Gemeinsame Backöfen sollten sie ersetzen.

In dieselbe Richtung stieß die bayerische Regierung 1829, indem sie die Privatbacköfen in den Gemeinden abschaffen ließ, die durch Gemeindebacköfen ersetzt werden sollten. 1837 übersendete das Königlich Bayerische Forstamt Aschaffenburg dem Landgericht Alzenau ein Schreiben, in dem für Gemeindebacköfen geworben wird. Der Brennholzbedarf sei dadurch geringer. 1838 bemerkte die Regierung für den Bezirk Alzenau:“ Das Königl. Landgericht hat wohl daran getan, bei der damaligen enormen Höhe der Holzpreise die Einführung von Gemeindebackhäusern und die Minderung von Privatbacköfen sich zu besonderen Augenmerk zu nehmen …“2 Als Übergangslösung zu Gemeinschaftsbacköfen wurden Gesellschaftsbacköfen angesehen.

1854 richtete das Landgericht Alzenau ein Rundschreiben an die Vorsteher der ihm unterstellten Gemeinden mit der Bitte eines Berichtes über der Sachstand bezüglich Backöfen. Vorsteher Niedenthal aus Alzenau teilte mit, dass seit 1845 ein Gemeindebackofen bestehe, der mit Bauplatz 600 Gulden gekostet habe. Einen Gesellschaftsbackofen gebe es nicht, dafür drei Bäckeröfen. Auch Privatbacköfen gebe es noch mehrere. Die Privatbacköfen seien ebenso wenig feuergefährlich wie die Bäckeröfen. Alzenau hatte damals 1.152 Einwohner. Der Brotbedarf lag bei etwa 300 Laib täglich. In Betrieb waren vier Öfen. Diese vier forderten den fünften Teil des Holzes, das verbraucht worden wäre, wenn Brot nur in Privatbacköfen gebacken worden wäre.

Wenig später wurde die Benutzung aller Privatbacköfen in Alzenau wegen Feuergefahr bei fünf Gulden Strafe untersagt. Ein Ortsbürger, der sich nicht daran hielt, wurde bestraft.

Mitte Juni 1937 konnte die Regierung Mainfranken melden, daß von den 43 Gemeinden des Bezirks 18 eigene Backöfen besitzen, darunter Alzenau 3 und Michelbach 2. In der Meldung hieß es unter anderem: „Die Gemeindebacköfen werden ausschließlich von minderbemitttelten kleinen Landwirten und Arbeitern benutzt. Das Brennholz wird durchweg von den Benutzern gestellt. Zur Beibehaltung der Gemeindebacköfen besteht zweifellos ein Bedürfnis. Gewiß würde das ortsansässige Bäckerhandwerk mehr verdienen, wenn die Gemeindebacköfen abgeschafft würden. Zu einer solchen Maßnahme besteht jedoch kein Anlaß, weil die Beseitigung einer alten, bewährten Einrichtung zum Schaden des überwiegenden Bevölkerungsanteils gereichen würde. Vertreten könnte allenfalls ein Verbot der Neueinrichtung von Gemeindebacköfen werden, keinesfalls aber ein Verbot der Erneuerung schadhaft gewordener Gemeindebacköfen . Das Bestehen der Gemeindebacköfen hat zu keinerlei Mißständen geführt. Dagegen würde ihre Abschaffung viel böses Blut machen, da man in einer solchen Maßnahme eine Schädigung gerade der Unbemittelten erblicken würde.“3 Um 1960 sah man kaum noch etwas von den alten Backhäusern. Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit trug zu ihrem Verschwinden bei.

Backofen

Backofen Alzenau

Im Bild ist der Backofen der Mühle Christ, deren Bestand etwa 400 Jahre nachgewiesen werden kann.4 Er steht zwischen Märkerstraße und Kahl in Alzenau. Der Backofen ist nach der Stadtkernsanierung erhalten geblieben, der Backbetrieb wurde Ende des 19.Jahrhunderts eingestellt.

In Kahl gab es seit 1650 einen gemeindeeigenen Backofen,der bis 1938 in Gebrauch war. Das Bauwerk ist quadratisch aufgebaut mit einem Kegel darüber. Ein ähnlicher Backofen existiert in Niedersteinbach. Die Backofennutzung war für alle Kahler Familien möglich. Bis zu drei Familien gestalteten die wöchentlichen „Backparteien“. Der Ofen war von montags sechs Uhr bis samstags vierundzwanzig Uhr in Betrieb.5 Die Nutzung war vergleichsweise billig -10 Pfennige waren zu entrichten.

Kahl Backes

Kahl am Main – Backes

In Mömbris – Niedersteinbach findet sich in der Alzenauer Straße noch ein alter Backofen.

1Karl Amberg, Denkmale des Brotes. Von Privat-, Gesellschafts- und Gemeindebacköfen im Kahlgrund, S. 92 f., in: Unser Kahlgrund 1960

2Ebd., S. 95 f.

3Ebd, S. 102

4Siehe Main-Echo vom 20.1.1978

5Vgl. Gemeinde Kahl a.Main (kahl-main.de)

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Das alte Alzenauer Spital in der Hanauer Straße 92

Aktuell beherbergt es die Jugendinitiative Alzenau und den Theaterverein „Kultburg“. Zudem sind Wohnungen darin untergebracht.

Auffallend ist die Josefstatue mit dem Jesuskind über dem Tor des 1824/1825 erbauten Gebäudes. Erbauer war der Ziegler Funk, der das Grundstück aus dem ehemaligen Klostereigentum Seligenstadt erworben hatte. Danach diente es als Hutfabrik. Eigentümer war Francois Joße, Sohn eines aus Frankreich ausgewanderten Hugenotten aus Hanau.

1870 erhielt das Bauwerk seine heutige Form. Der Landkreis Alzenau, der seit 1862 bestand, errichtete hier ein Krankenhaus. Eine bekannte Person arbeitete in dem Krankenhaus.Seit 1884 arbeitete im Distriktkrankenhaus in der Hanauer Straße Schwester Benedikta Hofmann. Sie war Mitglied der „Kongregation der Schwestern des Erlösers“ und Initiatorin der Dreifaltigkeitskapelle in Alzenau (Wingert).

Im Zweiten Weltkrieg diente das Spital als Lazarett. 1938 standen 43 Betten zur Verfügung. 1945 wurde das Spital als Altersheim genutzt. Von 1954 bis 1976 diente es als Staatliches Gesundheitsamt. Vorübergehend bis 1981 diente das Gebäude als Zulassungsstelle für Kraftfahrzeuge. In diesem Jahr wurde es von der Stadt erworben.Bis 1956 stand ein Glockenturm für die hauseigene Kapelle der Schwestern auf dem Grundstück. Er wurde mit der Glocke auf dem Alzenauer Friedhof angebracht. Die Glocke wiegt über 40 Kilo und stammt von einem deutschen Schulschiff Anfang des 20.Jahrhunderts. Von Mecklenburg fand sie 1948 den Weg nach Alzenau.

2014 stand der Abriss des ehemaligen Spitals zur Diskussion. Es sollte mehr sozialer Wohnraum geschaffen werden. Eine Online-Petition der Jugendinitiative gegen den Abriss war Mitte des Jahres erfolgreich.

In den Begründungen der Unterzeichner heißt es im Wesentlichen, dass dieses geschichtsträchtige Gebäude eines der letzten sei, dass ein Bild von Alt-Alzenau vermitteln könne. Zudem sei das Haus ein Ort, in dem seit vielen Jahren beispielhaft Toleranz und Miteinander gelebt werde.

Grundsätzlich wird das Ziel, sozialen Wohnungsbau in Alzenau zu realisieren, positiv bewertet. Doch müsse es für dieses Ziel andere Orte geben. Am 24. Juli 2014 legte der Stadtrat Alzenau die Pläne für den Abriß des ehemaligen Spitals zu den Akten.

Im Hinterhof des Spitals ist ein Bunker zu finden, der im Zweiten Weltkrieg genutzt wurde und seit Anfang der 90er Jahre als Proberaum für Rockbands dient.

Seit 2020 wird am Quartier „Am Spital“gebaut, in dem 34 Wohnungen und zwei Geschäftsräume entstehen sollen. Anfang letzten Jahres zog das „Café Arbeit“ in den Innenhof des ehemaligen Spitals. Das ehemalige Domizil des „Café Arbeit“ in der Kaiser-Ruprecht-Straße 10 wurde abgerissen.

Gesellschaftlich stand das Alte Spital im September 2019 im Vordergrund, als Jugendinitiative Alzenau, die Deutsch-Ausländische Gesellschaft Alzenau und der Theaterverein „Kultburg“ im Hof ein „Alternatives Kulturfest“ veranstalteten. Letztes Theaterstück der „Kultburg“ war 2019/2020 „Komödie im Dunkeln“ von Peter Shaffer.

Christian Schauer, März 2021
Altes Spital

Altes Spital, Alzenau

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Die Villa Meßmer und der Meßmerpark

Die Villa Meßmer entstand von 1900 (oder 1902?) bis 1903 (oder 1904?)1 auf einem Hügel gegenüber dem Bahnhof. Die Baukosten betrugen 100.000 Mark, die Flurabteilung hieß Rosengarten. Der Architekt war Claus Mehs. Seit 1968 wurde das Gebäude von der Pfarrei Sankt Justinus genutzt, heute ist es ein Restaurant.

Der Erbauer Otto Meßmer war Sohn eines Lebensmittelgroßhändlers. Er lebte in Frankfurt am Main. Dort gründete er eine Tee-Importgesellschaft. Seine Teemischungen fanden Anerkennung. Tee importierte er überwiegend aus London. Kurz vor 1900 zog er sich aus dem Teehandel zurück.

Otto Meßmer lebte von 1858 bis 1940. Er ließ sich 1895 die Marke „Meßmer-Tee“ schützen. Heute fasst das Sortiment der Marke Meßmer 46 Teesorten und Teemischungen.

Als Hobby war er Jäger im Raum Alzenau. Vor der Villa ließ er zunächst eine Jagdhütte errichten. Das Gebäude ist villenartig. Herausragend ist der mittelalterliche Turm, der dem Sinwellturm der Nürnberger Burg nachgebildet ist. Der Turm repräsentiert den Historismus in der Architektur, der historische Vorbildbauten imitieren will. Zwischen dem Wohnhaus und dem Turm wurde eine Verbindungshalle angebracht. Die Verbindungshalle bildete zu Meßmers Zeiten das gesellschafliche Zentrum.

Der Sinwellturm der Nürnberger Burg wurde im 13. Jahrhundert errichtet. „Sinwell“ bedeutet im Mittelhochdeutschen „gewaltig rund“. Charakteristisch ist die zylindrische Form. Nach 1560 entstand ein zusätzliches Geschoss und ein Zeltdach mit Spitzhelmaufsatz. Der Turm entsprach funktional einem Bergfried und hatte vorrangig Wehr- und Statuszwecke. In erster Linie sollte er der Abschreckung dienen. Der Bergfried galt als sicherer Aufbewahrungsort.

Nach dem 8.Mai 1945, dem Tag der deutschen Kapitulation, ließen sich die US-Amerikaner in Alzenau nieder. Die Villa Meßmer wurde als Kasino benutzt. Amerikanische Offiziere wohnten in ihr, daneben ein Zahnarzt und ein Priester. Damit hatte das Anwesen eine führende Position als Niederlassungsort für die Armee der Amerikaner neben dem Haus von Dr. Karl Hofmann in der Gunkelsrainstraße, in dem Kapitän Newman residierte und einem Anwesen im Mühlweg, in dem der Kommandeur der US-Armee sich einquartierte.2

In Michelbach gab es als beschlagnahmtes Anwesen unter anderem die Villa Karl Köhl – heute an der Kreuzung Kälberauer Straße, Schloßstraße und Staatsstraße 2305. Das Gebäude diente bis Juli 1946 als Offizierscasino.3

Der Meßmerpark wurde im Rahmen der Landesgartenschau 2015 in Alzenau neu angelegt. Eingeweiht wurde der Park schon im Herbst 2014. Die ursprüngliche Parkanlage wurde 1903 von dem Frankfurter Landschaftsarchitekten Philipp Siesmayer konzipiert. Sein Vater war Heinrich Siesmayer (1817 – 1900), der Landschaftsarchitekt des Frankfurter Palmengartens. Ein Parkbrunnen bildet den Blickfang des Parkes. Im westlichen Parkteil wurden Obstbäume angepflanzt – in historischer Tradition.

Im Park finden gelegentlich Lesungen statt. Zudem gab es im letzten Jahr eine Waldbühne im Meßmerpark, auf der Kindertheater gezeigt wurde.

1Die Angaben variieren nach https://de.wikipedia.org/wiki/Villa_Meßmer und Walter Scharwies, Alte Photographien erzählen aus Alzenau, Alzenau 1988 (2. Auflage), S.56

2Vgl. Edgar Meyer, Alt Alzenau – neu entdeckt. Der Nationalsozialismus, sein Ende und die Zeit danach, Alzenau 1995, S. 62

3Vgl. Heimat- und Geschichtsverein Alzenau (Hrsg.), 70 Jahre Kriegsende. Machtergreifung-Krieg- Kriegsende und Nachkriegszeit – Vertreibung – Wiederaufbau, Alzenau 2015 (Geschichtsnotizen 14), S.176 f.

villa-messmer-1-1 Villa Meßmer, Alzenau ————————–
Der Kinderbrunnen im Hauckwald

Der Kinderbrunnen enstand anläßlich des zehnjährigen Bestehens des Lions-Clubs Aschaffenburg- Alzenau 1994. Im Juni 1994 wurde er im Alzenauer Hauckwald als Höhepunkt eines Kinderfestes eingeweiht. Der Stadtrat Alzenau hatte dem Angebot des Lions-Clubs zugestimmt, die künsterlische Ausgestaltung des Brunnens zu übernehmen.

Der Künstler Theo Steinbrenner war der Gestalter des Brunnens. Er stammt aus Schwarzach am Main und schuf bis damals schon 130 Brunnen im In- und Ausland. Im Dezember 2018 ist er zweiundsiebzigjährig gestorben. 2002 war er zudem Gestalter des Denkmals für Ludovica Freifrau von des Bordes in Wasserlos.

Die Anlage des Brunnens im Hauckwald ist kreisrund. In der Mitte steht eine wasserspendende Säule mit anfliegenden Tauben. Zentral platziert sind zwei lebensgroße Plastiken mit Kindern, die mit dem Wasser spielen. Im Bereich des Brunnens verteilt findet man zehn unterschiedlich große Sandsteinblöcke, auf denen Vögel sitzen. Der Brunnen soll nicht monumental wirken, sondern die Kinder zum Spiel animieren.

Der Kinderbrunnen im Hauckwald

Technisch war die Stadt Alzenau mit den Vorarbeiten befasst. Das Kinderfest ging am 12. Juni 1994 über die Bühne. Angeboten wurden ein Glücksrad, ein Karussell, Kinderschminken, Ballondrehen und die Hexe Walburga. Für die Bewirtung des Festes sorgte die heimische Gastronomie, unter anderem der „Fränkische Hof“ und das Hotel „Zum Freigericht“ aus Alzenau.

Der Kinderbrunnen befindet sich im Hauckwald, der 1,5 ha groß ist. Er ist Teil des Ortsteiles Oberschur. Weitere Attraktionen im Hauckwald sind ein 36 Quadratmeter großes begehbares Luftbild (Überbleibsel der Landesgartenschau 2015), das Kriegerdenkmal, ein Spielplatz, der Bildstock Maria Maienkönigin und die Anton Schnack Gedenktafel. Neben dem Hauckwald steht die Kindertagesstätte „Am Hauckwald“.

Nach dem Sturm am 18. August 2019 musste der Park für mehrere Tage gesperrt werden. Es bestand die Gefahr, dass weitere herabstürzende Bäume Menschen beim Betreten gefährden könnten. Das Grundproblem des Geländes ist der sandige Untergrund. Ein Stamm wurde liegengelassen, um an den desaströsen Sturm zu erinnern.

Neben den Kinderbrunnen wurde 2008 eine Friedenslinde gepflanzt. Sie erinnert an 50 Jahre Patenschaft Alzenau Alzen/ Oberschlesien – heute Polen. Auf der Inschrift ist zu lesen: „Die Linde gilt als Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat sowie als Platz der Gemeinschaft“.

Literatur: Main-Echo vom 7.6.1994

Der Heimatbote vom 7.6.1994

Volksblatt vom 14.6.1994

Main-Echo vom 14.6.1994

Main-Echo 26.1.2019 Main-Echo 20.9.2019 https://de.wikipedia.org/wiki/Hauckwald – Stand 17.8.2020 Franz Perseke, Bildstöcke und ausgewählte Kulturdenkmäler im ehemaligen Landkreis, Alzenau Aschaffenburg 2009 https://de.wikipedia.org/wiki/Theophil_Steinbrenner – Stand 17.8.2020

Die Kahl in Alzenau – Renaturierung, Bildstöcke und Landschaft

Frühling an der Kahl

Die Kahl bietet aktuell vielen Kindern einen Badespaß. Vor allem an sonnigen Tagen ist der Besucherandrang groß. Der Generationenpark bietet zudem noch einen Spielplatz.

Der aus dem Ortsteil Wasserlos herabströmende Neuwiesenbach und der am Waldschwimmbad entspringende Sälzerbach münden in eben jenem Generationenpark als die letzten beiden Zuflüsse vor der Mündung in die Kahl.

Zwischen Alzenau und Kahl am Main war der Fluß lange stark begradigt. Im Jahr 2013 ist die Kahl auf ihren Flusskilometern 4,5 und 6,7 (gemessen ab der Mündung in Kahl) renaturiert worden. Das ist der Bereich zwischen der Autobahnbrücke und der Mühlwegbrücke in Alzenau. Damals wurden neun Gewässerschleifen angelegt. Fünf der neun dabei entstandenen Altarme sind bewusst nicht verfüllt worden und blieben erhalten. Vor der Renaturierung wurden in dem Bereich sieben Fischarten registriert, aktuell sind es zehn. Als beachtlich wurde es gewertet, dass der Schneider in der Kahl heimisch geworden ist. Die Bachforelle ist nicht im gewünschtenm Umfang anzutreffen. Mittlerweile ist auch das Bachneunauge vorhanden.

Zwei Bildstöcke sind in Alzenau in der Nähe der Kahl zu finden. Der eine steht am unteren Ende der Entengasse neben dem Fußgängersteg. Auf dem Sandstein steht die Zahl 1782. Früher stand er in der Hanauer Straße vor dem ehemaligen Gesundheitsamt. Eine Renovierung fand 1962 statt, seitdem steht er an der Entengasse.

Christophorus Bildstock

Ein zweiter Bildstock steht in der Nähe der Kahlbrücke in der Kaiser Ruprecht Straße. Der Bildhauer war von 1986 an der Aschaffenburger Künstler Willibald Blum. Auch er ist aus rotem Sandstein erbaut. Abgebildet ist der Heilige Christophorus (griechisch „Christusträger“), der der Legende nach, das Christuskind über eine Fluß trug. Er symbolisiert die Überwindung des Wassers. In der westkirchlichen Ikonographie wird er als Riese mit Stab dargestellt. Er zählt zu den vierzehn Nothelfern. Es handelt sich dabei um vierzehn Heilige aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert. Die Gruppe besteht aus drei weiblichen und elf männlichen Heiligen, von denen alle bis auf den heiligen Ägidius als Märtyrer starben.

In der ostkirchlichen Tradition wird er als „Hundsköpfiger“ dargestellt.1 Möglicherweise hat er um 250 nach Christus (römischer Kaiser war damals Decius) in Lykien (Südwesttürkei) das Martyrium erlitten. Sein Gedenktag ist der 24. Juli.

Die anderen beiden Halbreliefs ziegen Sankt Florian und Nepomuk. Nepomuk trägt als Brückenheiliger ein Kreuz in der Hand. Da er häufig auch mit Sternenkranz und mit dem Finger auf dem Mund dargestellt wird, bedarf es einiger detektivischer Arbeit, um ihn zu identifizieren. Der historische Johannes Pomuk lebte im 14. Jahrhundert in Böhmen. Wegen seiner Verteidigung der Rechte der Kirche überwarf er sich mit König Wenzel IV., der ihn 1393 der Legende nach in die Moldau werfen ließ, weil Pomuk das Beichtgeheimnis nicht brechen wollte.2

Florian Bildstock

Florian von Lorch lebte im 3.Jahrhundert im keltischen Norikum im heutigen Österreich in Sankt Pölten. Wegen der Bekehrung zun christlichen Glauben wurde er verhaftet und zum Tode verurteilt. Um 304 wurde er in der Enns ertränkt- wie 40 weitere Märtyrer. Es war die Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian (303/304).Florian zählt zu den vierzehn Nothelfern. Dargestellt wird er oft mit einem Wasserkübel oder einem Mühlstein um den Hals.3 Florian gilt als Schutzpatron gegen Feuer und der Feuerwehr. Für Feuerwehrleute existiert auch die Bezeichnung Floriansjünger.

Die Entwürfe wurden Ende 1986 in der Stadtbibliothek Alzenau ausgestellt. Wenig später wurde der Bildstock in der Nähe der Ruprechtsbrücke aufgestellt. Der Aschaffenburger Willibald Blum setzte sich mit seinen Reliefs gegenüber drei konkurrierenden Künstlern durch. Der Dreierstein wurde zum Abschluß der Hochwasserfreilegung zwischen Mühlweg und Birkenbergbrücke in Auftrag gegeben. Die Kosten für das Kunstwerk betrugen 45.000 D-Mark, der Stein kostete etwa 10.000 Mark.

Der Aschaffenburger Künstler Willibald Blum starb 2009, seine Kunstwerke waren stark religiös geprägt. Zusätzlich kam er in Alzenau noch einmal zum Zuge. 1987 gewann er etwa zur gleichen Zeit der Entstehung des Bildstockes an der Kahl mit der Bronzeplastik „Die Sonne und der Regen“ den vom Landkreis Aschaffenburg ausgeschriebenen Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung des Krankenhaus-Vorplatzes in Wasserlos.

Der Name Kahl stammt vom althochdeutschen Wort „kaldaha“ und dem mitelhochdeutschen „kalde“ ab. Das bedeutet kalt, kühl und klar. Bei sehr niedrigem Wasserstand wie im Sommer 2018 nach der Hitzewelle kann das Adjektiv kühl für das Wasser sicher nicht mehr dem tatsächlichen Zustand entsprechen.

In Kahl am Main mündet die Kahl in den Main. Der bedeutendste Ort an der Kahl ist allerdings Alzenau.

Aktuell findet an der Kahl manche Veranstaltung nicht wie gewöhnlich statt. Wegen der Corona-Krise gab es keinen Pflanzenmarkt im Frühjahr und auch keinen Familientag im Juni. 2017 erregte der Diebstahl von acht der dreißig Liegestühle auf dem Gartenschaugelände Aufsehen. Aktuell sieht man nur noch wenige.

Der drei ha große Generationenpark wird nördlich von der Kahl begrenzt. Auf ihm und im Energiepark fand 2015 die Kleine Landesgartenschau statt. Über den Hauckwald ist das ehemalige Gartenschaugelände mit dem Energiepark verknüpft. Der Biergarten ist aktuell wieder geöffnet. Nebenan bedindet sich eine Kneipp-Anlage. Zwei Tischtennisplatten werden zudem rege genutzt. C.S. Juni/Juli 2020

2 Die Heiligen für jeden Tag. Viten, Legenden, Attribute & Patrozinien, Leipzig o.J., S. 144 und https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Nepomuk 17.7.2020

3 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Florian_von_Lorch 17.7.2020 und vgl .Die Heiligen für jeden Tag, a.a.O., S. 132

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Georg Sebastian Ullrich (1871 bis 1941)

Geboren wurde er im Ullrichshäuschen in der Kahlgasse, heute Mühlweg 2, Alzenau. Seine Eltern waren das Tagelöhnerehepaar Konrad Ullrich und Margarete, geborene Botzem. Seine Lehre machte er in der Alzenauer Zellulosefabrik. Er erlernte das Schlosserhandwerk. Von 1890 bis 1893 arbeitete er als Fabrikschlosser in der Hanauer Pulverfabrik nach drei Jahren Lehrzeit. Zudem arbeitete er bei der Firma Pelissier in Hanau und in den königlichen Betriebswerkstätten der Eisenbahn im Direktionsbezirk Frankfurt am Main. 1891 bis 1894 besuchte er die königlich bayerische Maschinenbauschule im Würzburg. Danach fand er eine Stellung als Assistent des Betriebsingenieurs bei den Elberfelder Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. Anschließend war der junge Ingenieur bei den Firmen Fries & Sohn und bei der Deutsch-Amerikanischen Maschinenfabrik Frankfurt am Main beschäftigt – als Konstrukteur für Maschinenbau und Eisenhochbau.

1899 stieg er auf zum Ingenieur der Versuchsstation für Aufbereitung in der „Metallbank und Metallurgischen Gesellschaft in Frankfurt am Main“. Ullrich wurde damit betraut, das neue magnetische Wertherill-Scheideverfahren für die Trennung schwachmagnetischer Erze in der Praxis zu testen. Dies sollte in Australien geschehen. Dort gab es die Schwestergesellschaft „Australian Metal Comp“. Bald gelang es ihm, eine neues magnetisches Scheideverfahren und eine Maschine für tockenmagnetische Scheidung zu erfinden. 1902/1903 reiste Ullrich ein zweites Mal nach Australien – im Auftrag der „Metallurgischen Gesellschaft“. Er stieg zum Betriebsdirektor der dortigen Aufbereitungswerke auf.

Über die damalige Zeit schrieb er: „ Es war mir eine besondere Freude, daß ich als Mitglied der Institution of Mining and Metallurgie, sowie der Mine Manager Association Brokenhill Gelegenheit hatte, der Industrie meines Vaterlandes bei dem Absatz ihrer Maschinen für Aufbereitung und Bergwerksbetrieb in Australien und dem Einkauf der Silber- Zink- und Blei- Conzentrate für das deutsche Hüttenwesen gute Dienste leisten zu können.“1

Noch steigern konnte sich Ulrich 1906. Bis dahin konnten schwachmagnetische Erze nur auf trockenem Wege geschieden werden. Gesundheitlich war das gefährlich wegen des Einatmens des Staubes. Dieser entwickelte sich bei sulphidischen und carbonathaltigen Blei-, Zink- und Silbererzen. Viele Arbeiter erkrankten an Bleikolik.

Ullrich baute eine neue Ringmaschine , die das Problem der Scheidung schwachmagnetischer Erze vollständig auf nassem Wege löste. Die „Institution of Mining and Metallurgie“ in London bot ihm darauf die Mitgliedschaft an. Er heiratete 1908 die Engländerin Ethel Anna Birmingham und kehrte danach mit seiner wohlhabenden Frau nach Deutschland zurück.

Bei der Firma Friedrich Krupp, Grusonwerk AG, in Magdeburg fand er seine Lebensstellung. Ein weiterer Höhepunkt seiner Tätigkeit war die Rückgewinnung von Brennstoffen, Koks und Kohle aus Feuerungsschlacken. Angesichts der großen Brennstoffnot nach dem 1. Weltkrieg galt dies als große Leistung.2 Bald wurden Schlackenscheidungsanlagen betrieben, die etwa 12.000 Tonnen Schlacken pro Tag verarbeiten konnten.

Seinen Lebensabend verbrachte er in Alzenau, wo er 1908 von Tierarzt Karl Härtle dessen Haus in der Wasserloser Straße erwarb. 1938 schied er aus der aktiven Tätigkeit bei Krupp Magdeburg aus und zog sich nach Alzenau in das Privatleben zurück. Im November 1941 starb er an einem Herzschlag.

Anläßlich seines 15. Todestages am 23.11.1956 wurde durch Beschluß des Alzenauer Stadtrates der freie Platz vor dem Zollamt „Dr. Ullrich-Platz“ benannt.

Er war der Inhaber von über 600 Patenten.3 Zudem war Ullrich ein großer Kunstsammler. So besaß er unter anderem japanische Hinterglasmalereien, chinesische Jadeschnitzereien, venezianische Gläser, dalmatinische Gemmen und und asiatische Elfenbeinschnitzereien.

Ullrich-Denkmal in Alzenau

Literatur:

Karl Amberg, Ein Alzenauer mit 600 Patenten. Die Kreisstadt ehrt einen großen Sohn, in : Unser Kahlgrund 1957

Main-Echo vom 11.2.1997 „Die Straßennamen und ihre Bedeutung“

https://www.bavarikon.de/object/bav:UBR-BOS-0000P810XTB00007?p=810

https://www.geni.com/people/Dr-Ing-h-c-Georg-Sebastian-Ullrich/6000000033047381985

1Karl Amberg, Ein Alzenauer mit 600 Patenten. Die Kreisstadt ehrt einen großen Sohn, in : Unser Kahlgrund 1957, S. 67

2Ebd., S. 68

3Main-Echo vom 11.2.1997 „Die Straßennamen und ihre Bedeutung“

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Dreifaltigkeitskapelle Alzenau

Dreifaltigkeitskapelle Alzenau

Massiver Satteldachbau 1892

In der Kapelle: Bildstock 1758 mit Heiliger Dreifaltigkeit, Flurabteilung Wingert

Der Barockbildstock aus rotem Sandstein in der Dreifaltigkeitskapelle wurde 1758 von Sebastian Weismüller und seiner Ehefrau Anna Eva gestiftet.

Über der Eingangstür steht ein Gedicht: „Was schimmert auf dem Berge so schön, wenn die Sternlein hoch am Himmel aufgeh’n? Das ist die Kapelle, still und klein, sie ladet den Pilger zum Beten ein.“

Entstehung: Seit 1884 arbeitete im Distriktkrankenhaus in der Hanauer Straße Schwester Benedikta Hofmann. Sie war Mitglied des Ordens „Kongregation der Töchter des Allerheiligsten Erlösers“- so genannt im Jahre 1866- (seit 1969 „Kongregation der Schwestern des Erlösers“). Eine Niederlassung befand sich seit 1854 in Würzburg.

Die Schwester hatte einen Traum, wonach sie in den Weinbergen über dem nordwestlichen Ausgang Alzenaus an der Stelle des Dreifaltigkeitsbildstockes eine Kapelle erbauen lassen solle. Sie offenbarte ihren Traum einem Maurerpolier und einem Baumeister. Schließlich kam unter Mithilfe zahlreicher Bauern und einem Zimmermeister 1892 die Dreifaltigkeitskapelle zustande. Das Grundstück ist heute im Besitz der Kirchengemeinde. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand hier eine Weinbergshütte der Gemeinde.

In der Nähe stand seit 1758 ein Bildstock aus Buntstandstein, den die Eheleute Weismüller hatten aufstellen lassen. Auf ihm sind Symbole der Heiligen Dreifaltigkeit zu sehen. Auf der Rundsäule ist das Reliefbild des heiligen Sebastian zu sehen. Stifter war Sebastian Weismüller, der 1747 Susanne, die Tochter des Alzenauer Lehrers Cembgen heiratete. Er stammte aus Kreutz bei Fulda. Sie starb schon 1748. Ebenso der gemeinsame Sohn. Seine zweite Frau, Anna Eva, und Sebastian stifteten 1758 den Bildstock. Der Stifter starb 1759, der Bildstock bildete nach einer kleinen Versetzung den Mittelpunkt der Kapelle.

Sebastian war ein römischer Soldat, der wahrscheinlich 288 in Rom starb. Seit dem 4. Jahrhundert wird er in der katholischen und später in der orthodoxen Kirche als Märtyrer und Heiliger geehrt. Wahrscheinlich im 5. Jahrhundert bildete sich rund um sein Grabmal und den Namen – Sebastian bedeutet „der zum Kaiser Gehörende“ – eine Heiligenlegende.

Die Jugend verbrachte Sebastian in Mailand. Wegen guter Eignung wurde er zum Offizier der Leibwache von Kaiser Diokletian (Kaiser von 284 bis 305) und Maximian (Kaiser von 286 bis 305) ernannt. Es ist überliefert, dass sich Sebastian als Hauptmann der Prätorianergarde am kaiserlichen Hof öffentlich zum Christentum bekannt und notleidenden Christen geholfen hatte. Diokletian verurteilte ihn deshalb zum Tode und ließ ihn erschießen – durch numidische Bogenschützen.

Im Glauben, er sei tot, ließ man ihn danach liegen. Sebastian war jedoch nicht tot, sondern wurde von einer frommen Witwe, der heiligen Irene (gestorben etwa 288, Witwe des heiligen Märtyrers Kastulus), die ihn eigentlich für das Begräbnis vorbereiten wollte, gesundgepflegt. Glaubensstark kehrte er nach seiner Gesundung zu Diokletian zurück und bekannte sich erneut zum Christentum, was ihm abermals nicht gut bekam.

Diokletian befahl daraufhin, ihn mit Keulen im Circus zu erschlagen. Sebastians Leichnam warf man in die Cloaca Maxima (Kanalisation). Dort wurde er von Christen geborgen. Er soll ihnen im Traum den Ort seines Ablebens übermittelt haben.

Diokletian war ein brutaler Christenverfolger. 303 veranlasste er mit den anderen drei Kaisern das Edikt on Nikomedia, das die Vernichtung der Christen zum Ziel hatte.

Zu den Attributen des heiligen Sebastian gehören Pfeile, die seine Brust durchbohren. Angerufen wird er gegen die Pest und andere Seuchen. Zudem ist er Patron der Sterbenden, der Eisenhändler, Töpfer, Gärtner , Gerber und Bürstenbinder sowie der Polizisten in Deutschland und Italien etc., zudem ist er Patron der Sportler.

Heiligenlegenden beinhalten in erster Linie eine Glaubenswahrheit. Sie haben häufig einen Kern historischer Wahrheit.

Der Bildstock blieb nicht am alten Ort und bildet seit 1892 dem Mittelpunkt der Kapelle. Die Initiatorin der Kapelle Benedikta starb 1918. Mittlerweile ist die Wohnbebauuung dort fortgeschritten. Am Dreifaltigkeitssonntag (Sonntag nach Pfingsten) findet eine Andacht auf dem Platz vor der Kapelle statt. 1955 gab es eine grundlegende Sanierung. In den 70er Jahren entstanden neue Fenster durch den Alzenauer Künstler Franz Wilz.

Quellen:

Wikipedia Heiliger Sebastian, Stand 13.4.2020

Wikipedia Kongregation der Schwestern des Erlösers, Stand 13.4.2020

Heiliger Sebastian – Durchbohrtes Vorbild der Sportler von Agathe Lukassek 20.1.2020, in: http://www.katholisch.de

Walter Scharwies, Das Alzenauer Wingertkapellchen wird hundert Jahre alt, in: Unser Kahlgrund 1992, S. 69 – 71

Franz Perseke, Bildstöcke und ausgewählte Kulturdenkmäler im ehemaligen Landkreis Alzenau, Aschaffenburg 2009

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Den Blick vom Hauckwald zur Burg genoß schon Anton Schnack

Widmung für Alzenau von Anton Schnack Geliebter Ort: Großmutter, Mutter lebten dort Und schlafen auf dem Friedhof nun für Ewigkeit fort. Anmutig angelehnt Am Hahnenkamm, der waldbedeckt sich dehnt Von Wanderslust ersehnt. Versteckt in Gartengrün, Ein jeder Frühling flammt mit weißem Blüh’n Um deine Burg, steinkühn. Durchflossen sanft und schmal Vom Wasserlauf der Kahl, Entquollen wiesengrünem Spessarttal. Ihr Wehr Sang Rauschen meiner Jugendunruh her. Das sprach: „Ich wandere zum Meer!“ Akaziendüfte süß und fein; Der Juniabend wehte sie vom Hauckwaldhain, Verschwieg’ner Liebe Stelldichein. So manche warme Sommernacht In seiner Blätterdämmerung verbracht, Geküsst, geschäkert, jugendfroh gelacht. Landschaft mit Obst beschenkt, Die Äste übervoll behängt, Wenn sich der Herbst blaudunstig niedersenkt. Der Mädchen holde Schar Schon immer lieblich war, Zu uns’rer Freude auch in diesem Jahr. Seid ebenfalls gelobt, Ihr Freunde, treu erprobt, Hier haben wir gezecht, gesungen, lebensfroh getobt. Rundum von Wald umspannt, Oh Alzenau: Kleinod im Frankenland, Weithin berühmt, bekannt! Geliebter Spielpatz meiner Knabenzeit, Der Jüngling fand hier Liebeslust- und Leid Der Mann ruht hier vielleicht für immer aus doch hat’s noch Zeit! .

Lebensdaten Anton Schnack (Auszug mit Regionalbezug)

Am 21. Juli wird 1892 Johann Anton Schnack als drittes Kind des Gendarmeriestations-Kommandanten und späteren Gerichtsvollziehers Hermann Schnack (1853-1913) und dessen Frau Elisabeth (Elise) geb. Faik (1855-1943) im unterfränkischen Rieneck an der Sinn geboren. Seine Geschwister sind Eugenie (1886-1978) und Friedrich (1888-1977), der später ebenfalls Schriftsteller wird.

1915 zieht die Mutter ins elterliche Anwesen nach Alzenau in Unterfranken um; Anton Schnack begleitet sie. Er arbeitet im Kahltal-Boten mit. Im November wird er zum Kriegsdienst einberufen.

1917 wird er beim Kommunalverband Alzenau als Mühlen- und Lebensmittelkontrolleur dienstverpflichtet.

Am 24. Oktober 1924 heiratet er Maria Glöckler (1901-1978).

Von 1937 bis 1943 wohnt er in Frankfurt am Main.

1945 gerät Schnack in amerikanische Kriegsgefangenschaft; nach seiner Entlassung geht Schnack nach Kahl am Main, wo er mit seiner Frau bis zu seinem Tod im Anwesen der Schwiegereltern, Spessartstraße 8, wohnen wird.

1973 stirbt er nach einem Schwächeanfall, der eine längere Aufnahme in die Hanauer Klinik erfordert, am 26. September an den Folgen einer Herzschwäche in Kahl; er wird auf dem dortigen Friedhof begraben. In diesem Jahr wurde er für den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagen.

2003 Eine Stele für den Heimatdichter Anton Schnack wird eingeweiht. In Alzenau wird ein Jahr danach eine Gedenktafel aufgestellt.

2013 Ein alter Springbrunnen, ein Pavillon – in Nachbarschaft zu einem verwitterten Pool (dem wahrscheinlich ersten in Kahl) – in diesem Umfeld im Schnackpark wurde am 14.Juni ein Gedenkstein für den Schriftsteller Anton Schnack enthüllt.

Anton Schnack Gedenktafel

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Hohes Kreuz Alzenau

Es gehört neben der Burg und der Pfarrkirche Sankt Justinus zu den Wahrzeichen der Stadt Alzenau. Sie bilden den Alzenauer Dreiklang. Gestiftet wurde das Kreuz 1738 vom Ehepaar Johann Adam und Elisabeth Habermann. Sie besaßen eine Mühle, aus der später die Wellpappen- und Papierfabrik entstand. Bis zum Jahr 1852 stand dieses Kreuz am Dreieck Hanauer Straße/ Mühlweg. Es wird berichtet, dass dort viele Skelettreste gefunden wurden. Der Standort könnte Alzenauer Pestfriedhof gewesen sein. An der Pest Gestorbene wurden nicht in der Nähe der Dorfkirche beerdigt. – In Hörstein starben 1625/1626 allein in vier Wochen 400 Menschen an der Pest.

Die Anregung, das Kreuz zu versetzen, kam vom Alzenauer Pfarrer Anton Kolb (1849 – 1870). Die Ähnlichkeiten der Gestaltung lassen einen Seligenstädter Bildhauer vermuten.

Auf dem Sockel des Hohen Kreuzes kann man folgende Inschrift lesen: “ O Jesu ach mein höchstes Gut – Wasch mich durch dein H. (bedeutet Heilig) Bluth – Bitt durch dein Angst und bittern Todt. Ach stärk mein Seel in letzter Noth. Amen”

Danach kleiner:”Wandersmann stehe still und betrachte Jesus Dein gekreuzigter Heyland dessen Bildnis ihm zu Ehren dahir haben setzen lassen beide Eheleute Johann Adam Habermann und seine Ehefrau Elisabeth geborene Scherbin Ao 1738.”

Hohes Kreuz Alzenau Inschrift

Das Lendentuch ist seit der gotischen Zeit das einzige Kleidungsstück des Gekreuzigten. In romanischen Kreuzesdarstellungen kam es vor, dass Jesus ein Gewand trägt. In frühen oströmischen Darstellungen trägt er ein ärmelloses Gewand. Und in barocken Darstellungen wird das Tuch oft kunstvoll geknotet und von einem Kordelzug gehalten wie in Alzenau.

Betrachten wir den Totenkopf unten am Hohen Kreuz. Der Totenschädel symbolisiert den „alten Adam“ aus dem Paradies. Nach dem Sündenfall erlebt er in der Bibel seine Endlichkeit. „Staub bist du und zum Staub kehrst du zurück“ heißt es im Alten Testament.

Zusammen mit den gekreuzten Knochen ist der Totenschädel jedoch nicht Symbol des Todes und der Vergänglichkeit. Beide zeigen nach dem Willen des Künstlers die Überwindung des Todes durch Jesu Christi Auferstehung.

Aktuell bilden der Wohnpark am Hauckwald neben einem arg gestutzten Baumstumpf und dem Hohen Kreuz einen neuen Alzenauer Dreiklang. Der Wohnpark bietet sozusagen einen neuen Hintergrund des Hohen Kreuzes.

Hohes Kreuz Alzenau 2019

Ein nicht seltenes Phänomen in der Kulturlandschaft ist auch das Wegekreuz. Hier als Beispiel ein Wegekreuz ganz in der Nähe zwischen Somborn und Bernbach, dessen Sockel 1903 errichtet wurde. Ursprünglich war hier ein Bildstock, der nicht mehr vorhanden ist. Finanziert wurde das Kreuz von Gottfried Schneider. Auf dem Sockel steht geschrieben: “Es ist vollbracht. Und mit geneigtem Haupte gab er den Geist auf.” Joh. 29, 30

Wegekreuz zwischen Somborn und Bernbach


Schloß Wasserlos

Pavillon Wasserlos
Pavillon Wasserlos 2 Kriegerdenkmal im Pavillon Wasserlos
Schloß Wasserlos

Das heutige Kreiskrankenhaus war früher in Teilen das Wasserloser Schloß. Wahrscheinlich im 14. Jahrhundert bauten die Schelriss von Wasserlos das erste Schloß. Seit dem 14. Jahrhundert ist das Adelsgeschlecht der Schelriss in Wasserlos nachweisbar. Etwa 1330 ist eine Fehde mit der Stadt Frankfurt dokumentiert. Im Jahre 1381 müssen sie eine Klage der Hörsteiner Bürger hinnehmen, die für ihre überkommenen Weiderechte kämpfen.1 Die Hörsteiner setzen sich auf einem Märkerding im August durch. Ihre alten Rechte werden bestätigt. König Ruprecht von der Pfalz ließ die Burg 1405 zerstören. Dieser König, der die Stadtrechte an Alzenau vergeben ließ, entschloß sich im Februar 1405, gemeinsam mit der Stadt Frankfurt, Raubburgen in der Wetterau und Umgebung zu bekämpfen. Zunächst wurde die Mömbriser Burg zerstört, danach das Schloß von Wasserlos verbrannt. Total war die Niederlage der Schellriss nicht. Henne Schellriss konnte mit einem weiteren Bewohner unbehelligt abziehen.Sie konnten die nötige Zahl von Früchten mitnehmen.

1504 starb das Geschlecht der Schellriss aus. Prinz Ludwig Eugen (1731 – 1795), der Sohn des Königs von Baden-Württemberg, Karl Alexander (1684 – 1737), erwarb das Schloß 1767. Erbaut wurde das Schloß 1767/682 oder erst 17903 auf den Resten der alten Burg. 1800 ging das Schloß in den Besitz von Johann Gabriel Marquis von Chasteler de Courcelles über. Er erbaute die Gartenanlage und das Wirtschaftsgebäude. Ein Pavillon entstand als Teehaus.

Eine bedeutende Besitzerin von 1845 an war Ludovica Freifrau von des Bordes (1787 – 1854), geborene Brentano von La Roche. Sie war das achte Kind des Frankfurter Kaufmanns Peter Anton Brentano. Sie selbst nannte sich meistens Lulu.4 1805 heirate sie den Bankier Carl Jordis. Er wurde Hofbankier des Königreiches Westfalen in der Residenzstadt Kassel.5 1824 kam es zur Scheidung. 1827 heiratete sie Richard Peter von Rosier des Bordes. Ludovica hatte keine eigenen Kinder, sondern die 1817 geborene Adoptivtochter Meline. Im Februar 1845 kaufte sie das als „kombiniertes Hofgut“ bezeichnete Schloß für 142.000 Gulden. Hier verbrachte sie ihre letzten Lebensjahre. Von Schloß Wasserlos war es kein weiter Weg zu ihrer Schwester Gunda von Savigny auf Hof Trages. In Aschaffenburg lebte die Familie ihres Bruders Christian. Hier wurde 1849 das Brentanohaus gekauft. Ihr Elternhaus war im nahe gelegenen Frankfurt.

Wie sah Wasserlos in dieser Zeit um 1850 aus? Eine Schrift aus dieser Zeit gibt Auskunft: „Wasserlos, katholisches Filial von Alzenau mit 730 Seelen worunter 48 Juden, 1 Kapelle, 2 Schulen, gutem Feld-, Obst- und Weinbau. Die Anhöhe bei Wasserlos war im 14. Jahrhundert der Sitz eines mächtigen Adelsstammes, der Schellrisse von Wasserlos, deren Burg aber im Jahre 1404 vom Heere der verbündeten Städte zerstört wurde.

Sehenswürdig ist hier das Oekonomiegut der Freifrau von Desbordes mit Schloß, herrlichen Garten-Anlagen und musterhaften ökonomischen Einrichtungen. Das jetzt vereinigte Gut bestand früher aus 2 Höfen. Frühere Besitzer: Oberjägermeister von Schleifroß, Prinz Louis von Württemberg, Landgraf von Rothenburg, Marquis von Chasteler, der das Meiste zur Verschönerung des Gartens beitrug, und Geheimer Finanz-Rath von Menz, von welchem es an die gegenwärtige Besitzerin kam, welche viele zweckmäßige Neubauten aufführt und Verschönerungen vornimmt.“6 1851 setzte Freifrau von des Bordes ihre Adoptivtochter Meline als Alleinerbin ein.

Wasserloser Schloß Schatten

1851 stiftete Freifrau von des Bordes mit 2.000 Gulden den Grundstock für den Bau der Wasserloser Kirche. Die Grundsteinlegung für die Kirche erfolgte im Mai 1914, 1920 wurde die Kirche bezogen. In ihrem Testament stand folgende Verfügung: „Für die Armen in Wasserlos 2000 fl, welche ich besonders für Kranke und Reinigen der Wohnungen verwendet haben will.“7 (fl=Gulden)

Der Schwiegersohn, Moritz Graf von Bentheim, gründete 1853 den „Verein zur Beförderung der Kreis-Blindenanstalt für Unterfranken“ – im selben Jahr wurde in Würzburg das Kreisblindeninstitut gegründet (heute ist das die unterfränkische Blindeninstitutsstiftung). Graf Bentheim lebte in Wasserlos und in Würzburg. Seit 1854 gab es eine Eisenbahnverbindung nach Würzburg, die er in Dettingen benutzen konnte.

1866 gab es den Krieg zwischen Preußen und Österreich, den Preußen in der Schlacht bei Königgrätz gewann. Das Schloß war in dieser Zeit Kriegslazarett – wie auch während des Zweiten Weltkrieges. 1901 erwarb Baron von Mumm das Schlossgut Wasserlos. Er war ein renommierter Weinbauer sowie Pferde- und Rinderzüchter. 1916 folgte Wilhelm Weigand als Schloßherr, 1942 verkaufte die Familie Weigand das Schloß and die Reichsjugendverwaltung der NSDAP. Reichsjugendführer war seit März 1933 Baldur von Schirach. Im August 1940 wurde er durch seinen Stellvertreter, Artur Axmann, ersetzt.

Im klassizistischen Stil wurde im späten 18. Jahrhundert oder auch Anfang des 19.Jahrhunderts ein Pavillon gebaut, der auch als Belvedere bezeichnet wird. Er wurde als Teehaus genutzt.8 Im 19. Jahrhundert diente der Pavillon als Kapelle. Seit 1901 fanden dort die ersten evangelischen Gottesdienste im Kahlgrund statt.

Heute ist der zum Schloßgarten gehörende Pavillon von einer Straße durchschnitten. 1955 wurde im Pavillon das Krieger-Ehrenmal untergebracht.9 1938/1941 war die Figur eines getöteten Soldaten bei einer Umgestaltung in diesem Pavillon untergebracht worden. Die Anregung an den Gemeinderat Wasserlos zur Errichtung eines Krieger-Ehrenmals kam 1929 von den Vorständen der Ortsvereine. 1929 und im November 1932 gab es Sammlungen dafür. Anfang 1939 wurde begonnen, den Pavillon als Mahnmal umzugestalten. Leitender Architekt war der Direktor der Aschaffenburger Meisterschule für Bauhandwerker, Otto Leitolf. Als Bildhauer wurde Karl Fäth aus Fechenbach, spezialisiert auf Kriegerdenkmäler, ausgewählt. Entlang des Sarkophags befindet sich eine Inschrift, die folgendermaßen lautet: „Ihren für das Vaterland gefallenen Söhnen errichtet zum ewigen Gedächtnis von der Gemeinde Wasserlos.“ Die Figur eines liegenden Kriegers befand sich im Frühjahr 1940 immer noch in Fechenheim. Im Januar 1941 geschah die Sicherung der unvollendet gebliebenen Eingangspforte. Weitere Nachrichten gab es erst Ende 1953, wonach der Krieger, leicht beschädigt an seinem Stahlhelm, noch in dem fensterlosen Pavillon liege.10 Der Zweite Weltkrieg hatte den Pavillon 1943 durch eine frei gesetzte Schockwelle sowohl am Dach als auch an den Fenstern und der Figur ramponiert.

Die Wasserloser Kriegerfigur zeigt nicht gerade große Distanz zum Heldentod im Krieg. Der aufgebahrte Soldat trägt einen Uniformmantel und einen Helm. Sein Kopf liegt auf einem Tornister.Auf seiner rechten Seite drückt er ein Sturmgewehr an seine rechte Körperseite, an seiner linken Seite liegt ein Eichenlaubkranz, zu seinen Füssen ist ein Wappen Unterfrankens zu sehen. Die Besatzungsmacht USA sah derartige Kriegerdenkmäler nach Kriegsende nicht so gerne, nach der Gründung der Bundesrepublik 1949 hatten die Deutschen wieder mehr Einfluss darauf. In der Kirche wollte die Gemeinde Wasserlos das Denkmal allerdings nicht haben.

In dieser Zeit erhielt der Bildhauer Hans König den Auftrag, drei bleiverglaste farbige Fenster anzufertigen. Die Fenster zeigen symbolisch den Krieg, das Opfer und den Frieden. Die herab fliegende Taube steht für den Frieden. Ein Blitz symbolisiert den Krieg, das Kreuz das Opfer. Die Ausmalung der Kuppel wurde dem Kunstmaler Gunter Ullrich übertragen. Gezeigt wird ein Friedens- und Racheengel – weiß gekleidet mit erhobenem Schwert. Ein Friedenssymbol kann darin allerdings nicht gesehen werden – nach meiner Einschätzung. Mit einer Hand lässt der Engel drei Ölzweige als Zeichen des Friedens fallen. Gegenüber der Dominanz des Schwertes wirken die Ölzweige allerdings eher unauffällig und sekundär.

Die Gedenkstätte wurde im Mai 1955 eingeweiht und kostete 15.000 DM.

1949 ging das Schloß Wasserlos an das Land Bayern über. 1951 übergab Bayern das Areal mit dem 3,3 ha großen Englischen Garten an den Landkreis Aschaffenburg. Aktuell ist es Teil des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau, nach Ende des Zweiten Weltkrieges war es zunächst das Krankenhaus des Altlandkreises Alzenau.

Um den Erhalt der Lindenallee im Wasserloser Kirschgarten, der zum Pavillon führt, wurde in jüngster Zeit (2017) gestritten. Bei einem Ortstermin im April kam es zu Kontroversen. Die alten Linden fällen und stattdessen die Allee völlig neu anlegen – dafür plädierte die städtische Umweltabteilung.Dem von der Stadt verpflichteten Sachverständigen Jan Goevert aus Kriftel (Main-Taunus-Kreis), dessen Vortrag auf den dringenden Rat hinauslief, die Allee neu anzulegen, bescheinigte eine Anliegerin ebenso wie den Vertretern des Rathauses mangelnde Sachkenntnis: Sehr wohl gebe es Mittel und Wege, das Fällen pilzgeschwächter Bäume zu vermeiden. Sie nannte ein Beispiel im schwäbischen Tübingen.11

Drei Linden seien zu drastisch beschnitten worden, hieß es später im Oktober von dieser Anliegerin. Laut städtischer Umweltabteilung handele es sich um eine Pflegerückschnitt. Die Linden würden ihr Aussehen wieder verändern. Zudem sei die Verkehrssicherheit gefährdet gewesen. Weiter hieß es von der Umweltabteilung: „Die Bäume wurden vor etwa 30 Jahren stark zurückgekürzt, was zu Wunden und einhergehendem Pilzbefall führte. An diesen Schwachstellen müssen in regelmäßigen Abständen Entlastungsschnitte durchgeführt werden, um einem Abbrechen der Äste zuvorzukommen.“12

Kehren wir zu Ludovica Freifrau von des Bordes zurück, vom Pilzbefall zum Trauerbefall sozusagen. Ein bedeutender Dichter der Deutschen Romantik, Joseph von Eichendorff, würdigte die „Geistlichen Gedichte“ der Freifrau entschieden und stellte sie mit den geistlichen Liedern von Annette von Droste-Hülshoff auf eine Stufe:“Die allerneueste Poesie hatte es unternommen, die falsche Aufklärung, welche die Romantiker einst scheinbar zu Grabe getragen, unter nicht geringem Lärm wieder zu erwecken und mit allem Schmuck poetischer Formeln als Göttin der Vernunft auf den Thron zu erheben. Es ist in der Hauptsache ein Vornehmtun gegen Gott, an dem sich insbesondere auch schriftstellernde Damen sehr erfolgreich beteiligten. Wir können es daher nur als erfreuliches Zeichen der Zeit begrüßen, daß neuerdings zwei hochbegabte Frauen wie Annette von Droste-Hülshoff und Frau von des Bordes einen jener Salonweisheit geradezu entgegengesetzten Ton anschlagen.“13

Eines ihrer „Geistlichen Gedichte“ soll hier wiedergegeben werden.

Mein treuester Begleiter

Nur Eins ist mir getreu in diesem Leben –

Es ist der Schmerz,

Mag er mich drücken oder mich erheben,

Er zwingt mein Herz

Und wie die Blüth‘ sich nach dem Brand der Sonne

Im Thau erhebt,

So wird mein Herz nach jeder ird’schen Wonne

Von Schmerz belebt.

Ach alle Lebensfreuden sie beglücken

Nur kleine Weil‘,

Im Opfer nur ist schmerzliches Entzücken,

Im Kreuz ist Heil!

O könnt‘ ich, wie ich wollt‘, mich Dir ergeben,

Erlöser du!

Dann fänd‘ im Liebestode ich das Leben,

Die Seele Ruh‘!14

Ähnlichen Schmerz drückte Heinrich Heine in seinem Gedicht „Rückschau“ 1851 aus:

Ach, jede Lust, ach, jeden Genuß

Hab ich erkauft durch herben Verdruß;

Ich ward getränkt mit Bitternissen

Und grausam von den Wanzen gebissen

Ich ward bedrängt von schwarzen Sorgen,

Ich mußte lügen, ich mußte borgen

Bei reichen Buben und alten Vetteln –

Ich glaube sogar, ich mußte betteln.

Jetzt bin ich müd‘ vom Rennen und Laufen,

Jetzt will ich mich im Grabe verschnaufen.

Ein religiös versöhnlicher Schluß fehlt hier allerdings. Heinrich Heine lebte eher von der Ironie.

2002 wurde Ludovica sogar in einem Denkmal in der Hahnenkammstraße abgebildet. Sie öffnet das Fenster eines Rundturmes und trägt Kinderlieder vor. Unter dem Fenster sind zwei Kinder zu sehen.Auf dem Turm steht ein krähender Hahn. Die abgebildete Rebe deutet auf den Weinbau in und um Wasserlos hin. Gestalter war Theophil Steinbrecher.

1Heimat- und Geschichtsverein Alzenau (Hrsg.), Kulturgeschichtliche Entwicklung des Alzenauer Raumes, Alzenau 1988, S. 28

2Walter Scharwies, Adeliges Leben, Wohltätigkeit und Liebe zur Landschaft – Familie von des Bordes/ zu Bentheim auf Schloss Wasserlos, in: Stadt Alzenau (Hrsg.), Ludovica Freifrau von des Bordes, geborene Brentano von La Roche, Herrin auf Schloss Wasserlos und Wohltäterin der Gemeinde, Alzenau 2002, S. 25

5Gunda von Savigny, Hof Tages, Hanau 1999, S. 106

6Zitiert nach Scharwies, a.a.O., S. 33 f. – Die Datierung der Zerstörung der Burg differiert hier um ein Jahr

7Scharwies, a.a.O., S. 37

8Karl Braun, Michael Neumann, Wasserlos, in: Stadt Alzenau (Hrsg.), Alzenauer Stadtbuch, Alzenau 2001, S. 139

Siehe auch: Thomas Ratzka, der Gartenpavillon als Ehrenmal – zur Geschichte des ‚Kriegerdenkmals‘ in Wasserlos, in: Unser Kahlgrund 2002, S. 86 ff.

9Vgl. Informationstafel Wasserloser Schloß

10Vgl. Ratzka, a.a.O., S. 89

11Main-Echo vom 13.4.2017

12Main-Echo vom 20.10.2017

13Zitiert nach: Hartwig Schultz, Ludovica von des Bordes, geborene Brentano von La Roche. Von der reichen Kaufmannstochter zur Schriftstellerin in Wohltäterin, in: Stadt Alzenau (Hrsg.), Ludovica Freifrau von des Bordes, geborene Brentano von La Roche, Herrin auf Schloss Wasserlos und Wohltäterin der Gemeinde, Alzenau 2002, S. 16 ff.

14Ebd., S. 17

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Justinuskirche Alzenau

Wahrscheinlich ist die Pfarrei im 9. Jahrhundert nach Christus entstanden. Die Reliquien des heiligen Justinus wurden 834 nach Höchst gebracht. Justinus war ein christlicher Märtyrer im römischen Reich. Wahrscheinlich erlitt er 269 unter Kaiser Claudius II. oder eher Valerian den Märtyrertod. Kaiser Valerian ordnete an, nachdem Justinus seinem christlichen Glauben nicht abgeschworen hatte, ihn zu enthaupten. 1298 kamen die Reliquien nach Mainz in das Stift St. Alban. Teile der Reliquien kamen auch in die Einhardsbasilika nach Seligenstadt .Von dort kam die Justinusverehrung über die Benediktiner nach Wilmundsheim. Im Verlauf des 9. Jahrhunderts wurde von Seligenstadt aus die Pfarrei Wilmundsheim gegründet. Auf dem Kirchberg wurde hier die erste Pfarrkirche gegründet. Seit 830 gab es die benediktinische Klostergemeinschaft in Seligenstadt.

Die Abtei Seligenstadt war im Hochmittelalter bestrebt, die Landeshoheit im Freigericht zu erringen. Dies gelang ihr nicht, seit 1063 war Seligenstadt Mainzer Mediatkloster und damit von den Mainzer Erzbischöfen abhängig. Als Grundherr verfügte die Abtei Seligenstadt in Wilmundsheim über beachtlichen Grundbesitz, der Abt war Obermärker vor Ort. Im ältesten Seligenstädter Zinsregister aus ottonischer Zeit gab es zwei Grundholden (Bauern im Mittelalter, die außerhalb des Fronhofes arbeiteten, aber Steuern an den Grundherren zahlen mussten) in Wilmundsheim, die dem Kloster in Seligenstadt jeweils vier Denare (im Mittelalter gleichbedeutend mit dem Pfennig) pro Jahr entrichten mussten.1

Die Vorläuferkirche von Sankt Justinus stand räumlich in der Nähe des aktuellen Leichenhauses, 1754 wurde sie baufällig. 1756 wird ein Neubau beschlossen. Die Grundsteinlegung erfolgt 1757 nach einem Bauvertrag mit dem Aschaffenburger Unternehmer Franz Bockorny. Die Weihe wurde 1758 durch den Mainzer Weihbischof Christoph Nebel vorgenommen. 1760 wurde der Bau fertiggestellt. Architekt war der Miltenberger Johann Martin Schmidt.

Justinuskirche

Justinuskirche Alzenau

Die beiden Seitenaltäre (links Marienaltar, rechts Johannes-Nepomuk Altar) werden dem Würzburger Bildhauer Johann Peter Wagner (ca. 1764) zugeschrieben.

Der Hochaltar wurde 1776 bei dem Aschaffenburger Bildhauer Ernst Hofmann in Auftrag gegeben. Wahrscheinlich wurde er ein Jahr später errichtet. Der Centgraf Heinrich Neumann stiftete kurz vorher die Summe von 500 fl. (Gulden). 1859 wurde er durch einen Vergolder namens Schneeweiß wie die Kanzel und die Seitenaltäre neu gefasst. Im Mittelpunkt steht der gekreuzigte Christus im Strahlenglanz. Darunter das Tabernakel (Hostienbehälter). Darüber ein weißes Kreuz. Der Altar ist eingerahmt von vier korinthischen Säulen. Der Altar entspricht einer regionalen Sonderform des barocken römischen Baldachinaltars.

Neben dem Altar steht eine Figur Karls des Großen (fränkischer König von 768 bis 814, Kaiser seit 800), auf der anderen Seite die des Bonifatius (673 bis 754/755, 746 Bischof von Mainz).Die beiden kleinen Figuren im Vordergrund sind Benedikt von Nursia (480 bis 547) und der Kirchenpatron Sankt Justinus. Bei ihnen ist ungewiss, ob sie zur Altaranlage gehören.

Um 1971 kamen die Grabmäler des Pfarrers Franz Josef Krick und des Kaplanes Philipp Mark in die Kirche. Die letzte Renovierung gab es 1988 unter Pfarrer Karlheinz Buhleier. Der rote Sandsteinbau ist eines der Wahrzeichen Alzenaus.

Gesamtwürdigung:

„Mit den beiden Seitenaltären Johann Peter Wagners werden kunsträumliche Grenzen und regionale Qualitätsnormen überschritten und der Anschluß an das hohe süddeutsche Kunstniveau des späteren 18. Jh. erreicht.“2

Persönliche Erinnerungen: Pfarrer Buhleier brachte in einer seiner Predigten einmal einen Fußball mit,den er auf dem Boden mehrfach aufdotzen ließ. An den theologischen Hintergrund erinnere ich mich nicht mehr. Wer früher Feste auf dem Marktplatz am Samstag veranstaltete, musste während der Gottesdienstzeit die Lautsprecher ausschalten. Auch bei unbeabsichtigter Überschreitung wurde an Kritik nicht gespart. Anlässlich des Gewinns der Fußballweltmeisterschaft durch die deutsche Nationalmannschaft 2014 läuteten die Kirchenglocken von Sankt Justinus.

Das historische Orgelgehäuse wurde 1992/1993 restauriert. Dabei wurden zwei Zettel gefunden, die bezeugen, dass die Orgel 1734 erbaut wurde. Seit Anfang 1992 ist die Kirche eine der hauptamtlichen Kirchenmusikerstellen der Diözese Würzburg. Einen Monat später wurde die Kantorei Sankt Justinus gegründet.

In der NS-Zeit wurden die Glocken für Kriegszwecke verwendet. In der Woche nach Palmsonntag 1942 wurden die Glocken vom Kirchturm von Sankt Justinus geholt und nach Hamburg weggebracht. Hier wurden sie zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Bei Glockenabholung ahnten viele:“Wenn man die Glocken holt, ist der Krieg verloren!“3

Kaplan Walter Zimowski wirkte von Oktober 1941 bis Oktober 1947 in Alzenau. Zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Michael Antoni verhinderte er im März 1945 die Zerstörung Alzenaus durch die Amerikaner. Am 28. März fuhren die beiden mit dem Motorrad zu den Amerikanern, um eine kampflose Übergabe der Stadt zu erreichen, was letztendlich gelang. Da es sich nach Ansicht der führenden Nationalsozialisten um Hochverrat handelte, wurde in einem Standgerichtsverfahren gegen beide Personen die Todesstrafe durch Erschießen ausgesprochen.Bürgermeister Antoni konnte erfolgreich untertauchen, Kaplan Zimowski fand bei einer Familie in Wasserlos Unterschlupf. Am Karfreitag, dem 30. März 1945, zogen dann die Amerikaner kampflos in Alzenau ein. Kommandatur war zunächst die Villa Messmer, danach das Postamt. Auf dem Turm der Villa Messmer wehte eine weiße Fahne.

In der Diskussion war die Justinuskirche zuletzt als Aufnahmeort für die Tafeln der Gefallenen der beiden Weltkriege. Seit Ende März 2019 hängen sie wieder in Sankt Justinus. Vor 31 Jahren waren sie daraus entfernt worden. Vor zehn Jahren wurden die Tafeln restauriert und die Namen der evangelischen und konfessionslosen Gefallenen angefügt. Die vierte Tafel wurde ergänzt, eine fünfte neu geschaffen. Der Heimat- und Geschichtsverein zeigte die Tafeln einmal in einer Ausstellung im Michelbacher Schlößchen 2009.

Literatur:

Jan Kölbel, Johann Kugler, Matthias Sittinger, Frank Stickler, Markus Waite, 250 Jahre Sankt Justinus – 100 Jahre Peter und Paul, Alzenau o.J.

Jürgen Julier, Alzenau St. Justinus, München 1981 (Schnell Kunstführer Nr. 1307)

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Justinus_(Alzenau)

https://de.wikipedia.org/wiki/Justin_der_Bekenner

Christian Grebner ,Die Geschichte der Pfarrei Alzenau im Überblick, in: Katholisches Pfarramt

St.Justinus (Hrsg.), 225 Jahre Pfarrkirche St. Justinus Alzenau Unterfranken, Alzenau 1983

Edgar Meyer, Alt Alzenau – neu entdeckt Bd. 2, Der Nationalsozialismus in Alzenau, sein Ende und die Zeit danach, Alzenau 1995

1Vgl. Christian Grebner, Die Geschichte der Pfarrei Alzenau im Überblick, in: Katholisches Pfarramt St. Justinus (Hrsg.), 225 Jahre Pfarrkirchze St. Justinus Alzenau Unterfranken, Alzenau 1983, S. 44 ff.

2Jürgen Julier, Alzenau St. Justinus, München 1981 (Schnell Kunstführer Nr. 1307), S. 14

3Edgar Meyer, Alt Alzenau – neu entdeckt Bd. 2, Der Nationalsozialismus in Alzenau, sein Ende und die Zeit danach, Alzenau 1995, S. 51

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König Ruprecht von der Pfalz – die Burg Alzenau

König Ruprecht

Der Mainzer Erzbischof Johann II. (1397 – 1419) ist eine Schlüsselgestalt der Alzenauer Burg. 1399 wurde von ihm eine Urkunde ausgestellt, in der das „nuwe schloß Altzenahe“ genannt wird. Das Schloß wurde in späteren Zeiten in eine Burg umgewandelt, Entstehungszeit der Burg ist somit das Ende des 14. Jahrhunderts. Sie war Verwaltungssitz der Kurfürsten von Mainz. Bis ins 15.Jahrhundert war der Ausdruck Wilmundsheim für das spätere Alzenau gebräuchlich. Schon Ende des 14. Jahrhunderts bekam Wilmundsheim vom Mainzer Erzbischof eine eigene Gerichtsbarkeit und Pfahlbürger. 1401 schaltete sich König Ruprecht von der Pfalz ein, dessen Onkel Erzbischof Johann II. war. Das Dorf Wilmundsheim durfte sich mit Mauern und Graben umgeben – es wurde eine Stadt daraus. Damit konnten auch Jahr- und Wochenmärkte abgehalten werden.1

Ruprecht von der Pfalz (1352 bis 1410) war von 1400 bis 1410 deutscher König und von 1398 bis 1410 Pfalzgraf und Kurfürst der Pfalz. Seit 1374 war er mit Elisabeth von Hohenzollern-Nürnberg verheiratet. Zusammen mit Erzbischof Johann II. gehörte er 1400 zu den Fürsten, die im August in Oberlahnstein König Wenzel (den Faulen, Luxemburger) absetzten.2 Sein Königtum war von Anfang an wacklig. Die Luxemburger lehnten es ab. Aachen verweigerte sich als Krönungsort, so dass die Krönung Anfang 1401 in Köln stattfinden musste.3 Seine Hausmacht war nicht sehr groß.

Ruprechts Italienzug von 1401/1402 erwies sich als vergeblich. In Italien wollte er die Kaiserkrone gewinnen und Mailand bezwingen, das sein Vorgänger, König Wenzel, an die Visconti verloren hatte.4 Feinde der Visconti waren in Italien die Florentiner, die König Wenzel abgelehnt hatten. Verbündet hatte sich Ruprecht mit den Habsburgern, denen territorialer Gewinn in der Lombardei zugesichert worden war. Die Florentiner gewährten Ruprecht ein Geldgeschenk von 200.000 Gulden und eine Anleihe in gleicher Höhe. Mit dem Herzog von Mailand, Gian Galeazzo von Mailand, konnte er nicht mithalten. Seine Einnahmen beliefen sich auf mindestens 1,2 Millionen Gulden. Wer mehr Kohle hat, der ist eben nicht zu besiegen, so war es damals schon.

Schon im Oktober 1401 erlitt er eine Niederlage vor Brescia und seine Verbündeten, Erzbischof Friedrich von Köln und Herzog Leopold von Österreich, verließen Ruprechts Heer und kehrten nach Hause zurück. Vergeblich versuchte der König, Venedig in einen Krieg mit Mailand zu ziehen. Auch Papst Bonifaz IX. schloß kein Bündnis mit ihm. Im Mai 1402 war sein Rückzug in München abgeschlossen. Die Visconti erwiesen sich zu stark für ihn, eine deutsche Reichspolitik mit Kaiserkrönung in Rom war nicht mehr erfolgreich. Im Juli 1402 kam eine Hochzeit des 26 Jahre alten Prinzen Ludwig mit der zehnjährigen Prinzessin Blanca von England zustande. Diese Verbindung brachte dem König Geld und nicht nur Ansehen.

Papst Bonifaz IX. erkannte Ruprecht 1403 als König an. Dieser sollte sich für ein Papsttum unter römischer Oberhoheit einsetzen (es war die Zeit des Schismas -1378 bis 1417 – Gegenpäpste in Avignon). Ruprechts Vorgehen gegen die Stände des Reiches führte zur Gründungen des Marbacher Bundes 1405. Sein Onkel Johann II. sah die Fürsten als Mitinhaber des Reiches. Der König konnte es erreichen, dass der Marbacher Bund Ruprechts Macht nicht noch weiter schwächen konnte, indem er Sonderverträge mit einigen Mitgliedern schloß. Brabant ging endgültig an Neuburgund verloren, worauf sich Herzog Rainald von Geldern Ruprecht anschloss und er 1407 in Aachen den Thron Karls des Großen bestieg. Auf dem Konzil zu Pisa 1409 wurde ein dritter Papst, Alexander V., gewählt, die zwei bisher regierenden, Benedikt XIII. Und Gregor XII. wurden abgesetzt. Der größte Teil der deutschen Kirche erkannte Alexander V. an, der deutsche König hielt an dem römischen Papst, Gregor XII. fest.- Als der König gegen Johann von Mainz, der Alexander V. unterstützte und mit Frankreich verbündet war, einen Feldzug vorbereitete, setzte der Tod diesem Vorhaben ein Ende. Er starb am 18. Mai 1410.

Obwohl er nur König war, wurde ihm in Alzenau der Kaisertitel verliehen. Kaiser Ruprecht Apotheke, Kaiser Ruprecht Markt und Kaiser Ruprecht Straße. Man könnte noch einen drauf setzen und Alzenau zur Kaiserstadt machen – „Alzenau Stadt im Grünen und Kaiser Ruprecht Stadt“.

Die Burg Alzenau

Burgtor Alzenau zwei
Burg Alzenau

Stiftsamtmänner aus Mainz residierten in der Burg. In einem Bestallungsbrief von 1529 heißt es zu seiner Funktion: Er sei verpflichtet, „alles, Hab und Gut, die armen Leute getreulich zu schirmen, zu schützen, zu handhaben und zu verteidigen.“5

Im Zweiten Markgräflerkrieg wurde Schloß Johannisberg in Aschaffenburg von Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach 1552 niedergebrannt. Der Burg Alzenau erging es genauso. Mit dem Wiederaufbau begann der Kurfürst Daniel Brendel von Homburg (1523 – 1582). Sein Wappen ist über dem Torbogen des kleinen Innenhofes der Burg zu sehen. Der Wiederaufbau fand in den 70er Jahren des 16. Jahrhunderts statt. Im Verzeichnis der Frondienstleistungen wird das Jahr 1575 genannt.

Einen historischen Höhepunkt erlebte die Burg an Silvester 1634 im Dreißigjährigen Krieg mit dem Überfall schwedischer Truppen auf die kaiserlichen Offiziere des Feldmarschalls Mansfeld. Mehrere Reiterregimenter waren in Alzenau und Umgebung Ende 1634 einquartiert. Die schwedischen Truppen rückten mit 250 Reitern und 150 Musketieren an. Die Erstürmung der Burg überraschte die kaiserliche Besatzung. Nicht wenige kaiserliche Dragoner wurden gefangengenommen oder getötet, einige entkamen.6Die Schweden machten reiche Beute: acht Standarten, mehr als 800 Pferde mit Zaumzeug, mehrere Offiziere und die Kutsche des Grafen Wartberg, der entkommen war. Die Schweden kehrten vor dem Morgengrauen nach Hanau zurück.

Das Amtshaus entstand im 18 Jahrhundert. Die Grafschaft Hessen-Darmstadt entsandte einen Amtsvogt nach der Säkularisation 1803. 1816 kam Alzenau zu Bayern – das Königlich-Bayerische Landgericht zog in die Burg. Aktuell finden in der Burg kulturelle Veranstaltungen statt, Theater im Innenhof, Musikveranstaltungen im zweiten Obergeschoß. Der Rittersaal gilt als „Kabinettstück deutscher Burgenbaukunst“.

Markant ist der Kappellenerker, der sich im Rittersaal befindet. Kennzeichnend ist ein spätgotisches Kappengewölbe. Von der Bemalung des Rittersaales ist nichts mehr übrig.

Randenburg Sage

Die Alzenauer Namensage ist eng mit der Randenburg verbunden. Nach der Einnahme der Burg im 13. Jahrhundert wurde der Frau des Burgherren freier Abzug gewährt. Sie durfte mitnehmen, was sie tragen konnte. Die Frau war selbstlos und nahm ihren Mann auf den Schultern mit. Als ihr die Last zu schwer wurde, bat ihr Mann, sie möge ihn zurücklassen. Sie antwortete „all zu nah“. Bis zur Anhöhe in der Nähe hielt sie durch. Der Randenburger soll hier eine neue Burg gegründet haben, die er im Gedenken an diese Rettung „Allzunah“ nannte. Hieraus entstand dann nach der Sage der Name „Alzenau“.

Randenburg Denkmal

1Vgl.Burg Alzenau – Schnell Kunstführer Nr. 1445, München und Zürich 1984, S. 2 ff.

3Friedrich Baethgen, Schisma und Konzilszeit Reichsreform und Habsburgs Aufstieg (Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Band 6) , München 1973, S. 42

4Leo Stern, Erhard Voigt, Johannes Schildhauer, Deutschland von der Mitte des 13. bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert, Ost-Berlin 1984, S. 180

5Schnell Kunstführer, a.a.O., S. 5

6Heimat- und Geschichtsverein Alzenau (Hrsg.), Kulturgeschichtliche Entwicklung des Alzenauer Raumes, Alzenau 1988, S. 38 ff.

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Einige Kirchen und das Schloß von Aschaffenburg

Herzog Otto von Schwaben und das Hochstift Achaffenburg

Regesten

Kirchberg am 20.Juni 974: Kaiser Otto schenkt auf Bitten seines gleichnamigen Brudersohnes (des Herzogs von Schwaben), zwei königliche Eigenkirchen, eine in Salz, die andere in Brendlorenzen mit allem Zubehör der in Aschaffenburg zu Ehren des hl. Petrus und des hl. Alexander geweihten Kirche zum Unterhalt der Kanoniker

Nimwegen am 11. März 975: Kaiser Otto überträgt auf Bitten seines gleichnamigen Brudersohnes aus königlichem Eigentum eine Kirche und einenm Hof in Rohr mit allem Zubehör in das Eigentum der Kirche des hl. Petrus in Aschaffenburg

Bothfeld am 29. August 975: Kaiser Otto übergibt auf Bitten seinees Neffen, des Herzogs Otto von Schwaben, die ihm von diesen geschenkten Abgaben aus den Orten Kleinostheim und Dettingen der Kirche des hl. Petrus in Aschaffenburg zur Präbende der Brüder (Präbende bedeutet Pfründe)

Ingelheim am 9. Februar 976: Kaiser Otto, der auf Bitten seines Brudersohnes Otto, des Herzogs von Schwaben, die von demselben in Aschaffenburg gebaute und zu Ehren des hl. Petrus und des hl. Mätyrers Alexander eingeweihte Kirche mit Gütern und Zehnten ausgestattet hat und sie mit kaiserlichen Privilegien festigen und sichern will, bestimmt, daß die Kirche für alle ihre Güter nur einen Vogt haben, zu dessen servicium jedes männliche Familienmitglied das firdeil und einen Denar, jede Kurie ihr Teil entsprechend der Leistung an die Kirche beitragen soll, daß der Vogt nur auf Anruf des Propstes zu den gebotenen Dings kommen und weder von den Familien noch von den Gütern der Aschaffenburger Kirche Steuern erheben darf. Ferner schenkt der Kaiser der Aschaffenburger Kirche die vortreffliche Familie in Wirtheim dergestallt, daß der Propst ohne Rücksicht auf den Vogt jedes Familienmitglied, bevor es zins- und dingpflichtig wird, zu Ministerialen der Kirche machen kann. (Firdeil bedeutet – 976 wird in einer Urkunde Otto II. ein Maas Haber, welches Fir deil heißet, genannt. )

Agathakirche

St. Agatha ist ein katholische Aschaffenburger Kirche, deren Ursprung auf die Zeit 1168/1171 zurückgeht. Sie wurde außerhalb der Stadtmauern errichtet. Die Kirche brannte im März 1945 völlig aus. 1962/1963 wurde der jetzige Turm errichtet. Über dem Portal wurde 1963 eine 4 Meter hohe und 12 Tonnen schwere Sandsteinfigur der heiligen Agatha angebracht. Die Jungfrau Agatha von Catania starb wahrscheinlich unter Kaiser Decius zwischen 249 und 251 als Märtyrerin.

Agathakirche (3)

Agathakirche Aschaffenburg

Christuskirche

Sie ist die erste Stadtkirche in Aschaffenburg, die evangelisch-lutherisch entstand. Sie wurde 1837/1839 errichtet und steht in der Altstadt in der Nähe des Schlosses. Die Mittel zum Bau wurden in einer Landeskollekte gesammelt. Initiatorin war Königin Therese, eine gebürtige Protestantin. Sie war eine Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen. Seit 1825 war sie Königin von Bayern nach der Heirat mit Ludwig I. Beim Bau der Christuskirche machte sie zur Auflage, eine Loge auf Kosten der Gemeinde zu erhalten, damit sie bei ihrer Anwesenheit im Schloss am Gottesdienst teilnehmen konnte.

Christuskirche

Christuskirche Aschaffenburg

Ist Karl der Große von Aschaffenburg aus in den Spessart zur Jagd gezogen? Ludwig I., das ist sicher, ließ hier das Pompejanum erbauen. Das Aschaffenburger Schloß Johannisburg ist ein architektonisches Denkmal ersten Ranges aus dem 17. Jahrhundert. Initiiiert von Kurfürst Johann Schweikart von Kronberg wurde 1605 bis 1614 eine symmetrische Vierflügelanlage errichtet, deren Baumeister Georg Ridinger war. Der Bergfried im Schloßhof wurde 1337 errichtet und ist in die Schloßarchitektur integriert. 1552 wurde die Burg im Markgräflerkieg durch den Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach niedergebrannt und geplündert. Dabei wurde auch die Heilig- Grab-Kirche der Beginen zerstört. 1553 war dann das Hochstift Bamberg dran.1614 war die Einweihung – 10 Jahre nach dem Amtsantritt Johann Schweikarts von Kronberg. Wie wurde dieses Schloß finanziert? Es kostete einschließlich der Inneneinrichtung mehr als 1 Million Gulden. Es mußten Anleihen in Nürnberg, Frankfurt und Mainz aufgenommen werden. Aus den Jahren 1600 bis 1630 sind für das Erzstift Mainz, in dem Johann Schweikart Kurfürst war, Dokumente zum Tod von 1879 Opfern von Hexenverfolgungen erhalten geblieben. Im Aschaffenburger Gerichtsbezirk wurde 1592 die erste nachweisbare Hinrichtung einer Hexe verzeichnet. Zwischen 1600 und 1613 sind die Verbrennungen von über 150 Hexen dokumentiert.

Die Hexenprozesse in Aschaffenburg produzierten einen Sozialterror größeren Stils.Der Stadtschultheiß Nicolaus Reigersberger (1624 – 1652) war Vorsitzender der Hexengerichte in Aschaffenburg, Großkrotzenburg, Wörth und Mönchberg. Für die zahlreichen Prozesse in Aschaffenburg und Großkrotzenburg kassierte er fast 1.500 Gulden. Hexenprozesse wurden auch als Mittel der Gegenreformation eingesetzt. Besonders aber als Mittel zum Füllen der Kasse, da das Vermögen der Angeklagten eingezogen wurde. Dieses Geld passte für den Bau des neuen Schlosses Johannisburg in Aschaffenburg, der Umfang des Einsatzes von Hexengeldern ist unklar.

Schloß Johannisburg

Schloß Johannisburg

Geschichte der Stiftskirche   

Die Kirche ist nach bekannten Persönlichkeiten benannt. Mit Petrus ist der Jünger und Apostel Simon Petrus gemeint, der wahrscheinlich in Rom starb. Alexander I. war der sechste Bischof von Rom. Er starb 115 nach Christus. Sankt Peter und Sankt Alexander wurde um 950 durch Herzog Liudolf von Schwaben (Sohn des deutschen Kaisers Otto I.) und seine Frau Ida von Schwaben (Tochter des Herzogs Hermann I. von Schwaben) wahrscheinlich zwischen 947 und 957 erbaut. Die Zeit vor 954 ist wahrscheinlich, da Liudolf infolge einer Auseinandersetzung mit seinem Vater das Herzogtum in diesem Jahr verlor. Später wurde durch den Sohn des Paares, Otto, Herzog von Schwaben, das Kollegiatstift – das ist eine Gemeinschaft von Säkularkanonikern oder Weltpriestern; mit Mönchen sind sie nicht zu verwechseln – Sankt Peter und Sankt Alexander mit Stiftsschule begründet. 974 ist das erwähnt. Seit 975 wurde mit dem Bau der Stiftskirche begonnen. Otto, Herzog von Schwaben und Bayern, ist die Vollendung der ersten großen Stiftskirche zu verdanken.

Spitalkirche 

Die Spitalkirche St. Katharina wurde 1848 als Saalkirche in romanisch-klassizistischem Stil erbaut. Seit 1997 feiert die Rumänisch-Orthodoxe Pfarrei Aschaffenburg dort ihre Gottesdienste. Sie hat das Innere phantasievoll gestaltet. Die bunte Bemalung ist dominant.

Spitalkirche AB (2)

Spitalkirche Aschaffenburg

Sandkirche

Ursprünglich heißt sie „Kirche zur weißen Lilie“, was aus dem Rahmen fällt. Entscheidend ist die Ursprungslegende des Gnadenbildes, das das Herzstück dieser Kirche darstellt. Ein Schäfer soll es entdeckt haben. Es ist eine Pietà (Maria mit Kind). Der Finder soll im Bereich des heutigen Standortes eine weißblühende Lilie entdeckt haben. Bei dem Versuch, die Lilie auszugraben, sei er auf das Gnadenbild gestoßen. 1431 liegt die früheste urkundliche Erwähnung eines Kapellenbaues an dieser Stelle. Der Sandtorturm wird um 1380 das erste Mal urkundlich erwähnt. 1517 wendet sich der Rat der Stadt Aschaffenburg an den Erzbischof Albrecht von Brandenburg mit der Bitte, eine Kapellenstiftung von Rat und Bürgerschaft „unter der Sandpforte“ zu genehmigen. 1606 ist eine große Wallfahrt in Damm erwähnt, deren Grund eine Pestepidemie war. 300 Menschen waren gestorben. 1629 gewährte Papst Urban VIII. den Pilgern aus Anlaß der Wahlbestätigung für Kasimir Wambolt von Umstadt zugunsten des Marienbildes „am Sande“ gewährte. Der Kirchenneubau geschah 1756. Ein Jahr vorher wütete wieder einmal die „Schwarze Pest“! Die Bittgänge und Wallfahrten waren sprunghaft gestiegen! Entscheidend war, dass Kurfürst Johann Friedrich Karl von Ostein als oberster Gönner und Hauptstifter für den Bau der Sandkirche gewonnen werden konnte. Auch sein Bruder, der Reichsgraf und Oberamtmann von Amorbach ,Franz Wolfgang von Ostein, konnte für den Bau gewonnen werden. Hier war 1753/54 die Pfarrkirche errichtet worden. Franz Wolfgang von Ostein wurde „Oberdirektor“ des Sandkirchenbaus. Baumeister war Christian Wolf, für die Deckengemälde konnte Christian Zick gewonnen werden. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und konnten nicht gerettet werden.

Der geistige Mittelpunkt des Altars ist das Gnadenbild (Pietà), dessen Schöpfer unbekannt ist. Der Kurmainzer Hofwerkmeister Georg Schrantz galt als möglicher Künstler, es blieb bei einer Hypothese. Physiognomisch wirkt Maria nicht besonders edel bei dieser Darstellung, sie ist zu breit geraten.

1986 wurden die alten Fresken wieder ausgemalt – Initiator war der Würzburger Bischof Paul Werner Scheele. Die Fotos der alten Fresken waren nicht besonders toll.Von der historischen Rangordnung ist die Sandkirche eher von bescheidener Bedeutung, durch die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges ist sie von den alten Pfarrkirchen am besten gekommen.

Quellen

Die Sandkirche zu Aschaffenburg, München und Zürich 1989 – Schnell,Kunstführer Nr. 1745

Franz Herberhold, Beiträge zur älteren Geschichte des Kollegiatstiftes St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, in: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes, Aschaffenburg 1952

Albrecht Sylla, Martin Hahn, Roland Ebert, Blickwinkel Aschaffenburg – Ein Gang durch die Stadt und ihre Geschichte, Aschaffenburg 1996

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Agatha_(Aschaffenburg)

https://de.wikipedia.org/wiki/Spitalkirche_St._Katharina_(Aschaffenburg)

https://de.wikipedia.org/wiki/St._Peter_und_Alexander_(Aschaffenburg)

https://de.wikipedia.org/wiki/Christuskirche_(Aschaffenburg)


Reisebericht über Dieburg am 06.01.2005:

Nicht nur Alzenau nennt sich Stadt im Grünen, sondern auch Dieburg.

Werfen wir einen Blick auf die Geschichte, so lässt sich feststellen, dass Dieburg Seine Entstehung den Römern verdankt. Um 125 nach Christus wurde der Ort Dieburg Mittelpunkt der civitas Auderiensium, einer Region, die heute etwa Südhessen umfasst. Funde weisen vorher bis in die späte Bronzezeit zurück- 1000 vor Christus. 1926 fand man in Dieburg Sandsteinskulpturen, die auf ein Mithrasbild schließen ließen. Sie waren Teil eines Mithrastempels, dessen Nachweis in dieser Zeit gelang. Der Mithraskult stammt aus Persien und fasste auch im Römerreich konkurrierend mit dem Christentum Fuß. Eine monotheistische Religion befasste sich mit den letzten Dingen des Seins und verhieß das ewige Leben. Zahlreiche Zeugnisse gibt es davon in der römischen Provinz Germania superior.

Der persische Gott Mithras erscheint auch unter den Staatsgöttern des mesopotamischen Reiches Mitani und ist ursprünglich ein Lichtgott, der Eid, Recht, Treue und Wahrheit beschützt. Ähnlichkeiten gibt es zum Christentum. Auch der Mithraskult kennt eine Taufe und eine Art Abendmahl aus Brot, Wasser und Wein. Es ist eine Erinnerung an die letzte Mahlzeit des Mithras, der dann mit dem Sonnenwagen zum Himmel emporfuhr. Praktiziert wurde der Kult in unterirdischen Räumen, von denen eine Reihe im heutigen Deutschland liegen – neben Dieburg Osterburken, Saalburg, Neuenheim und Heddernheim. In ihnen fanden höchstens 100 Personen Platz, der Altar stand vor einer Apsis. Die Darstellung auf Denkmälern erlaubt in etwa folgende Deutung. Im Mittelpunkt steht die Tötung des Stieres durch Mithras, die die Entstehung der Welt und des Lebens zur Folge hat. Der Kampf gegen das Böse, das vor allem in Unwahrheit und sinnlicher Unreinheit besteht, wird von den Anhängern erwartet. Mithras ermöglicht der Seele nach ihrer Trennung vom Körper den Aufstieg durch sieben Planetensphären. Am Ende erreicht der Mensch die ewige Seligkeit. Bei der Auferstehung am Ende der Tage wird sie durch einen Unsterblichkeitstrank verbürgt. Am 25. Dezember erhielt Mithras einen Festtag, in dem sein Lichtcharakter gefeiert wird. Die zunehmende Identifikation mit der Sonne äußert sich in der Bezeichnung „sol invictus“ (unbesiegte Sonne).[1]

[1] Vgl.: Alfred Bertholet (Begründer), Wörterbuch der Religionen, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1962

Die beschriebenen Inhalte der Religion lassen sich auf dem Dieburger Kultbild in etwa nachvollziehen.

Ein weiterer Höhepunkt der römischen Geschichte ist die Jupitergigantensäule, die 1924 im Areal Ringstraße/ Kettelerstraße gefunden wurde. Sie entstand etwa 200 nach Christus. Die Kultsäule ist mehrteilig. Gut erhalten sind ein Viergötterstein als  Basis und Sockel und darauf sitzend ein Wochengötterstein. Beim Stifter handelt es Sich um den Ratsherrn Decurio Licinius Ob… Er und seine Gattin danken den Göttern für eine Wohltat.

Ein wichtiges Datum der Geschichte dieses Ortes lässt sich 1277 datieren, nämlich die Stadterhebung durch Rudolph I. Wenig später kommt die Stadt in den Besitz des Mainzer Erzbistums, das bis 1803 Stadtherr ist und von Hessen-Darmstadt abgelöst wird. Zu den bedeutendsten Geschlechtern gehörten die Groschlags, die von 1236 an dort ansässig sind und Ende des 18. Jahrhunderts aussterben. Das zweite bedeutende Geschlecht sind die Ulner (1319 bis 1770).

Eine bedeutende Sehenswürdigkeit des Ortes ist die Wallfahrtskirche, die im 8. Jahrhundert errichtet, bald vernichtet wurde, aber schon im 11. Jahrhundert als romanische Basilika neu entstand und 1216 abbrannte. Eine Erneuerung gab es 1400 im gotischen Stil, die Innenausstattung ist durch das Barock um 1700 geprägt. Was wäre eine Wallfahrtskapelle ohne ein Gnadenbild, das in diesem Fall 1420 entstand.1498 bestätigte der Mainzer Weihbischof Erhard die Weihe. Spätestens seit der Aufstellung des Gnadenbildes beginnt die Wallfahrt. Im zweiten Weltkrieg suchten viele Menschen durch die Nähe dieses Bildes in der Sakristei Schutz und Trost. Eine Mariengedächtnisstätte entstand 1998 auf dem Pilgerplatz neben dem Außenaltar.

Zwischen 1699 und 1799 lassen die Freiherren von Groschlag südlich von Dieburg eine Parkanlage anlegen, die noch heute teilweise besichtigt werden kann. Am Ende der einstigen Pappelallee steht ein 9,5 Meter hoher Obelisk, der auch „weißer Turm“ genannt wird. Die sogenannte „Alteneu“ sollte mit ihren drei Bögen an ein römisches Triumphtor erinnern. Zudem wurden ein ionischer Tempel, ein achteckiger Pavillon und ein Chinesisches Haus errichtet.

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Naturerlebnisbad Schöllkrippen am 13. August 2003

2300 Gäste zählte der Heimatbote am 12. August im Naturerlebnisbad Schöllkrippen, das vor nicht allzu langer Zeit eröffnet wurde. „Selbst zu besten Freibadzeiten hat das alte Kassenhäuschen, das jetzt mit einem neuen Anstrich glänzt, solchen Andrang nicht erlebt … Die meisten alten Bäume hatten bei den umfangreichen Erdarbeiten weichen müssen und neue Bäume können zum Teil erst im Herbst gepflanzt werden…’Trotz der intensiven Nutzung haben wir eine Top-Wasserqualität’, erklärte Norbert Ries (Stellvertretender Bürgermeister) auf Nachfrage. Alle Untersuchungen des Badewassers durch das Gesundheitsamt hätten völlig einwandfreie Werte geliefert.“ Ein Leserbrief zu diesem Artikel kann als Empfehlung gewertet werden, dieses Bad einmal zu besuchen, wenn ein kleiner Ausflug geplant ist. Im Heimatboten vom 16. August 2003 führte ich dazu folgendes aus: Es verwundert nicht, daß das Naturerlebnisbad in Schöllkrippen so viele Menschen anzieht, wie sonst kaum eine Freizeiteinrichtung. Selbst wenn die Parkmöglichkeiten, wie zu erwarten, an Grenzen stoßen, gibt es doch zwei Vorteile, die dieses Bad zweifelsfrei vorweist : man schluckt kein Chlor und das Wasser ist nicht so warm wie in einem Badesee in der Umgebung. Beide Vorteile können gar nicht positiv genug eingeschätzt werden. Sollten die Grünflächen noch erweitert werden und der eine oder andere kulturelle Leckerbissen angeboten werden – zum Beispiel Veranstaltungen wie „Skandal am Pool“ in Alzenau – könnte das Bad zu einem der bestbesuchten in ganz Unterfranken werden. Nicht zuletzt könnten die Sportmöglichkeiten im Gelände noch verbessert werden.


Glauberg im September 2020

Kriegerfürst am Glauberg

Beim ersten Besuch am Glauberg gab es das Museum noch nicht, das 2011 eröffnet wurde. Mittlerweile ist die Statue des „Kriegerfürsten“ des 5. Jahrhundert vor Christus im Museum zu sehen. Sein outfit kann aufgrund der Deckungsgleichheit zwischen den auf der Steinstatue abgebildeten Gegenständen und Kleidungsstücken und den Grabbeigaben dieses Herrschers relativ gut rekonstruiert werden.

Blattkappe

Gelegentlich ging man davon aus, dass eine Mistel abgebildet ist. Diese Pflanze war den Kelten besonders heilig. Gefunden wurden herzförmig gebogene Drahtreste, eine Holzscheibe sowie Leder- und Stoffreste zur Rechten des Toten. Es war wahrscheinlich eine Kopfbedeckung.

Bart

Auch auf der Steinskulptur hat der Kelte einen Bart. In den historischen Darstellungen wurde Kelten häufig mit Bart dargestellt.

Goldener Schmuck

Dargestellt ist ein Holz-, Nasen und Fingerring, den die Archäologen auch am Skelett nachweisen konnten.

Schuhe

Auf österreichischen Fundplätzen wurden Schnabelschuhe gefunden.. Sie waren auch bei den Etruskern, mit denen die Kelten rege Kontakte hatten, in Mode. Leider ist die Statue des Keltenfürsten fragmentarisch, was die Füsse betrifft. Man geht davon, dass die Schuhe den Funden in Österreich ähnlich waren.

Mantel

Die große Fibel im Grab und nachgewiesene Stoffreste sind Indizien, dass auch ein Wollumhang mit ins Grab gebracht wurde.

Bewaffnung

Die Kelten nutzten Schwerter und Waffen standardmäßig. Im Grab wurden drei Eschenholzschäfte gefunden. Danach besaßen die drei Speere eine Länge von 1,90 Meter. Das Schwert trug man mit einem Riemen über der Schulter. Ein Lindenholzschild diente dem Schutz des Kriegers. Er ist an der Statue gut zu erkennen.

Panzer

An der Statue ist die Panzerung auffällig. Der Körperpanzer ist mit Ornamenten verziert. Reste davon konnten im Grab nicht eindeutig nachgewiesen werden. Typisch keltisch war ein Nackenschutz und die Verstärkung des Rückens.

Hose

Ob Kelten Hosen trugen, ist unbekannt. Bei den Etruskern gab es Hosen nicht. Da sie die Kelten beeinflussten, könnten Hosen bei den Kelten noch nicht durchgedrungen sein. Möglicherweise trugen die Kelten eine Tunika.1

Der Blick und der Mundwinkel des Keltenfürsten scheinen zum Ausdruck zu bringen, dass die Welt hart ist und man nicht zum Lachen aufgelegt ist. Möglicherweise dachte er: „Möge mir der Druide ein Opiat verabreichen, damit ich optimistischer werde.“

Ernährung auf dem Glauberg

Als Nutztiere wurden in erster Linie Schweine, Schafe, Ziegen und in geringerer Anzahl Rinder gehalten. Seltener wurden die Knochen von Wildtieren wie Rothirsch, Reh, Wildschwein und Feldhase gefunden. Hülsenfrüchte wurden bevorzugt gegessen, daneben Weizenarten wie Emmer, Einkorn und Dinkel sowie Hirse und Gerste.

Honig wurde am Glauberg auch nachgewiesen und zwar in einer Röhrenkanne und einer Schnabelkanne. Wahrscheinlich wurde aus dem Wasser-Honig-Gemisch Met gewonnen Die Gärung übernahmen die Hefepilze.

Die Landschaft um den Glauberg war im 5. Jahrhundert vor Christus gekennzeichnet durch einen Rückgang der waldfreien Flächen. Man geht von einer intensiven Landwirtschaft um 400 vor Christus aus. Wahrscheinlich bestand eine großflächige Waldweide neben intensiver Holznutzung.

Kunst der Kelten

Auch hier sind etruskische Vorbilder überwiegend. Bezeichnend sind konstruierte Kreis- und Bogenornamente. Fabelwesen sind ebenso anzutreffen wie S-förmige Motive. Auch Fischblasen kommen vor. Eine Schnabelkanne konnte mit einer Figurengruppe verziert sein.

Physiognomie der Menschen am Glauberg

Beide bestatteten Krieger waren 1,69 m groß. Zähne und Knochen verraten das Alter. In ihnen verrät die DNA Erbinformationen. 26 Skelette wurden insgesamt am Glauberg gefunden. Der Großteil der hier Bestatteten ist wahrscheinlich nicht am Glauberg geboren sondern anderswo. Körperliche Anstrengungen waren den Glaubergern nicht fremd, dafür sprechen degenerative Veränderungen der Knochen. Die Höhergestellten hatten einen höheren Fleischkonsum.

Im Herrschergrab 1 wurde ein Mann von 21 bis 32 Jahre gefunden. Der Mann verzehrte viel Fleisch und wuchs in einer entfernten Region auf. In Herrschergrab 2 verstarb eine Person zwischen 30 und 40 Jahren. Der Mann wurde verbrannt. Einige hundert Meter vom großen Grabhügel wurde in einem kleineren Grabhügel noch ein Toter entdeckt. Eine Prunkfibel fällt an den Grab auf. Zudem weist ein goldener Ringschmuck auf eine gehobene Stellung, die sonstigen Beigaben sind im Vergleich zu den beiden anderen Personen bescheidener.2 Weitere etwa 20 Skelette im Umfeld des Glaubergs können nicht eindeutig als Bestattungen analysiert werden.

Markant sind zudem noch die Grabstätten eines einjährigen Kindes und einer Frau zwischen 55 und 80 Jahren. Die ältere Frau war o-beinig, 1,65 m groß und wahrscheinlich körperlich extrem gefordert. Bei der Bestimmung des Alters des Kindes wurde das Gebiss analysiert.

Hügel am Glauberg

1Vgl. Keltenwelt am Glauberg (Hrsg.), Der Keltenfürst vom Glauberg und seine Welt, Glauburg 2013, S. 42 ff.

2Ebd., S. 26 ff.

Glauberg an Pfingsten 2002

1200 Jahre ist der Ortsteil Glauberg nun alt, mancher wird sich fragen, was die kleine Gemeinde in der Wetterau so berühmt macht. Viele haben es sicher schon gehört – in diesem Ort wurde zwischen 1994 und 1997 eine archäologische Sensation ersten Ranges entdeckt – die Reste zweier Grabhügel aus frühkeltischer Zeit in einem umfangreichen System aus Gräben und Wällen. Auffällig war die als „Fürst vom Glauberg“ benannte Sandsteinfigur, die im Zentrum einer Ausstellung zu sehen ist, die die Schirn in Frankfurt bis 1.9.2002 präsentiert.

1994 begannen die zum keltischen Fürsten führenden Ausgrabungen in Glauberg in der berechtigten Erwartung, daß der archäologisch bisher schon hoch ergiebige Berg noch weitere Überraschungen zu bieten hätte. Lange vorher schon waren Zeugnisse der jungsteinzeitlichen Bandcheramiker gefunden worden. Hier soll das „Mehlberg-Schweinchen“ (4.800 vor Christus) genannt werden – es handelt sich um eine etwa 4 cm große aus Ton gebrannte Schweinefigur. Zudem wurde ein 48 cm langer Steinpflug entdeckt. Weitere Zeugnisse der Rössener und Michelsberger Kultur weisen auch in die Jungsteinzeit. Die bronzezeitliche Urnenfelderkultur kann ebenso von 1000 bis 800 vor Christus nachgewiesen werden.

Besondere Bedeutung bekam der Glauberg in der frühkeltischen Zeit (der Späthallstattzeit) im 6. und 5. Jahrhundert. Riesige Wälle mit Wasserreservoir auf einer Gesamtfläche von 20 ha lassen heutige Altertumsforscher von einer „Bergstadt der frühkeltischen Zeit“ sprechen. Der Glauberg erhält im 5. Jahrhundert vor Christus den Rang eines Fürstensitzes mit Verbindungen zum Mittelmeerraum. Ein bronzener Halsring weist sogar persische Kunsteinflüsse auf. Im Hügel wurden zwei Fürstengräber gefunden. Im ersten Grab fand man einen etwa 30jährigen Toten mit wertvollem Schmuck, bemerkenswert sind Halsring, Armring und Fingerring aus Gold. Die Schnabelkanne war mit Honigwein als Totentrunk gefüllt. Grab zwei enthielt ebenfalls wertvolle Grabbeigaben wie Schwert und Trachtenschmuck. In einem zweiten Grabhügel konnte ebenfalls eine fürstliche Bestattung eines Kriegers mit prächtigen Grabbeigaben nachgewiesen werden.

Hiermit erwies sich der Glauberg als bedeutendes Zentrum der frühkeltischen Welt, das von regionaler Bedeutung war und mit der Kontrolle der Handelswege in der hessischen Senke und der Salzgewinnung in Bad Nauheim einherging. Nicht restlos geklärt ist, wann die Bedeutung des Glaubergs zurückging – möglich ist es, daß die Wanderungen der Kelten im 4. Jahrhundert vor Christus dem Zentrum Glauberg ein Ende setzten. In der keltischen Spätzeit (2. und 1. Jahrhundert vor Christus) begann die Zeit der Oppida, stadtähnlicher Siedlungen, von denen regional das bedeutendste das Heidetränk-Oppidum nahe Oberursel ist. Hier könnten schon 20.000 Menschen gelebt haben.

Eine ausführlicher Darstellung der keltischen Gesellschaft gibt Gaius Julius Caesar in seinem Werk „Der Gallische Krieg“. Caesar besiegte die von den Römern Gallier genannten Kelten von 58 bis 52 vor Christus in mehreren Feldzügen. Er schreibt in seinem Werk unter anderem: „In ganz Gallien gibt es zwei Klassen von Menschen, die irgendwelche Geltung und Ehre genießen. Denn das niedere Volk nimmt beinahe die Stellung von Sklaven ein. Es darf von sich aus nichts wagen und wird auch zu keiner Versammlung hinzugezogen. Da die meisten durch Schulden, durch große Abgaben oder ungerechterweise von den Mächtigen bedrückt werden, begeben sie sich in den Dienst der Vornehmen, die dann gegen sie dieselben Rechte haben wie Herren gegen Sklaven. Aber von den beiden Ständen ist der eine der der Druiden, der andere der der Ritter. Die Druiden versehen den Gottesdienst, besorgen die öffentlichen und privaten Opfer und legen die Religionssatzungen aus. Bei ihnen finden sich junge Männer in großer Zahl zur Unterweisung ein, und sie genießen bei diesen hohes Ansehen. Denn bei allen öffentlichen und privaten Streitigkeiten urteilen und entscheiden sie. Sie setzen Belohnung und Strafe fest, wenn ein Verbrechen begangen wurde, ein Mord geschah, Erbschafts- und Grenzstreitigkeiten ausbrechen. Fügt sich ein Privatmann oder ein Volk ihrem Entscheid nicht, so schließen sie die Betroffenen vom Gottesdienst aus. Dies bedeutet bei ihnen die härteste Strafe. Die so Ausgeschlossenen gelten als gottlose Verbrecher, ihnen gehen alle aus dem Wege, ihre Annäherung und Gespräch meidet man, um nicht aus der Berührung mit ihnen Nachteil zu erleiden. Ihnen wird, auch wenn sie ihn nachsuchen, kein Rechtsbescheid erteilt, noch wird ihnen irgendwelche Ehre erwiesen. An der Spitze aller Druiden steht einer, der bei ihnen das höchste Ansehen genießt. Nach seinem Tode tritt an die Stelle der, der unter den übrigen an Würde hervorragt, oder, wenn mehrere gleiche Bewerber da sind, entscheiden in dem Wettstreit die Stimmen der Druiden, bisweilen gar die Waffen. Sie tagen zu einer bestimmten Jahreszeit an einer geheiligten Stätte im Lande der Carnuten, das ungefähr in der Mitte ganz Galliens liegt …

Die Druiden ziehen gewöhnlich nicht in den Krieg und zahlen auch keine Abgaben wie die anderen, sind vom Waffendienst befreit und genießen Freiheit von allen Leistungen. Durch so große Vorrechte verlockt, begeben sich viele freiwillig in ihre Lehre oder werden von ihren Eltern und Verwandten hingeschickt. Sie sollen dort Verse in großer Zahl auswendig lernen; deswegen bleiben einige zwanzig Jahre in der Lehre. Sie halten es für Sünde, sie schriftlich niederzulegen, während sie fast in allen übrigen Angelegenheiten, in Staats- und Privatgeschäften, die griechische Schrift benützen. …

Der zweite Stand ist der der Ritter. Wenn ein Bedürfnis vorliegt oder ein Krieg ausgebrochen ist – dies pflegte vor meiner Ankunft in der Regel alle Jahre einzutreten, daß sie selbst Feindseligkeiten eröffneten oder solche abwehrten -, stehen diese alle im Felde und haben, wie ein jeder von ihnen durch sein Geschlecht oder seine Mittel einflußreich ist, möglichst viele Gefolgsleute oder Hörige um sich. Darin erkennen sie den einzigen Einfluß und die einzige Macht.

Das ganze Volk der Gallier ist in hohem Maße religiösen Gebräuchen ergeben. Aus diesem Grunde opfern die, welche von schweren Krankheiten befallen sind und in Kampf und Gefahr schweben, anstelle der Opfertiere Menschen oder geloben deren Opfer und bedienen sich hierbei der Druiden als Opferpriester … Andere Stämme haben Gebilde von ungeheurer Größe, deren aus Ruten zusammengeflochtene Glieder sie mit lebenden Menschen füllen; sie werden dann von unten angezündet, und die von der Flamme Eingeschlossenen werden getötet. …“

Da über die Gesellschaft am Glauberg keine schriftlichen Dokumente existieren, ist es sicher nicht exakt zu ermitteln, wie viele der von Caesar bekundeten Sachverhalte schon vier Jahrhunderte vorher existierten.

Da sich im Westen, Osten und Norden Frankfurts noch weitere bedeutende Orte keltischer Kultur befinden – Büdingen, Bad Nauheim, Oberursel, Butzbach oder der Dünsberg bei Biebertal – wurde vor kurzem die Keltenstraße der Öffentlichkeit vorgestellt. Daß der Ort Glauberg nicht nur wegen seiner Keltenfunde interessant ist, sondern auch danach noch einiges zu bieten hat, zeigt die Tatsache, daß dort im 7. Jahrhundert eine fränkische Großburg entstand, die für die umliegende Landschaft von zentraler Bedeutung war. Im Jahre 802 wurde das Dorf auch zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die letzte Blüte erlebte Glauberg im 13. Jahrhundert, als eine „Reichsburg“ entstand. Die staufische Wetterau wurde in diesem Jahrhundert zum Kriegsschauplatz zwischen den Kaisertreuen, die zu Friedrich II (Staufer) hielten und der „Kirchenpartei“ um den Mainzer Bischof. Zu den Staufergegnern zählten auch die Büdinger, die mithalfen, daß wahrscheinlich 1256 Burg und Stadt auf dem Glauberg zerstört wurden.

Die heutige Gemeinde Glauburg besteht aus den Ortsteilen Glauberg (1.300 Einwohner) und Stockheim (2.000 Einwohner). Sie liegt nicht weit von der Autobahn A45 Gießen-Hanau am Schnittpunkt der Bahnlinien Frankfurt-Stockheim und Gießen-Gelnhausen im Tal der Nidder. Eine Fahrt dorthin lohnt sich für Menschen, die an Geschichte Interesse haben und Sehenswertes auch in der Nähe suchen. Das Heimatmuseum ist an Sonntagen von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

e-mail: Gemeinde-Glauburg@t-online.de Christian Schauer Literatur: 1200 Jahre Glauberg – 50 Jahre Eintracht Glauberg (Festschrift), Glauburg 2002 Hessische Kultur GmbH (Herausgeber), Keltenstraße – Ausflüge in eine verlorene Zeit, Wiesbaden o. J. Gaius Julius Caesar, Der Gallische Krieg, München 1965 Internet: http://www.Glauburg.de , http://www.Glauberg.de , http://www.Keltenfuerst.de


                                                  

Sommerhausen

Sommerhausen im Oktober 2019

Sommerhausen liegt in der Nähe von Ochsenfurt, 13 Kilometer südlich von Würzburg. Ganz am Anfang hieß es Ahusen.Im 13.Jahrhundert stiegen die Vasallen der Hohenstaufen in die „Reichsgüter am Main“ ein.Die Hohenlohe erhielten von ihnen Bartholomesahusen (Schutzheiligtum im Sommer) und Niklasahusen (Schutzheiligtum im Winter). Als Erben konnten sich durchsetzen – die Linie Hohenlohe-Uffenheim-Speckfeld (immer noch besser als „Niederbrand-Suffenhausen-Speckschwarte“!) Elisabeth von Hohenlohe Speckfeld (ihre Physiognomie ist unbekannt) brachte das Gut 1411 an ihren Mann Schenk Friedrich von Limpurg. Castell brachte die andere Hälfte an sich, Limpurg bekan 1435 jedoch alles. Danach kamen die Linien der Speckfeld und Gaildorf. Wirtschaftlich blühte der Ort auf.

Hans Sachs, der Poet aus Nürnberg, ließ in seinen Gedichten Bauerngestalten aus Sommerhausen und Winterhausen in seiner Heimatstadt auftreten. Ansbach und Schwarzenberg waren Nachbarn, die eine Umwallung nahelegten. Die Mauer war bis zu sechs Meter hoch. 1500 gehörte der Ort zum Fränkischen Reichkreis.

Frühzeitig bekannte sich Sommerhausen zur Reformation! Der Würzburger Fürstbischof war nicht der Landesherr. 1810 kam Sommerhausen zum Großherzogtum Würzburg, 1814 fiel die Stadt an Bayern.

Stadtrundgang beginnend mit dem Blauen Turm. Benannt ist er nach seiner Dachfarbe mit blauem Schiefer. Ein unterirdisches Verließ macht seinen Reiz aus. 1750 bis 1837 sassen hier Delinquenten ein. Ob sie sich wohl gefühlt haben in dem viergeschossigen Massivbau mit Kegeldach?

Blauer Turm Sommerhausen

Die Sankt Bartholomäus-Kirche wurde 1260 erbaut.Der Turm steht noch. Im 17. Jahrhundert enstand der Neubau des Kirchschiffes. 1739 stürzten nach einem Sturm große Teile dieser Kirche ein. Kurz danach wurde ein drittes Kirchenschiff errichtet.

Bartholomäuskirche Sommerhausen

Bartholomäus-Kirche Sommerhausen

Das Rathaus wurde 1557/1558 erbaut. Ein zweigeschossiger Bau mit getrepptem Giebel – etwas großspurig für die damalige Zeit! Im Obergeschoss befindet sich der Bürgersaal.

Rathaus Sommerhausen

Das Schloss Sommerhausen ist Stammsitz der Grafen von Rechteren Limpurg Speckfeld. Im Dreißigjährigen Krieg nahm der deutsche Kaiser Ferdinand III. (1608 bis 1657) Quartier in diesem Schloss. Es fiel 1634 einer Plünderung durch die Truppen von Ottavio Piccolomini (kaiserlicher General Wallensteins 1599 bis 1656) – zum Opfer. Vom historischen Aufenthalt des schwedischen Königs Gustav Adolphs II. in Sommerhausen zeugt ein Wandbild an der Fassade des Hotels Ritter Jörg. Der älteste Teil des Schlosses stammt aus dem 15. Jahrhundert.

Maingasse mit Marktbrunnen, die Brunnensäule ist die Figur des Ritters Hans Jörg Sandstein, eine Skulptur um 1574.

Maingasse Marktbrunnen

Sommerhausen

Das Ochsenfurter Tor stammt aus dem 15 und 16. Jahrhundert. Der Torturm ist ein dreigeschossiger Massivbau mit Durchfahrt (früher B 13) und ist durch ein Walmdach mit Glockentürmchen gekennzeichet. Ein Walmdach ist eine Dachform, die im Gegensatz zum Satteldach auch auf der Giebelseite geneigte Dachflächen hat. Die Dachfläche oberhalb der Giebelseite wird als der Walm bezeichnet. Früher (in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts) bin ich auf der Fahrt von Würzburg nach Gunzenhausen öfters durch dieses Tor und auch durch das Tor des Torturmtheaters gefahren. Das waren noch Zeiten!

Ochsenfurter Tor Sommerhausen

Das Torturmtheater wurde 1950 von Luigi Malipiero gegründet. Der Schauspieler, Bühnenbildner und Regisseur wurde 1901 in Triest geboren. Tätig war er als Bühnebildner an der Staatsoper Berlin, Gastspiele führten ihn nach Würzburg.1944 kam er nach Sommerhausen, wo er eine provisorische Bühne im Rathaus gründete. In Sommerhausen wurde er Ehrenbürger und starb 1975. In den 70er Jahren gewährte er einer Studentengruppe aus Würzburg, darunter mir, einen kurzen Ausschnitt einer Theateraufführung in Sommerhausen. Aufgrund seines Alters gestikulierte er zu einem Tonband, das währennd seines Vortrages lief.

Torturmtheater Sommerhausen

Veit Relin (geboren 1926 in Linz) übernahm 1976 das Torturmtheater als Nachfolger Malipieros. Er verstarb 2013. Neben seiner Tätigkeit als Regisseur war er auch Maler. Im Foyer des Theaters kann man einen Teil seines Lebenswerkes in einer Ausstellung betrachten. Aktuell leitet Angelika Relin das Theater. Aktuelle Inszenierung ist „Alles was sie wissen wollen“ von Matthieu Delaporte.

Franz Daniel Pastorius wurde 1651 in Sommerhausen geboren. 1683 wanderte er in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, nachdem ein Jahr vorher die „Frankfurter Land Compagnie“entstanden war. Dort gründete er 1683 Germantown bei Philadelphia im Auftrag des Pietistenkreises um Philipp Jakob Spener. Sie war die erste deutsche Siedlung in den Vereinigten Staaten. Sein Geburtshaus in Sommerhausen steht in der Nähe des Marktplatzes. 1688 verfasst er eine Protestschrift gegen die Sklaverei. Pastorius leitete die Quäkerschule von Philadelphia von 1688 bis 1700. Pastorius war weniger Politiker als Dichter und Privatgelehrter.

Am 12. Oktober fand in Sommerhausen zum zweiten Mal seit 2017 das Reformationsspiel der evangelischen Jugend Würzburg statt. Von 10 bis 16 Uhr herrschte ein mittelalterliches Spektakel vor Ort. Erleben konnte ich den Vortrag des Volksliedes „Wenn alle Brünnlein fließen“. Bei Sonnenwetter das Richtige.

Geprägt ist der Ort von Weinanbau. Winzer, Bauern und Künstler dominieren. Heinz Rühmann drehte hier seinen berühmten Film „Vater sein dagegen sehr“. 1921 ließ sich der Maler Carl Großberg hier nieder. Sein Atelier befand sich im Flurersturm, stilistisch gehörte er zur „Neuen Sachlichkeit“.

Veröffentlicht 25. Januar 2012 von schauerchristian in Sommerhausen