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Sommerhausen

Sommerhausen im Oktober 2019

Sommerhausen liegt in der Nähe von Ochsenfurt, 13 Kilometer südlich von Würzburg. Ganz am Anfang hieß es Ahusen.Im 13.Jahrhundert stiegen die Vasallen der Hohenstaufen in die „Reichsgüter am Main“ ein.Die Hohenlohe erhielten von ihnen Bartholomesahusen (Schutzheiligtum im Sommer) und Niklasahusen (Schutzheiligtum im Winter). Als Erben konnten sich durchsetzen – die Linie Hohenlohe-Uffenheim-Speckfeld (immer noch besser als „Niederbrand-Suffenhausen-Speckschwarte“!) Elisabeth von Hohenlohe Speckfeld (ihre Physiognomie ist unbekannt) brachte das Gut 1411 an ihren Mann Schenk Friedrich von Limpurg. Castell brachte die andere Hälfte an sich, Limpurg bekan 1435 jedoch alles. Danach kamen die Linien der Speckfeld und Gaildorf. Wirtschaftlich blühte der Ort auf.

Hans Sachs, der Poet aus Nürnberg, ließ in seinen Gedichten Bauerngestalten aus Sommerhausen und Winterhausen in seiner Heimatstadt auftreten. Ansbach und Schwarzenberg waren Nachbarn, die eine Umwallung nahelegten. Die Mauer war bis zu sechs Meter hoch. 1500 gehörte der Ort zum Fränkischen Reichkreis.

Frühzeitig bekannte sich Sommerhausen zur Reformation! Der Würzburger Fürstbischof war nicht der Landesherr. 1810 kam Sommerhausen zum Großherzogtum Würzburg, 1814 fiel die Stadt an Bayern.

Stadtrundgang beginnend mit dem Blauen Turm. Benannt ist er nach seiner Dachfarbe mit blauem Schiefer. Ein unterirdisches Verließ macht seinen Reiz aus. 1750 bis 1837 sassen hier Delinquenten ein. Ob sie sich wohl gefühlt haben in dem viergeschossigen Massivbau mit Kegeldach?

Blauer Turm Sommerhausen

Die Sankt Bartholomäus-Kirche wurde 1260 erbaut.Der Turm steht noch. Im 17. Jahrhundert enstand der Neubau des Kirchschiffes. 1739 stürzten nach einem Sturm große Teile dieser Kirche ein. Kurz danach wurde ein drittes Kirchenschiff errichtet.

Bartholomäuskirche Sommerhausen

Bartholomäus-Kirche Sommerhausen

Das Rathaus wurde 1557/1558 erbaut. Ein zweigeschossiger Bau mit getrepptem Giebel – etwas großspurig für die damalige Zeit! Im Obergeschoss befindet sich der Bürgersaal.

Rathaus Sommerhausen

Das Schloss Sommerhausen ist Stammsitz der Grafen von Rechteren Limpurg Speckfeld. Im Dreißigjährigen Krieg nahm der deutsche Kaiser Ferdinand III. (1608 bis 1657) Quartier in diesem Schloss. Es fiel 1634 einer Plünderung durch die Truppen von Ottavio Piccolomini (kaiserlicher General Wallensteins 1599 bis 1656) – zum Opfer. Vom historischen Aufenthalt des schwedischen Königs Gustav Adolphs II. in Sommerhausen zeugt ein Wandbild an der Fassade des Hotels Ritter Jörg. Der älteste Teil des Schlosses stammt aus dem 15. Jahrhundert.

Maingasse mit Marktbrunnen, die Brunnensäule ist die Figur des Ritters Hans Jörg Sandstein, eine Skulptur um 1574.

Maingasse Marktbrunnen

Sommerhausen

Das Ochsenfurter Tor stammt aus dem 15 und 16. Jahrhundert. Der Torturm ist ein dreigeschossiger Massivbau mit Durchfahrt (früher B 13) und ist durch ein Walmdach mit Glockentürmchen gekennzeichet. Ein Walmdach ist eine Dachform, die im Gegensatz zum Satteldach auch auf der Giebelseite geneigte Dachflächen hat. Die Dachfläche oberhalb der Giebelseite wird als der Walm bezeichnet. Früher (in den 60er Jahren des 20.Jahrhunderts) bin ich auf der Fahrt von Würzburg nach Gunzenhausen öfters durch dieses Tor und auch durch das Tor des Torturmtheaters gefahren. Das waren noch Zeiten!

Ochsenfurter Tor Sommerhausen

Das Torturmtheater wurde 1950 von Luigi Malipiero gegründet. Der Schauspieler, Bühnenbildner und Regisseur wurde 1901 in Triest geboren. Tätig war er als Bühnebildner an der Staatsoper Berlin, Gastspiele führten ihn nach Würzburg.1944 kam er nach Sommerhausen, wo er eine provisorische Bühne im Rathaus gründete. In Sommerhausen wurde er Ehrenbürger und starb 1975. In den 70er Jahren gewährte er einer Studentengruppe aus Würzburg, darunter mir, einen kurzen Ausschnitt einer Theateraufführung in Sommerhausen. Aufgrund seines Alters gestikulierte er zu einem Tonband, das währennd seines Vortrages lief.

Torturmtheater Sommerhausen

Veit Relin (geboren 1926 in Linz) übernahm 1976 das Torturmtheater als Nachfolger Malipieros. Er verstarb 2013. Neben seiner Tätigkeit als Regisseur war er auch Maler. Im Foyer des Theaters kann man einen Teil seines Lebenswerkes in einer Ausstellung betrachten. Aktuell leitet Angelika Relin das Theater. Aktuelle Inszenierung ist „Alles was sie wissen wollen“ von Matthieu Delaporte.

Franz Daniel Pastorius wurde 1651 in Sommerhausen geboren. 1683 wanderte er in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, nachdem ein Jahr vorher die „Frankfurter Land Compagnie“entstanden war. Dort gründete er 1683 Germantown bei Philadelphia im Auftrag des Pietistenkreises um Philipp Jakob Spener. Sie war die erste deutsche Siedlung in den Vereinigten Staaten. Sein Geburtshaus in Sommerhausen steht in der Nähe des Marktplatzes. 1688 verfasst er eine Protestschrift gegen die Sklaverei. Pastorius leitete die Quäkerschule von Philadelphia von 1688 bis 1700. Pastorius war weniger Politiker als Dichter und Privatgelehrter.

Am 12. Oktober fand in Sommerhausen zum zweiten Mal seit 2017 das Reformationsspiel der evangelischen Jugend Würzburg statt. Von 10 bis 16 Uhr herrschte ein mittelalterliches Spektakel vor Ort. Erleben konnte ich den Vortrag des Volksliedes „Wenn alle Brünnlein fließen“. Bei Sonnenwetter das Richtige.

Geprägt ist der Ort von Weinanbau. Winzer, Bauern und Künstler dominieren. Heinz Rühmann drehte hier seinen berühmten Film „Vater sein dagegen sehr“. 1921 ließ sich der Maler Carl Großberg hier nieder. Sein Atelier befand sich im Flurersturm, stilistisch gehörte er zur „Neuen Sachlichkeit“.

Veröffentlicht 25. Januar 2012 von schauerchristian in Sommerhausen